Neue App soll zuverlässig Krebs diagnostizieren können
16.04.2015
Werden aufwendige Verfahren zur Krebsdiagnose bald überflüssig? US-amerikanische Forscher um Ralph Weissleder und Hakho Lee vom Massachusetts General Hospital in Boston berichten in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“) von einer neuen Smartphone-App, mit die Analyse von Blut- und Gewebeproben bei Krebsverdacht lediglich 1,70 Euro kosten soll. Die App zur Diagnose von Krebs soll vor allem in Entwicklungsländern und in abgelegenen Regionen zum Einsatz kommen. Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge wird die Zahl der jährlichen neuen Krebserkrankungen weltweit bis zum Jahr 2025 auf knapp 20 Millionen ansteigen. Folglich ist der Bedarf an kostengünstigen Diagnoseverfahren groß.
App zur Krebsdiagnose könnte großen Nutzen für Menschen in Entwicklungsländern haben
Für die Analyse der Blut- und Gewebeproben auf Krebs werden weniger als 45 Minuten benötigt. Zudem ist sie so zuverlässig wie die bisher übliche Labordiagnostik und kostet lediglich 1,70 Euro. „Die globale Belastung durch Krebs, begrenzter Zugang zu pathologischen Verfahren in vielen Regionen und neuen Zelluntersuchungstechnologien erhöhen den Bedarf an kostengünstigen, tragbaren und schnellen diagnostischen Ansätzen, die am Ort der Behandlung verfügbar sind“, erklärt der Co-Autor der Studie, Cesar Castro vom Massachusetts General Hospital. „Die Plattform, die wir entwickelt haben, bietet essenzielle Möglichkeiten zu außergewöhnlich niedrigen Kosten.“ Das Verfahren könne auch auf Infektionskrankheiten ausgeweitet werden, berichten die Forscher im Fachmagazin.
Die App nutzt das sogenannte D3-System (Digital Difraction Diagnosis), bei dem im Wesentlichen Blut- oder Gewebeproben mit bestimmten Antikörpern behandelt werden. Anschließend werden die von den Proben aufgenommenen Bilder per Smartphone an einen Server übermittelt und automatisch analysiert. Um das zu ermöglichen, entwickelten die Forscher ein bildgebendes vergrößerndes Modul – ähnliche einen Mikroskop – das mit einer Knopfbatterie und einer LED-Lichtquelle ausgestattet ist und mittels Klipp vor die Linse des Smartphones montiert werden kann.
Für die Krebsanalyse wird eine Blut- oder Gewebeprobe mit Mikrokügelchen behandelt. Diese lagern sich durch Antikörper an bestimmte Krebsmarker an. Die Probe wird dann über das vergrößernde Modul mit der Kamera des Smartphones fotografiert. Den Forschern zufolge ist die Kamera eines iPhone 4S (bei einer räumlichen Auflösung von zwei Mikrometern) in der Lage, 14 Quadratmillimeter mit mehr als 100.000 Zellen zu erfassen, was wesentlich mehr sei als bei einem Mikroskop.
Das Bild wird dann komprimiert und verschlüsselt an einen Server gesendet, von dem die durch die Kügelchen verursachten charakteristischen Brechungsmuster untersucht werden. Zudem trennt er Zellen und Kügelchen in Bruchteilen von Sekunden. Das Ergebnis wird dann zurück an das Smartphone geschickt. Der gesamte Vorgang dauert weniger als 45 Minuten.
Smartphone-App zur Krebsanalyse ist genauso zuverlässig wie pathologische Untersuchungen
Zunächst wurde das App-Verfahren an 25 Frauen mit Verdacht auf Gebärmutterhalskrebs getestet. Dabei trugen die Mikrokügelchen, die einen Durchmesser von fünf bis sieben Mikrometer haben, Antikörper gegen drei Tumormarker. Das D3-System stufte die Proben entweder als bösartig, Tumorvorstufe oder gutartig ein und war dabei genauso zuverlässig wie pathologische Verfahren.
In einem weiteren Test unterschied die Smartphone-Anwendung zudem zwischen Patienten mit und ohne Lymphom. Auch bei Erbmaterial der Humanen Papillomavirus-Varianten (HPV) 16 und 18, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können, erwies sich das D3-System als erfolgreich. „Wir erwarten, dass die D3-Plattform die Breite und Tiefe von Krebsuntersuchungen auf eine Weise verbessert, die für Orte mit begrenzten Mitteln erschwinglich und nachhaltig ist“, erklärt Weissleder. „Durch die Nutzung des weltweiten Durchbruchs von Handy-Technologie ermöglicht das System die unmittelbare Selektierung von verdächtigen oder Hochrisiko-Fällen, was dabei hilft, Verzögerungen durch begrenzte pathologische Verfahren in diesen Regionen zu vermeiden und die Notwendigkeit für Patienten zu reduzieren, immer wieder für die Nachsorge zurückzukommen.“ Mit dem neuen Verfahren können deshalb Reisen zu weit entfernten Krankenhäusern vermieden werden.
Die Forscher berichten zudem, dass "der Preis von 1,80 US-Dollar zukünftig noch weiter sinken könne. Das Verfahren werden weithin optimiert." So sollen bald auch Analysen auf Krankheitserreger möglich sein. Zudem planen die Forscher die Auflösung des Moduls von derzeit 2 auf etwa 0,6 Mikrometer zu verbessern. Das ermögliche die Analyse sämtlicher Zelltypen von Säugetieren, heißt es weiter im Fachmagazin. (ag)
>Bild: Ute Mulder / pixelio.de
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