Sozialgericht Berlin: Paar konnte Unterlagen nicht früher beschaffen
Im Einzelfall kann eine Witwe auch dann Anspruch auf Witwenrente haben, wenn die Ehe mit ihrem verstorbenen Mann weniger als ein Jahr gedauert hat. Nach einem am Freitag, 29. September 2017, bekanntgegebenen Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin gilt dies etwa dann, wenn die Hochzeit schon lange geplant war, das Brautpaar die notwendigen Unterlagen aber nicht schneller beschaffen konnte (Az.: S 11 R 1839/16).
Damit gab das Sozialgericht einer aus der Ukraine stammenden Frau recht. Ihren späteren Ehemann hatte sie 2007 kennengelernt. Im Dezember 2010 wurde bei ihm eine bereits fortgeschrittene Krebserkrankung festgestellt. Ende März 2011 heirateten beide, nur gut zwei Monate später starb der Mann Anfang Juni 2011.
Für die Rentenversicherung war dies ein klarer Fall einer sogenannten Versorgungsehe, die allein zur Versorgung eines der Ehepartner geschlossen worden sei. Laut Gesetz wird dies vermutet, wenn die Ehe bis zum Tod eines der Partner weniger als ein Jahr gedauert hat.
Doch hier habe die Frau diese Vermutung widerlegen können, befand das Sozialgericht. So habe sich das Paar schon lange vor der tödlichen Diagnose um die für eine Heirat nötigen Papiere bemüht. Das Standesamt habe bestätigt, dass sich beide schon viel früher erkundigt hatten, welche Papiere für die Ehe eines Deutschen mit einer Ukrainerin notwendig sind.
Die Papiere zu besorgen, sei hier besonders schwierig gewesen, weil es für beide die zweite Ehe war. Die Frau habe mehrere Monate auf Unterlagen aus der Ukraine warten müssen.
In seinem Urteil vom 11. September 2017 zeigte sich das Sozialgericht Berlin daher überzeugt, dass das Paar eigentlich schon lange vor der Krebsdiagnose heiraten wollte. Daher stehe der Frau die Witwenrente zu.
Ähnlich hatte das Sozialgericht Berlin schon 2012 in einem Fall entschieden, in dem die geplante Hochzeit immer wieder verschoben werden musste, weil sich das Scheidungsverfahren des Mannes von seiner vorausgehenden Ehefrau über fünf Jahre hingezogen hatte (Urteil vom 30. Mai 2012, Az.: S 11 R 5359/08; JurAgentur-Meldung vom 14. Juni 2012).
Für Beamte hatte auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt werden kann, wenn die Heirat eigentlich schon lange vor einer schweren Erkrankung geplant war, dann aber „aus wirklichkeitsnahen Gründen“ vorläufig aufgeschoben wurde (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 28. Januar 2016, Az.: 2 C 21.14).
Allerdings kann auch dann eine Versorgungsehe bestehen, wenn sie länger als ein Jahr gedauert hat. Das hat das Verwaltungsgericht Trier bei einem ehemaligen Professor angenommen, der an mehreren schweren Krankheiten litt und mit 83 Jahren noch eine 30 Jahre jüngere Frau geheiratet hatte (Urteil vom 5. Juli 2016, Az.: 1 K 940/16.TR; JurAgentur-Meldung vom 20. Juli 2016). mwo/fle
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