Forscher entschlüsseln Halluzinogene in Pilzen
Chemiker haben entdeckt, wie Pilze Psilocybin herstellen, also den Stoff, der Halluzinationen und verändertes Bewusstsein erzeugt. Vier verschiedene Enzyme sind dafür verantwortlich und lassen sich vermutlich demnächst im Labor produzieren.
Weg in die Geisterwelt
Die magischen Pilze sind im Schamanismus seit Jahrtausenden ein „Reittier“ in die Geisterwelt, ebenso wie der Fliegenpilz.
Heiliger Pilz
Besonders in Mittelamerika spielten sie eine zentrale Rolle in spirituellen Ritualen und der Medizin der Maya.
Glückspilze
Nehmen wir die Pilze auf, verwandelt sich das Psilocybin in Psilocin, das bindet sich an das „Glückshormon“ Serotonin und führt so zu Halluzinationen, die sich mit LSD vergleichen lassen.
Halluzinogene Kahlköpfe
Psilocybin kommt besonders in Pilzen der Gattung Kahlköpfe vor, in Mitteleuropa beim spitzkegeligen Kahlkopf. Die Konzentration des Psilocybins ist mit 1,78 % bei Psilocybe azurescens am höchsten, bei P. Infomans mit 0,16 % am niedrigsten.
Wie wirkt Psilocybin?
Mengen bis zu 6 mg lösen einen leichten Rausch aus, die typische Konsumdosis liegt bei circa 10 mg. Bei mehr als 20 mg setzt einen starke halluzinogene Wirkung ein. Betroffene fühlen sich euphorisch, körperlich leicht und voll Energie. Ihre visuelle Wahrnehmung verändert sich, Gegenstände und Lebewesen erscheinen kleiner oder größer und in veränderten Farben.
Nebenwirkungen
Eine psychisch unerwünschte Wirkung ist der so genannte Horrortrip, der mit Panikattacken verbunden ist, doch sind psychotische Begleiterscheinungen weit weniger eine Gefahr als bei LSD. Erbrechen und Übelkeit können ebenfalls auftreten, insbesondere bei hohen Dosierungen. Organische Schäden kennt die Medizin nicht.
Latente Psychosen
Wie alle psychedelischen Substanzen kann Psilocybin indessen eine bereits latent vorhandene Psychose auslösen. Die Folgen sind eine verzerrte sensorische Wahrnehmung und eine eingeschränkte Selbstwahrnehmung.
Rechtslage in Deutschland
Psilocybinhaltige Pilze gehören in Deutschland zu den nicht verkehrsfähigen und nicht vertreibungsfähigen Stoffen, der Umgang mit ihnen ist der Allgemeinheit verboten, nicht aber der Konsum.
Magic Mushrooms
Der Ethnomykologe Gordon Wasson prägte 1958 den Begriff „Magic Mushrooms“ in einem gleichnamigen Beitrag im Magazin „Life“. Der Chemiker Albert Hoffmann isolierte kurz darauf das Psilocin aus angezüchteten Fruchtkörpern.
Biosynthese mit Enzymen
Der Chemiker Janis Fricke und sein Team aus Jena entschlüsselten jetzt die Biosynthese des Psilocybins. Sie fanden heraus, dass die Pilze vier Enzyme nutzen, mit denen sie die Aminosäure Tryptopan umgestalten.
Wie entsteht Psilocybin?
Eine bisher unbekannte Gruppe von Tryptophan-Decarboxylasen spaltet eine Carboxylgruppe von der Aminosäure ab. Dann hängt eine Monooxygenase eine Alkoholgruppe an, und eine Kinase ergänzt eine Phosphatgruppe. Danach verbindet eine Methyltransferase zwei Methylgruppen mit dem Molekül. So entsteht Psilocybin.
Nachgebaut
Die Wissenschaftler stellten drei der vier Enzyme mit Pilz- und Bakterienkulturen her. Zusammen mit 4-Hydrox-L-Tryptophan bauten sie die Biosynthese des Psilocybin so im Labor nach.
Medizinischer Nutzen
Wenn Psilocybin sich biosynthetisch herstellen lässt, könnte es die Basis für neue Medikamente liefern. Mediziner versprechen sich viel von Arzneien auf der basis von Psilocybon für Angstpatienten: Dazu gehören generelle Angststörungen, spezifische Angststörungen, aber auch Depressionen und Ängste bei Krebspatienten. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.