Neue Warnung vor EPO-Präparaten: Die Zulassungsinhaber aller humanen Epoetine informieren aktuell in einem Rote-Hand-Brief über Fälle von schweren arzneimittelinduzierten Hautreaktionen. Patienten sollten auf die entscheidenden Symptome und Anzeichen der Hautreaktionen wie Rötungen und Bläschenbildung achten. Treten diese auf, sollte sofort der behandelnde Arzt kontaktiert und die Behandlung eingestellt werden. Zu den betroffenen Mitteln gehören unter anderem Retacrit vom Hersteller Pfizer, Eporatio von Ratiopharm und Biopoin von Teva.
Gemeinsamer Rote-Hand-Brief der Hersteller
Die Zulassungsinhaber aller humanen Epoetine informieren derzeit in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über das Risiko von schweren arzneimittelinduzierten Hautreaktionen (Severe cutaneous
adverse reactions; SCARs) im Zusammenhang mit einer Behandlung mit Epoetinen. Die Hautreaktionen würden dem Rote-Hand-Brief zufolge das so genannte Stevens-Johnson Syndrom (SJS) sowie die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) einschließen, einige Fälle seien sogar tödlich verlaufen.
Liste betroffener Präparate
Eine detaillierte Analyse habe ergeben, dass schwere arzneimittelinduzierte Hautreaktionen als Risiko für die Klasse aller Epoetine betrachtet werden kann. Dazu zählen Darbepoetin alfa, Epoetin alfa, Epoetin beta, Epoetin theta, Epoetin zeta und Methoxy-Polyethylenglykol-Epoetin beta.
Wie oft die schweren Hautreaktionen aufgetreten sind, konnte nicht genau ermittelt werden, die Behörden gehen derzeit von einer “sehr seltenen” unerwünschten Arzneimittelwirkung aus. Dies bedeutet, dass weniger als einer von 10.000 Behandelten betroffen ist. Die schwereren Reaktionen wurden dabei für langwirksame Epoetine dokumentiert. Derzeit würden nun die Fachinformationen aller Epoetin-haltigen Arzneimittel aktualisiert.
In Deutschland sind laut dem Rote-Hand-Brief die folgenden Präparate betroffen:
- Aranesp (Zulassungsinhaber: Amgen)
- Neorecormon und Mircera (Roche)
- Retacrit (Pfizer)
- Silapo (Stada)
- Erypo (Janssen-Cilag)
- Binocrit und Epoetin alfa Hexal (Hexal)
- Abseamed (Medice)
- Eporatio (Ratiopharm)
- Biopoin (Teva)
Aufklärung über Anzeichen und Symptome
Patienten sollten zu Beginn der Behandlung mit einem Epoetinpräparat über die folgenden Anzeichen und Symptome von schweren Hautreaktionen aufgeklärt werden: Großflächiger Ausschlag mit Rötung und Blasenbildung der Haut und oralen Schleimhaut, des Augen-, Nasen-, Hals- und Genitalbereichs im Anschluss an grippeähnliche Symptome einschließlich Fieber, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen. Infolge des Ausschlags kann sich die Haut – ähnlich wie nach einer schweren Verbrennung – abschälen und ablösen.
Werden diese Anzeichen und Symptome erkennbar, sollten sich die Patienten laut der Mitteilung unverzüglich mit ihrem Arzt in Verbindung setzen und die Behandlung mit Epoetinen einstellen. Betroffene Personen dürfen zudem „nie wieder mit einem Epoetin behandelt werden“, so die Warnung.
Traurige Berühmtheit als Doping-Mittel
Als “Epoetine” werden industriell hergestellte Erythropoetin-Substanzen (kurz: EPO) bezeichnet. Erythropoetin ist ein Hormon, das vor allem in den Nieren produziert wird und die Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) fördert. In der Medizin wird EPO dementsprechend zur Behandlung von Blutarmut (Anämie) eingesetzt, zum Beispiel bei schwerer Niereninsuffizienz und Dialysepatienten.
Unerfreuliche Berühmtheit erlangte EPO als Dopingmittel: Da die Muskeln durch das Mittel besser mit Sauerstoff versorgt werden können, versprachen sich viele Sportler eine erhöhte Ausdauer und Steigerung der körperliche Leistung. Der bekannteste Fall ist wohl der Radsportler Lance Armstrong, der nach seinem Doping-Skandal alle sieben Titel wieder abgeben musste.
EPO kann Risiko für Hirnschäden minimieren
Schweizer Forscher machten vor einigen Jahren hingegen eine sehr erfreuliche Entdeckung. Sie erkannten, dass das EPO-Dopingmittel das Gehirn von Frühchen schützt. Diese haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Hirnschäden im Vergleich mit Kindern, die “reif” geboren werden. Werden Frühgeborene direkt nach der Geburt mit EPO behandelt, könnten die zerebralen Läsionen signifikant reduziert werden, teilten die Wissenschaftler der Universität Genf mit. (nr)
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