Geringe Dosen Kohlenmonoxid als Hilfe nach einem Schlaganfall?
Kohlenmonoxid könnte Patienten nach einem Schlaganfall helfen. Das Forscherteam um Dr. Nils Schallner von der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklinikums Freiburg und Kollegen vom Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) sowie der Harvard Medical School in Boston (USA) hat herausgefunden, dass geringe Mengen Kohlenmonoxid das Gehirn schützen, Hirnschäden reduzieren und die Gehirnfunktion nach einem Schlaganfall verbessern.
Eigentlich ist Kohlenmonoxid als giftiges Gas bekannt, das zu Hirnschäden, Verwirrtheit, Gedächtnisverlust und schlimmstenfalls zum Tod führen kann. Das internationale Forscherteam unter Beteiligung von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Freiburg konnte nun jedoch nachweisen, dass geringe Dosen im Falle eines Schlaganfalls eine positive Wirkung haben. Niedrige Dosierungen Kohlenmonoxid könnten das Gehirn vor Schäden schützen, die nach einem blutungsbedingten Schlaganfall auftreten, berichten die Wissenschaftler. Ihre Ergebnisse haben sie in dem Fachmagazin „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht.
Häm-Molekül bedingt Schäden nach einer Hirnblutung
Den Angaben der Forscher zufolge erleiden jährlich rund 10.000 Menschen eine Subarachnoidal-Blutung (kurz SAB). Diese spezielle Schlaganfall-Form gehe auf eine geplatzte Arterie im Gehirn mit anschließendem Blutaustritt zurück. Dabei sei plötzlich eintretender sehr starker Kopfschmerz das zentrale Symptom. Vor allem Frauen im Alter zwischen 45 und 55 Jahren sind laut Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg betroffen. Nur jede/r zweite Betroffene überlebe länger als ein Jahr nach der SAB und viele hätten langfristig unter Einschränkungen der Gehirnfunktion zu leiden. Für einen Großteil der Schäden nach einer Hirnblutung sei das Molekül Häm verantwortlich, welches in den roten Blutkörperchen für den Sauerstofftransport wichtig ist, außerhalb der Zellen aber hochgiftig wirkt.
Versuche an Mäusen zeigen die positive Wirkung des Kohlenmonoxids
Die SAB ist für die Patienten doppelt gefährlich, weil einerseits eine Sauerstoffunterversorgung einsetzt und anderseits das ausgetretene Blut für das Gehirn giftig wirkt, berichten die Wissenschaftler. In der aktuellen Studie hat das Team unter Leitung von Professor Dr. Khalid Hanafy, neurologischer Direktor der Neurointensiv-Einheit des BIDMC, und Dr. Leo E. Otterbein, Forscher am Transplant Institute des BIDMC, nun untersucht, wie sich zwei Gruppen von Mäusen nach einer Hirnblutung erholten, wobei eine Gruppe eine Woche in normaler Atemluft gehalten wurde und die andere Gruppe eine Woche lang täglich für eine Stunde zusätzlich eine geringe Menge Kohlenmonoxid erhielt. In den anschließenden Tests zum räumlichen Erinnerungsvermögen schnitten „die Tiere, die Kohlenmonoxid eingeatmet hatten, deutlich besser ab“, berichtet Dr. Schallner vom Universitätsklinikum Freiburg.
Basis für klinische Studien
Den Ausführungen der Forscher zufolge habe sich die Schädigungen des Hirngewebes und die kognitiven Einschränkungen bei den Schlaganfall-Mäusen durch die Kohlenmonoxid-Gabe deutlich verringert. „Daraus schlossen wir, dass das normalerweise giftige Gas Kohlenmonoxid in geringer Dosierung die Erholung nach einem Schlaganfall verbessern könnte“, erläutert Dr. Nils Schallner. Die Wissenschaftler hatten bereits nachgewiesen, „dass spezielle Hirnzellen, Mikroglia genannt, das Häm durch das Enzym Häm-Oxygenase 1 (HO-1) entgiften“ und dass „bei diesem Abbau Kohlenmonoxid freigesetzt wird“, so die Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg. Das Gas sei aber nicht nur ein Nebenprodukt des Abbaus, sondern wirke sich selbst positiv auf den Häm-Abbau aus. So hätten Tiere, die kein HO-1 und entsprechend auch kein Kohlenmonoxid bildeten, ebenfalls von der Kohlenmonoxid-Gabe profitiert. Eine Kohlenmonoxid-Gabe „von außen“ könne einen Mangel an körpereigener Kohlenmonoxid-Produktion ausgleichen, so Dr. Schallner. Nach Einschätzung der Forscher könnten die aktuellen Ergebnisse zukünftig als Grundlage für klinische Studien mit Patienten dienen, die einen blutungsbedingten Schlaganfall erlitten haben. (fp)
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