Wirksamkeit der ADHS-Behandlungsmethoden bei Erwachsenen untersucht
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) sind vor allem als Krankheit im Kindesalter bekannt, doch leidet auch eine nicht unerhebliche Zahl Erwachsener an dem Beschwerdebild. Ihnen kann auf unterschiedliche Weise geholfen werden. Welche Therapieformen sich hier am besten eignen, haben Psychologen der Universität Tübingen in einer aktuellen Studie untersucht.
Zur Behandlung von ADHS bei Erwachsenen sind neben Medikamenten vor allem verhaltenstherapeutische Ansätze besonders vielversprechend. Methoden wie das sogenannte Neurofeedbacktraining werden indes eher kritisch betrachtet. Aus gutem Grund, wenn man den Ergebnissen den aktuellen Studie folgt. Denn verhaltenstherapeutisches Gruppentraining ist deutlich weniger aufwendig und insgesamt effizienter als das Neurofeedbacktraining. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Fachmagazin „The Lancet Psychiatry“ veröffentlicht.
ADHS im Erwachsenenalter
ADHS beginnt bereits im Kindes- und Jugendalter, kann jedoch bei bis zu 60 Prozent der Fälle auch im Erwachsenenalter fortbestehen und zu Schwierigkeiten im Berufs- wie auch Privatleben führen, berichten die Wissenschaftler. Die Patienten seien von Symptomen wie Impulsivität, geringer Stresstoleranz, innerer Unruhe und Getriebenheit betroffen. Darüber hinaus zeigen sich laut Aussage der Experten „oft Schwierigkeiten in Planung und Organisation sowie die Unfähigkeit, sich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren und diese zum Abschluss zu bringen.“
Verschiedene ADHS-Therapien verglichen
Die Beschwerden lassen sich zwar mit Medikamenten relativ gut beheben, doch bringen die Arzneien ihrerseits das Risiko bedenklicher Nebenwirkungen mit sich. Vergleichbare Behandlungserfolge werden zudem für nicht pharmakologische Therapieformen berichtet, was Tübinger Psychologen gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Bamberg, Bayreuth und Budapest nun genauer unter die Lupe genommen haben. Hierfür wurde die Wirkung von sogenanntem Neurofeedbacktraining, einem Placebo-Neurofeedbacktraining (Teilnehmer bekamen nicht die eigenen Hirnströme rückgemeldet) und einem verhaltenstherapeutischem Gruppenprogramm vergleichend untersucht. Bei letzterem wurden unter anderem spezifische Strategien zur Handlungsplanung, ein verbessertes Zeitmanagement und Stressbewältigungstechniken eingeübt.
Auswirkungen auf die ADHS-Symptomatik untersucht
Insgesamt nahmen 18 Erwachsene mit ADHS-Symptomatik an der Studie teil. Eine Gruppe erhielt über einen Zeitraum von 15 Wochen entweder 30 Sitzungen Neurofeedbacktraining oder 15 Sitzungen Placebo-Neurofeedback und im Anschluss daran 15 Sitzungen Neurofeedback. Eine weitere Gruppe erhielt über 12 Wochen insgesamt 12 Sitzungen verhaltenstherapeutische Gruppentherapie, berichtet die Universität Tübingen. Die Auswirkungen auf die AHDS-Symptomatik wurden unter anderem anhand objektiver Tests zur Konzentrationsfähigkeit und einer Analyse der zugrundeliegenden Hirnstrommustern an vier Messzeitpunkten (erster vor Beginn der Intervention, letzter zu sechs Monaten nach Trainingsende) ermittelt.
Neurofeedbacktraining eher umstritten
Das Neurofeedback wird laut Aussage der Forscher schon seit seiner Einführung kontrovers diskutiert, da die Wirkung unklar blieb. Bei dem Verfahren sollen Patienten lernen, ihre Hirnströme gezielt zu beeinflussen und so einen Rückgang der Symptome zu erreichen. Zwar hatten frühere Studien überzeugend gezeigt, dass ADHS-Symptome tatsächlich nach einem solchen Training abnehmen. Doch blieb laut Aussage der Forscher umstritten, „ob die Verbesserung tatsächlich auf die spezifische Wirkung des Trainings zurück zu führen ist oder eher der Wirkung unspezifischer Placebo-Effekte zugeschrieben werden muss.“ Auch muss sich eine solche neue Methode zumindest mit den bekannten verhaltenstherapeutischen Verfahren messen können.
Verhaltenstherapeutisches Gruppentraining klar überlegen
In der aktuellen Studie kommen die Forscher zu dem Schluss, dass „die Effekte einer Neurofeedbackintervention denen eines Placebotrainings nicht überlegen waren.“ Beide Methoden hätten zwar eine Wirkung bei ADHS gezeigt, doch seien keine spezifischen Effekt des Neurofeedbacks auf die Hirnströme nachweisbar. In den Auswirkungen auf die Symptome erreiche das Neurofeedback keine besseren Ergebnisse als das verhaltenstherapeutische Gruppentraining, so Projektleiter Dr. Michael Schönenberg von der Eberhard Karls Universität Tübingen. Dabei benötige das verhaltenstherapeutische Gruppentraining zudem einen wesentlich geringeren Aufwand. So seien weniger Sitzungen erforderlich, statt Einzeltraining könne ein Gruppentraining erfolgen und es entstehen keine Zusatzkosten durch Anschaffung und Unterhaltung der technischen Voraussetzungen.
„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass verhaltenstherapeutische Ansätze sehr effektiv und effizient in der Behandlung von ADHS-Symptomen im Erwachsenenalter sind“, berichte Dr. Schöneberg. Bevor andere Methoden für die Therapie empfohlen werden können, sollten diese jedoch zunächst ihre Überlegenheit gegenüber verhaltenstherapeutischen Standardmethoden unter Beweis stellen, so das Fazit des Studienleiters. (fp)
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