Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen, juckender Hautausschlag: Dies alles sind typische Symptome die sich einstellen können, wenn Menschen an einer Lebensmittelallergie leiden. Allein in Deutschland sind laut Schätzungen etwa sechs Millionen Bürger betroffen. Und es werden immer mehr. Die Suche nach den Auslösern ist meist nicht einfach.
Allergien nehmen seit Jahren zu
Nach Schätzungen des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) leiden hierzulande etwa sechs Millionen Menschen an Lebensmittelallergien. Etwa sechs Prozent aller Kinder und drei Prozent der Erwachsenen sollen betroffen sein. Seit Jahren nehmen Allergien weiter zu. Letzten Sommer teilte die DAAB mit, dass sich die Zahlen in den vergangenen Jahren sogar verdoppelt haben. Stephan Meller, Allergologe und Oberarzt in der Düsseldorfer Universitätsklinik, erklärte laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa, dass es nicht nur einen einzigen Grund für die Zunahme gebe. Verschiedene Faktoren wie unsere Umwelt, Ernährungs- und auch Vermeidungsgewohnheiten spielen eine Rolle.
Pseudoallergien durch Zusatzstoffe
In der Agenturmeldung wird über eine Frau berichtet, die, wenn sie essen ging, dicke, juckende Stellen am ganzen Körper bekam. Allergietests hatten nichts gebracht. „Und dann ging es irgendwann auch zu Hause los, dass sie gequaddelt hat“, sagte Sonja Lämmel vom DAAB in Mönchengladbach. „Da war Detektivarbeit angesagt.“ Die Ernährungsfachkraft fand schließlich mit viel Nachforschen des Rätsels Lösung: Da die Frau ihre Schwiegermutter pflegte und deshalb wenig Zeit hatte, kamen viele Fertigprodukte und Tütensuppen auf den Tisch. Den Beweis brachte eine gezielte Provokation in einer Fachklinik: Bei der Frau stellte sich eine pseudoallergische Reaktion auf Zusatzstoffe, Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker ein. Damit erklärten sich auch die rätselhaften, juckenden Nesselausschläge nach dem Essen in Gaststätten. Lämmel erklärte, dass solche Leidensgeschichten häufig vorkommen. Der Verdacht auf Pseudoallergien lässt sich laut Gesundheitsexperten nur schwer überprüfen, da es keine Blut- oder Hauttests gibt, mit denen man diese eindeutig bestätigen könnte. Verbraucherschützer kritisieren zudem seit längerem, dass es die gängige Praxis der Lebensmittelindustrie bei der Angabe von Zusatzstoffen Betroffenen nicht gerade leichter macht, da viele Hersteller ihre Produkte etwa mit Hinweisen wie „Frei von Konservierungsstoffen“ bewerben, obwohl diese oft nur gegen andere Inhaltsstoffe ausgetauscht werden.
Allergieauslösende Stoffe müssen klar erkennbar sein
Der DAAB erinnert seit 2008 mit dem Lebensmittelallergietag am 21 Juni an diese Krankheit, an der Hunderttausende leiden und für die es kein Heilmittel gibt. „Das einzig Wirksame ist, dass der Patient weiß, wogegen er allergisch reagiert und dieses Lebensmittel konsequent meidet“, so Lämmel. Dies meinen die meisten Allergologen, doch eine britische Studie kam vor wenigen Monaten zu dem Ergebnis, dass das womöglich nicht bei allen richtig sein muss. Die Forscher fanden heraus, dass Erdnusskonsum auch vor Erdnussallergie schützen kann. Wenn man aber davon ausgeht, dass man die betreffenden Lebensmittel meiden soll, muss man den allergieauslösenden Stoff auf den Verpackungen der Lebensmittel und bei loser Ware im Restaurant oder in der Bäckerei klar erkennen können. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Die Deklaration ist zwar seit Mitte Dezember 2014 klarer geregelt. Auf dem Lebensmitteletikett sind seitdem die Hauptauslöser für Allergien und Unverträglichkeiten fett oder unterstrichen, wenn sie enthalten sind. Unter anderem gehören dazu glutenhaltige Getreide, Milch, Eier, Fische, Nüsse, Soja, Sellerie oder Sulfite. Bei loser Ware hakt es aber noch. So müssen die Wurst vom Metzger oder die Körner-Brötchen vom Bäcker zwar auch seit Ende 2014 gekennzeichnet werden, doch nicht jeder Betrieb setzt diese neue Regelung schon um. Oft müssen Kunden extra danach fragen. „Das ist eine Katastrophe für Allergiker“, meinte die Geschäftsführerin des DAAB, Andrea Wallrafen.
Verschiedene Allergien je nach Lebensalter
Nahrungsmittel können zahlreiche allergische Reaktionen auslösen. So kann es zu starkem Jucken, Rötung und Quaddeln auf der Haut, Niesattacken und Schnupfen, Husten und Atemnot, Durchfällen, Übelkeit und Erbrechen kommen. Der anaphylaktische Schock in Form eines lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruchs ist die schwerste allergische Reaktion. Menschen neigen je nach Lebensalter zu anderen Lebensmittelallergien: Bei Säuglingen sind demnach Kuhmilch und Hühnerei Hauptauslöser. Bei Kindern kommen Nüsse, Fisch und Weizen hinzu und Jugendliche und Erwachsene reagieren häufiger auf rohe Gemüse- und Obstsorten, Gewürze und Nüsse. In rund 60 Prozent der Fälle treten dies Kreuzreaktionen mit einer gleichzeitig vorliegenden Pollenallergie auf.
Mysteriöse neue Form einer Weizen-Allergie
Wie es in der dpa-Meldung heißt, ist eine neue Form einer Weizen-Allergie besonders mysteriös. Diese tritt vor allem in Kombination mit Anstrengung auf. Frau Lämmel erläuterte, dass das vor etwa drei Jahren aufgekommen und dann häufiger geworden sei. Als Trigger können dabei Anstrengung, Alkohol oder bestimmte Arzneimittel wirken. Lämmel beobachtete, dass vor allem junge Leute betroffen seien. Dem Allergologen Meller begegnen solche Fälle etwa einmal im Monat: „Jemand isst ein Brötchen und treibt dann Sport, das kann dann eine extreme Reaktion zur Folge haben.“ Dieses Phänomen wird „WDEIA“ (Wheat Dependent Exercise Induced Anaphylaxis) genannt: also ein ernährungsbedingter, durch Anstrengung herbeigeführter, allergischer Schock. Der Arzt muss in solchen Fällen seine Patienten oft erst von der ungewöhnlichen Allergie gegen Weizen überzeugen. „Nee, den hab ich ja gestern noch vertragen“, muss sich Meller dann oft anhören. „Es ist ein Puzzlespiel.“ Und auch gar nicht so selten. (ad)
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Autoren- und Quelleninformationen
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