Heilender Speichel?
Hundespeichel wirkt antibakteriell, kann aber auch Krankheitserreger übertragen. Er gilt seit dem Mittelalter in Europa als heilsam. Das liegt vermutlich an der Beobachtung, dass der Hund seine Wunden und infizierte Körperstellen beim Menschen ableckt.
Unreiner Speichel?
Im Islam gilt der Hundespeichel hingegen als unrein. So soll Mohammed gesagt haben: “Die Reinigung einer Schüssel, nachdem ein Hund sie geleckt hat, besteht darin, sie siebenmal zu waschen, das erste Mal davon mit Erde.”
Was sagt die Wissenschaft?
Wie das Schweizer Fachmagazin “Tierwelt” berichtet, belegten die Veterinärmediziner B.L. Hart und K.L. Powell aus Kalifornien bereits im frühen 20.Jahrhundert: Der Speichel von Hunden verhindert eine Infektion mit bestimmten Bakterien, weil er diese in der Wunde verdünnt und die Hunde sie heraus lecken.
Antibakterielle Stoffe
Hundespeichel verdünnt die Bakterien aber nicht nur. Der Schweizer Veterinärbakteriologe Jörg Jores erklärt in dem Beitrag des Magazins weiter: “Im Speichel ist Lysozym enthalten, das bestimmte Bakterien wie Staphylokokken und Streptokokken angreift. Ausserdem finden wir dort Immunglobuline, also Antikörper, die eine wichtige Rolle in der Abwehr von Erregern spielen.”
Bakterien im Speichel
Der Speichel bekämpft aber nicht nur Bakterien, er enthält auch unzählige, und manche davon können den Menschen schädigen. Jores sagt: “Zahnstein, Infekte im Rachenraum oder organische Beschwerden wie die der Niere können Anlass für schlecht riechenden Hundespeichel und -atem sein.”
Nahrung, Umwelt, Krankheiten
Bakterien gelangen durch die Nahrung, die Umwelt und Krankheiten in den Speichel des Hundes. Jores ergänzt in dem Beitrag von “Tierwelt”: “Auch Antibiotika, Futterumstellung, Artgenossen und Veränderungen in der Umgebung spielen hier eine Rolle.”
Hunde sind oft Krankheitsüberträger
Die meisten dieser Bakterien sind für Menschen harmlos, aber nicht alle. Der Bakteriologe betont gegenüber “Tierwelt”, dass man zeitweise Bakterien wie E. coli im Speichel der Hunde finden kann, da der Hund sich mit seiner Körperpflege befasst und die Körperteile von anderen beleckt.
Tollwut?
Die Tollwut ist eine der schlimmsten Seuchen, die die Evolution hervor brachte. Vor allem die Infektion des Menschen mit Tollwut ist ein Problem, die ein infizierter Hund mit seinem Speichel überträgt. Menschen infizieren sich meist durch Tierbisse, oft von Kaniden wie Hunden, Schakalen, Wölfen und Füchsen.
Nicht der Biss infiziert
Ein Biss infiziert deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit, weil dabei Speichel, der das Virus enthält, in die Wunde kommt. Unter den Viren ist das Tollutvirus eines der raffiniertesten: Es löst eine Bissigkeit des Tieres aus und sorgt so für seinen eigene Verbreitung aber. Das Problem ist nicht der Biss, sondern die Körperflüssigkeit des infizierten Tieres (oder Menschen).
Tollwutwarnung im Islam?
Ist die Angst vor der zu Mohammeds Zeit in Arabien weit verbreiteten Tollwut ein Grund, dass Hundespeichel im Islam als unrein gilt? Das ist möglich.
In Deutschland keine Gefahr
In Deutschland besteht keine Gefahr, denn hierzulande ist die Tollwut weitgehend zurückgedrängt. In Ländern Afrikas, Asiens oder auch Osteuropas sollten Sie sich jedoch keinesfalls von fremden Hunde ablecken lassen.
Diverse Krankheitsquellen
Ein anderer Grund für die Unreinheit des Hundespeichels im Islam sind die Lebensumstände der Tiere: Hunde im Orient lebten und leben vor allem auf den Straßen. Sie ernähren sich dabei von Abfall und Aas. Dadurch enthält ihr Speichel dort eine Menge für Menschen gefährliche Krankheitserreger.
Gefahr in Europa?
In Europa kann ein Bakterium im Hundespeichel zum Problem werden, nämlich Capncytophaga canimorsus. Jeder vierte Hund trägt es in seinem Maul und kann es über offene Wunden durch lecken übertragen. Dieses Bakterium löst bisweilen eine Blutvergiftung aus.
Risiko für Immunschwache
Ein Risiko besteht aber nur für Menschen, die generell unter einem schwachen Immunsystem leiden.
Darf mein Hund mich abschlabbern?
Menschen mit einer gesunden Immunabwehr können sich hierzulande ohne weiteres von ihrem Hund abschlabbern lassen. Auch sie sollten aber darauf verzichten, einen Hund ihre Wunden lecken zu lassen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.