Zahl der Erblindungen stark steigend – Viele Fälle wären vermeidbar
Sehprobleme bis hin zu Erblindung werden in Zukunft nach Einschätzung von Experten wieder deutlich zunehmen. Nach Jahrzehnten mit rückläufigen Fallzahlen sei künftig mit einem erheblichen Anstieg der Erblindungen zu rechnen, mahnt die Internationale Agentur zur Verhütung von Blindheit (International Agency for the Prevention of Blindness; IAPB). Neben der demografischen Entwicklung könnten hier auch Faktoren wie die Smartphone-Nutzung und das Arbeiten am Bildschirm einen Einfluss auf die Entwicklung haben.
Weltweit sind immer mehr Erblindungen festzustellen, mahnt die IAPB in einer aktuellen Pressemitteilung anlässlich des „World Sight Day“. Insbesondere die Fälle der vermeidbaren Sehverluste sind dabei nach Ansicht der Experten kritisch zu bewerten. Die Medizin drohe von den Problemen überrannt zu werden, „es sei denn, wir handeln jetzt“, so das Fazit der IAPB zu den Ergebnissen des „Sehkraft-Atlas“, der in dem Fachmagazin „Lancet Global Health“ veröffentlicht wurde.
Millionen Menschen mit Sehbehinderung
Weltweit leben den aktuellen Ergebnissen zufolge 36 Millionen blinde Menschen und 217 Millionen Menschen mit einer mittleren bis schweren Sehbehinderung. Von den 253 Millionen Betroffenen haben 124 Millionen eine nicht korrigierte Fehlsichtigkeit und 65 Millionen einen Grauen Star (Katarakt), so dass 75 Prozent der Sehverluste und Sehbehinderungen vermeidbar wären, berichtet die IAPB. Denn Grauer Star lasse sich erfolgreich operieren und die Fehlsichtigkeit mit technischen Mitteln beheben. Weitere häufige Ursachen der Sehkraftverluste sind laut Angaben der Forscher altersbedingte Makuladegenerationen und Glaukome (Grüner Star).
Anstieg schon bis 2020
Die aktuelle Auswertung gibt auch Antwort auf die Frage, ob das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – Reduzierung der vermeidbaren Sehkraftverluste bis zum Jahr 2019 um 25 Prozent – noch erreichbar ist. Die Experten gehen jedoch nicht davon aus. Es sei stattdessen mit einer Zunahme der Prävalenz vermeidbarer Sehbehinderungen um 5,6 Prozent zu rechnen. Langfristig werde eine noch dramatischere Zunahme der Betroffenenzahlen prognostiziert. Dr. Astrid Bonfield, Geschäftsführerin des Königin Elizabeth Diamond Jubilee Trust, erklärt in der aktuellen Mitteilung, dass sich die Zahl der Blinden bis zum Jahr 2050 aufgrund der alternden Bevölkerung, zunehmender Diabetes-Erkrankungen und vermehrter Kurzsichtigkeit verdreifachen werde.
Neue „Ära der Blindheit“
Den IAPB-Experten zufolge steht der Welt nach Jahrzehnten der Verbesserung eine neue „Ära der Blindheit“ bevor. „Wir haben in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte bei der Reduzierung der vermeidbaren Blindheit gemacht, doch die neuen Daten im Sehkraft-Atlas zeigen, dass wir unsere Anstrengungen verdoppeln müssen, um die prognostizierte Zunahme der Erblindungen und Sehbehinderungen zu verhindern“, mahnen die Forscher.
Positive Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte
Die Prävalenz der vollständigen Sehkraftverluste und Sehbehinderungen ist den Ergebnissen der aktuellen Erhebung zufolge von 4,58 Prozent im Jahr 1990 auf 3,37 Prozent im Jahr 2015 gesunken, doch wird sie in den nächsten Jahrzehnten eine gegenläufige Entwicklung nehmen. Zudem leben 89 Prozent der Sehbehinderten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, wo eine entsprechend schlechtere Versorgungssituation herrscht. In Zukunft werde sich die Situation jedoch nicht nur in diesen Ländern deutlich zuspitzen, wenn nicht umfassende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, mahnen die Experten. (fp)
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