Wenn im Frühjahr die ersten Pollen durch die Luft fliegen beginnt für viele Menschen die Leidenszeit: Juckende und tränende Augen, eine permanent laufende Nase und Kopfschmerzen machen Allergikern das Leben schwer. Zwar helfen Medikamente, sogenannte Antihistaminika, gegen die Beschwerden des Heuschnupfens, es treten jedoch auch unerwünschte Nebenwirkungen wie dauerhafte Müdigkeit auf. Ein österreichisches Pharmaunternehmen könnte nun eine Lösung für das Problem gefunden haben: Durch eine Impfung mit vier Spritzen sollen die Symptome des Heuschnupfens für mehrere Jahre verschwinden. Das berichtet die Online-Ausgabe von „Die Welt“. Nach erfolgreichen Tests könnte der Impfstoff bereits im Jahr 2020 zugelassen werden.
Impfstoff gegen Heuschnupfen birgt große Hoffnung für Allergiker
15 bis 16 Millionen Menschen leiden in Deutschland an Heuschnupfen. Jedes Jahr kommen mehr Allergiker hinzu, da einerseits aufgrund des veränderten Klimas die Pollenflugzeiten früher beginnen und später aufhören. Andererseits soll Experten zufolge auch die genetische Anfälligkeit für Gräser- und Pollenallergien gestiegen sein.
Bisher werden Betroffene mit Antihistaminika oder einer sogenannten Desensibilisierung behandelt. Bei Letzterer werden dem Betroffenen über einen längeren Zeitraum kontinuierlich ansteigende Dosen des Allergens verabreicht, so dass sich das Immunsystem allmählich an den vermeintlichen „Eindringling“ gewöhnt und desensibilisiert wird. Zu den unerwünschten Nebenwirkungen dieser Therapie zählen jedoch allergische Reaktionen, die in seltenen Fällen bis zum allergischen Schock führen können. Durch eine Impfung gegen Heuschnupfen könnte dieses Risiko deutlich verringert werden.
Bereits seit Jahren arbeiten Forscher an der Entwicklung einer solchen Impfung, denn die Pharmaunternehmen haben ein großes wirtschaftliches Interesse an einem Impfstoff gegen Pollenallergie angesichts der hohen Zahl der Betroffenen. Der österreichische Pharmakonzern Biomay entwickelt derzeit gemeinsam mit Forschern der Medizinischen Universität Wien den Wirkstoff BM32.
Impfung gegen Heuschnupfen basiert auf der Bildung harmloser Antikörper
Eine allergische Reaktion entsteht, da sich die Pollenallergene an Antikörper binden, die in zu großer Zahl vorhanden sind und das Immunsystem übersensibel machen. Diese Antikörper regen die Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen an, was die typischen Beschwerden wie tränende Augen und eine geschwollene Nase verursacht.
In dem neuen Impfstoff sind nur winzige veränderte Eiweiß-Abschnitte der Allergene enthalten, die die allergische Reaktion auslösen. Sie wurden auf den äußeren Hüllen von entschärften Hepatitis-Viren angebracht. Diese transportieren die Eiweiß-Schnipsel zu den Immunzellen, wo der Wirkstoff bestimmte Zellen aktiviert, harmlose Antikörper zu bilden. Atmet der geimpfte Patient Pollenallergene ein, werden diese von den neuen Antikörpern auf der Schleimhaut abgefangen. Auf diese Weise gelangen die Allergene nicht mehr zu den krankmachenden Antikörpern.
Die Impfung besteht der Zeitung zufolge aus vier Spritzen. Die erste wird dem Patienten bereits im Herbst verabreicht, so dass der Impfstoff über den Winter, wenn keine Pollen fliegen, im Körper verbleibt. Zu Beginn der nächsten Pollensaison werden drei weitere Impfstoffdosen injiziert, so dass über mehrere Jahre keine Beschwerden mehr auftreten. „Das Immunsystem baut seine veränderte Reaktion gegen die Pollen nur langsam auf”, erläutert Rainer Henning, Chef der Firma Biomay, gegenüber der Zeitung. „Es muss mehrfach daran erinnert werden, wie es reagieren soll.” Durch die „Erinnerungs-Spritzen” solle der veränderte Antikörperspiegel hochgehalten werden. Mit der Zeit könne man aber möglicherweise die Zahl der Spritzen reduzieren. BM32 könnte bereits im Jahr 2020 zugelassen werden.
Mehrere Pharmaunternehmen testen derzeit Impfstoffe gegen Heuschnupfen
Neben dem österreichischen Pharmakonzern arbeiten auch andere Arzneimittel-Hersteller an Impfstoffen gegen Heuschnupfen, wie etwa die Schweizer Pharmafirma Anergis, die kürzlich mitteilte, dass “erste Tests mit einem Impfstoff für Birkenpollen-Allergiker erfolgreich verlaufen” seien. Bei diesem Impfstoff müssen dem Patienten “fünf Spritzen innerhalb von zwei Monaten verabreicht werden. Der britische Herstellers Circassia führt derzeit Tests mit vier Spritzen ihres Impfstoffs Toleromune für Gräser-Allergikern durch”. (Ag)
: Rosel Eckstein / pixelio.de
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