BSG: „Freie Mitarbeiter“ gelten rechtlich als Arbeitnehmer
Zahlreiche „freie Mitarbeiterinnen“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben Anspruch auf Mutterschutzleitungen. Das ist indirekte Konsequenz eines am Dienstag, 26. September 2017, verkündeten Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel (Az.: B 1 KR 31/16 R). Vermeintlich „freie Mitarbeiter“, für die die öffentlichen Sender Sozialbeiträge abführen, gelten danach rechtlich als Arbeitnehmer. Wie das BSG entschied, müssen die Sender daher ihre „Freien“ auch in die Mutterschaftsumlage „U2“ einbeziehen.
Damit bestätigten die Kasseler Richter die Position der Deutschen Rentenversicherung Bund. Diese hatte hier vom Hessischen Rundfunk für die Jahre 2006 bis 2008 insgesamt knapp 200.000 Euro Umlage nachgefordert.
Hintergrund der Umlage ist die Pflicht der Arbeitgeber, während des Mutterschutzes sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt sowie gegebenenfalls auch während eines schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbots das Entgelt fortzuzahlen. Aus der U2 bekommen die Unternehmen dies wieder erstattet.
Ursprünglich war die Umlage nur für die Absicherung von Frauen in Kleinbetrieben gedacht, ab 2006 wurde sie aber auf alle Arbeitgeber ausgedehnt. Dies hatte zuvor das Bundesverfassungsgericht gefordert, damit Unternehmen durch die Beschäftigung von Frauen keine schwangerschaftsbedingten Nachteile entstehen. Die U2 wird auch auf die Einkünfte von Männern erhoben.
Das gilt nun auch für die vermeintlich freien Journalistinnen und Journalisten beim öffentlichen Rundfunk. Solche Beschäftigungsverhältnisse sind dort üblich. Trotz des als „frei“ bezeichneten Auftragsverhältnisses führen die Sender Sozialabgaben ab.
Nach dem Kasseler Urteil ergibt sich daraus, dass es sich um Arbeitnehmer handelt. Daher müssten die Sender als Arbeitgeber sich auch an der U2 beteiligen.
Der Anspruch auf Mutterschaftsleistungen ergibt sich aus dem Mutterschutzgesetz und ist daher arbeitsrechtlicher Natur. Ansprüche für „freie“ Journalistinnen ergeben sich aber automatisch daraus, dass es sich laut BSG um Arbeitnehmerinnen handelt. Die Krankenkassen würden entsprechende Leistungen der Sender dann aus der U2 erstattet bekommen.
Zumindest teilweise haben freie Journalistinnen aber auch schon jetzt tarifliche Ansprüche auf ähnliche Leistungen, etwa beim Mitteldeutschen Rundfunk.
Inwieweit Frauen gesetzliche Ansprüche nun auch rückwirkend geltend machen können, hatte das BSG nicht zu entscheiden. Da es sich um arbeitsrechtliche Ansprüche handelt, gelten hier wohl meist tarifliche Ausschlussfristen oder ersatzweise die allgemeine gesetzliche Verjährung von drei Kalenderjahren. mwo/fle
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