Jeder fünfte Schlanke hat ein erhöhtes Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Laut Gesundheitsexperten haben Übergewichtige ein erhöhtes Risiko für Folgekrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Allerdings laufen auch viele schlanke Menschen Gefahr, solche Krankheiten zu bekommen. Forscher haben nun herausgefunden, dass dies mit einer Fehlfunktion bei der Fettspeicherung zu tun hat.
Nicht nur Übergewichtige sind gefährdet
Erst kürzlich berichteten Wissenschaftler aus Großbritannien, dass Übergewicht bereits im jungen Alter das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann. Außerdem ist bekannt, dass Übergewicht ein Risikofaktor für Diabetes ist. Doch auch fast jeder fünfte schlanke Mensch hat ein erhöhtes Risiko an der sogenannten Zuckerkrankheit sowie Herz-Kreislauf-Krankheiten zu erkranken. Forscher haben nun herausgefunden, dass die Betroffenen eine Fehlfunktion bei der Fettspeicherung haben, sodass sie kaum Fett am Oberschenkel anlagern.
Die Faustformel Schlank ist gesund gilt nicht immer
Schlank ist gesund – diese Faustformel gilt nicht immer. Meta-Analysen von Studien ergaben, dass es eine Subgruppe (knapp 20 Prozent) von schlanken Menschen mit einem geschädigten Stoffwechsel gibt, berichtet das Helmholtz Zentrum München in einer Mitteilung.
Ihr kardiovaskuläres und Mortalitätsrisiko ist im Vergleich zu metabolisch Gesunden um mehr als das Dreifache erhöht. Es ist sogar höher als das von Stoffwechsel gesunden übergewichtigen Menschen.
Doch was sind die Ursachen hierfür? Was unterscheidet diese Untergruppe von den schlanken, stoffwechselgesunden Menschen? Welche phänotypischen Besonderheiten haben die Betroffenen?
Diesen Fragen stellten sich Wissenschaftler der Medizinischen Klinik IV des Universitätsklinikums der Universität Tübingen und des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, ein Mitglied im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD).
Schlanke Probanden mit geschädigtem Stoffwechsel
Sie untersuchten die Daten von 981 Probanden und kamen auch hier zu ähnlichen Ergebnissen wie in den Meta-Analysen – etwa 18 Prozent der schlanken Probanden hatten einen geschädigten Stoffwechsel.
Die Betroffenen zeigten zwei und oder mehr Risiko-Parameter für ein Metabolisches Syndrom (Abdominelle Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung mit Hypertriglyzeridämie und erniedrigtem HDL-Cholesterin, Insulinresistenz bzw. gestörte Glukosetoleranz).
Das Team um Norbert Stefan, Fritz Schick und Hans-Ulrich Häring untersuchte bei diesen Probanden das Körperfett, die Fettverteilung und den Fettanteil in der Leber mithilfe der Magnetresonanz-Spektroskopie.
In der Fachzeitschrift „Cell Metabolism“ berichten sie über ihre Ergebnisse.
Wenig Fett an den Beinen
Es zeigte sich, dass die Betroffenen nur wenig Fett an den Beinen speichern. Die Betroffenen haben einen ähnlichen Phänotyp wie Menschen mit Lipodystrophie, einer Veränderung des Unterhautfettgewebes.
Die Wissenschaftler untersuchten zudem die Insulin-Empfindlichkeit, die Insulin-Sekretion, die Blutgefäße und die körperliche Fitness. Auch hier zeigten sich Auffälligkeiten.
„Allerdings ist bei Schlanken das fehlende Fett an den Beinen am stärksten mit einem Risiko für einen ungesunden Stoffwechsel assoziiert. Man kann daher auch sagen, `Hüftgold´ hält Schlanke gesund“, fasst Prof. Norbert Stefan die Ergebnisse zusammen.
Zum Vergleich: Bei Menschen mit Übergewicht sind eine nichtalkoholische Fettleber und ein erhöhter Bauchfettanteil die größten Risikofaktoren für eine Entgleisung des Stoffwechsels.
Die Wissenschaftler schlagen vor, dass schlanke Menschen, die zwei oder mehr Merkmale des Metabolischen Syndroms aufweisen und kaum Fett an den Beinen speichern, sorgfältig auf eine mögliche Schädigung des Stoffwechsels untersucht werden.
Wichtig wäre es, für die unterschiedlichen Untergruppen von schlanken und übergewichtigen Menschen mit Stoffwechsel-Störungen maßgeschneiderte Lebensstil-Interventionen oder spezifische medikamentöse Behandlungen für eine personalisierte Prävention zu entwickeln. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.