Immer mehr Angestellte dopen sich am Arbeitsplatz
Immer mehr Menschen haben das Gefühl, den täglichen Ansprüchen im Arbeitsleben nicht mehr zu bestehen. Stress, Überforderung und Druck sind die Folgen. Allein in NRW dopen sich laut einer Studie rund 223.000 Angestellte regelmäßig mit Arzneimitteln. In Hessen sind es über 56.000 Menschen.
Nach Angaben der DAK Gesundheit nehmen rund „drei Millionen Beschäftigte leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medikamente.“ Das Doping im Job ist den Ergebnissen des DAK Gesundheitsreports 2015 zufolge in den vergangenen sechs Jahren drastisch gestiegen, wobei „vor allem Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten oder unsicheren Jobs zu den Risikogruppen für den Medikamentenmissbrauch“ gehören. Allein in Hessen nutzen laut Angaben der DAK 56.000 Beschäftigte regelmäßig verschreibungspflichtige Medikamente, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder Stress abzubauen. Für Michael Hübner, Landeschef der DAK-Gesundheit Hessen, sind die Zahlen ein „Alarmsignal“.
Angesichts der hohen Anforderungen in der Arbeitswelt gelangen viele Berufstätige regelmäßig an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, wobei in unserer modernen Dienstleistungsgesellschaft weniger die körperliche, sondern vielmehr die geistige Leistungsfähigkeit entscheidend ist, berichtet der DAK-Landeschef. „Neues schnell erfassen, hochkonzentriert arbeiten, positive Gefühle Fremden gegenüber ausdrücken – manch einer wünscht sich ein Wundermittel, damit der Job leichter von der Hand geht“, so Hübner weiter. Entsprechend verbreitet ist das sogenannte Hirndoping mit Hilfe verschreibungspflichtiger Arzneien. Dessen Suchtgefahren und Nebenwirkungen sind laut Aussage der Experten jedoch nicht zu unterschätzen.
Hunderttausende mit Doping-Erfahrung im Job
Insgesamt wurden für die Studie die Fehlzeiten von 289.300 erwerbstätigen DAK-Mitgliedern in Hessen durch das IGES Institut ausgewertet. Zudem seien die Arzneimitteldaten der Kasse analysiert und bundesweit mehr als 5.000 Beschäftigte im Alter von 20 bis 50 Jahren befragt worden, berichtet die DAK. Die Analyse habe gezeigt, dass 6,9 Prozent der Berufstätigen in Hessen und den angrenzenden Bundesländern schon einmal gedopt haben. Hinzu komme eine beachtliche Dunkelziffer, so dass tatsächlich sogar bis zu 12,3 Prozent der Beschäftigten bereits Hirndoping genutzt haben könnten. Die würde hochgerechnet für Hessen bedeuten, dass bis zu 408.000 Menschen schon einmal leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medikamente genommen haben. Regelmäßig nutzen laut Mitteilung der DAK rund 56.000 Erwerbstätige in Hessen gezielt Hirndoping. „Auch wenn Doping im Job noch kein Massenphänomen ist, sind diese Ergebnisse ein Alarmsignal“, warnt Michael Hübner.
Leistungsdruck und Stress als Ursache für Hirndoping
Laut Hübner ist das „Hirndoping mittlerweile bei Otto-Normalverbraucher angekommen“ und „das Klischee der dopenden Top-Manager ist vom Tisch.“ Entgegen der verbreiteten Meinung seien es nicht primär Führungskräfte oder Kreative, die versuchen, sich mit Medikamenten zu Höchstleistungen zu pushen, berichtet die DAK. Stattdessen seien vor allem Erwerbstätige mit einfachen Jobs gefährdet. Auch Beschäftigte mit einem unsicheren Arbeitsplatz hätten ein erhöhtes Doping-Risiko. Auslöser für den Griff zur Pille seien meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überlastung. Männer würden eher zu leistungssteigernden Mitteln greifen, Frauen häufiger stimmungsaufhellende Medikamente einnehmen, so die Mitteilung der Krankenkasse.
Deutliche Zunahme der psychischen Erkrankungen
In der DAK-Studie wird auch die Entwicklung der Fehlzeiten bei den psychischen Erkrankungen dargestellt. Diese haben im vergangenen Jahr um zwölf Prozent zugenommen und Seelenleiden waren damit die zweithäufigste Ursache für Fehltage, so die Mitteilung der DAK. Seit dem Jahr 2000 sei in dem DAK-Report ein Anstieg bei den psychischen Erkrankungen um 112 Prozent zu verzeichnen. Insgesamt lag der Krankenstand in Hessen im Jahr 2014 mit 4,1 Prozent etwas über dem Bundesdurchschnitt von 3,9 Prozent. Ein Beschäftigter fehlte in Hessen durchschnittlich an insgesamt 15 Tagen im Job. Knapp ein Viertel dieser Ausfalltage (23 Prozent) sei durch Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems wie beispielsweise Rückenschmerzen bedingt gewesen, berichtet die DAK. Die psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angstzuständen lagen mit 15,7 Prozent der Ausfälle auf Platz zwei der Krankheitsarten. „Die Branchen mit dem höchsten Krankenstand waren 2014 das Gesundheitswesen mit 4,7 Prozent und die Öffentliche Verwaltung mit 4,5 Prozent“, so die Mitteilung der Krankenkasse. Den niedrigsten Krankenstand hätten Banken und Versicherungen mit 3,2 Prozent aufgewiesen. (fp)
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