Behörden schlagen Alarm: Hohe Rückstände von Blutdrucksenkern gefährden Trinkwasser
Seit Jahren wird bei Untersuchungen immer wieder ein oft extrem gefährlich hoher Anteil an Arzneimittelrückständen in Gewässern nachgewiesen. Experten berichteten nun, dass Rückstände von speziellen Blutdrucksenkern in Berliner Gewässern auch ein Vergiftungsrisiko für Menschen darstellen. Sie regen an, dass Ärzte ökologisch möglichst unproblematische Medikamente verschreiben sollen.
Arzneimittelrückstände in Gewässern
In den vergangenen Jahren wurden in zahlreichen Untersuchungen immer wieder Arzneimittelrückstände in Gewässern nachgewiesen. Obwohl stets an neuen Verfahren gearbeitet wird, können die Rückstände laut Experten kaum beseitigt werden. Verbraucher werden daher unter anderem immer wieder aufgefordert, Medikamentenreste nicht in den Abfluss zu entsorgen. Ein weiterer Beitrag zur Lösung des Problems könnte auch die verstärkte Beachtung geeigneter Medikamenten-Alternativen sein.
Rückstände von speziellen Blutdrucksenker stellen ein Vergiftungsrisiko dar
Rückstände von speziellen Blutdrucksenkern in Gewässern bedeuten nicht nur ein potenzielles Risiko für im Wasser lebende Tiere, sondern sind auch bedeutsam für das Trinkwasser und stellen ein Vergiftungsrisiko für Menschen dar.
Das berichteten Experten der Berliner Wasserbetriebe (BWB) und des Landesamts für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) bei den Herztagen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) in Berlin.
Laut Dr. Sebastian Schimmelpfennig (BWB) und Dr. Claudia Simon (LAGeSo) werden seit einigen Jahren vermehrt hoch wirksame, schlecht abbaubare und in großen Mengen verordnete Arzneimittel und deren Rückstände in den Gewässern festgestellt, zum Beispiel Blutdrucksenker vom Typ der Sartane.
Diese können aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften und der steigenden Verordnungsmengen als einziger Blutdrucksenker die Qualität der Trinkwasserressourcen in Deutschland gefährden.
Geeignete Medikamenten-Alternativen
Die Experten regen deshalb eine entsprechende Anpassung der Verordnungspraxis durch die behandelnden Ärzte als „effiziente Maßnahme an der Quelle“ an und plädieren für die verstärkte Beachtung geeigneter Medikamenten-Alternativen, heißt es in einer Mitteilung der DGK.
Weil nicht alle Sartane die gleichen Wirkstoffkonzentrationen je Tagesdosis haben, empfehlen die Studienautoren, innerhalb der Gruppe der Sartane jene Produkte auszuwählen, die unter Umwelt-Aspekten am wenigsten bedenklich sind.
„Letztendlich“, so die Studienautoren, „bleibt die Entscheidung zur Auswahl des geeigneten Blutdrucksenkers beim behandelnden Arzt.“
Jährlich 15 Milliarden Tagesdosen Blutdrucksenker in Deutschland
In Deutschland werden jährlich 15 Milliarden Tagesdosen Blutdrucksenker verordnet (2014), die mittlere jährliche Steigerung seit 2007 beträgt 4,5 Prozent.
Die Gesamtmenge der Blutdrucksenker summiert sich in Deutschland auf über 400 Tonnen/Jahr, wovon mehr als die Hälfte von den Wirkstoffen Metoprolol und Sartanen verursacht wird.
Die verordneten Medikamente gelangen in der Regel durch die Ausscheidungen der Patienten über Kanalisation-Kläranlage-Oberflächengewässer in den Wasserkreislauf.
„Bei den Sartanen werden die verordneten Wirkstoffmengen nahezu vollständig im Kläranlagenablauf wiedergefunden“, so die Studienautoren.
Sartane werden auch in vergleichsweise hohen Konzentrationen in Oberflächengewässern nachgewiesen, „auch bei der Uferfiltration zum Zwecke der Trinkwassergewinnung ist nur eine geringe Abbaubarkeit der Sartane festzustellen.“
Die Berliner Wasserbetriebe versorgen 3,5 Millionen Einwohner mit Trinkwasser, das zu 70 Prozent über Uferfiltration und Grundwasseranreicherung aus Grundwasser entnommen wird, das durch Oberflächengewässer beeinflusst ist.
Aus diesem Grund hat die Qualität der Oberflächengewässer großen Einfluss auf die Trinkwasserqualität. (ad)
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