Experten warnen vor den Folgen der Aufhebung von Regelungen zur Produktion von Zucker
Zucker ist generell ein sehr weitverbreitetes Nahrungsmittel, welches meist zur Süßung von Getränken und Speisen verwendet wird. Eine Ernährung mit zu viel Zucker kann allerdings zu Übergewicht, Fettleibigkeit und verschiedenen ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Normalerweise gab es in der EU bisher strenge Reglungen für die Produktion und den Verkauf von Zucker. Diese Regelungen wurden aber nun aufgehoben, da der Zuckermarkt in der EU liberalisiert wurde. Jetzt befürchten Experten einen zunehmenden Einsatz von billigem Zuckersirup.
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes-Hilfe warnen davor, dass die Verwendung von billigem Zuckersirup in europäischen Lebensmitteln wahrscheinlich stark zunehmen wird. Dadurch würden Menschen noch mehr Zucker aufnehmen und häufiger an Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Krankheiten erkranken. Die Experten der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) veröffentlichten eine Pressemitteilung zu diesem wichtigen Thema.
Regelungen zur Produktion und dem Verkauf von Zucker in der EU wurden abgeschafft
Es gibt Änderungen der Vorschriften zur Produktion und dem Verkauf von Zucker in der EU. Bisher galt beispielsweise für die Zuckerrübe ein festgesetzter Mindestpreis. Ein großer Anteil des in Deutschland hergestellten Zuckers stammt aus der Zuckerrübe. Es gab außerdem eine Quote, welche die gesamte Zuckerproduktion in Deutschland regelte, erläutern die Forscher. Diese bestimmte, wie viel Zucker jährlich in Deutschland hergestellt werden darf. Jetzt wurden die Mindestpreise für Zuckerrüben aufgehoben und feste Produktionsquoten abgeschafft. Dieser Vorgang sollte kritisch betrachtet werden, erklären die Fachgesellschaften weiter.
Wird es in Zukunft mehr stark zuckerhaltige Lebensmittel in Deutschland geben?
Wenn für ein Produkt der Marktzugang verbessert wird und generell eine hohe Nachfrage besteht, wird sich dadurch die Nachfrage weiter erheblich erhöhen. Diese erhöhte Nachfrage führt dann dazu, dass es ein immer größeres Angebot für das Produkt gibt, erklärt Stefanie Gerlach, die Sprecherin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG). Experten erwarten, dass in Zukunft die Zuckerpreise fallen werden. So könne es für Produzenten noch lukrativer sein, stark gesüßte Getränke und Süßwaren zu vertreiben. Sprecher der Industrie versuchen indes die gefürchteten Auswirkungen zu relativieren. Sie erklärten, dass sie mit keinen großen Folgen durch die wegfallenden Regelungen für die Verbraucher rechnen.
Viele Menschen nehmen schon heutzutage viel zu viel Zucker zu sich
Es ist zu erwarten, dass die Lebensmittelindustrie billige sogenannte Isoglukose in Europa vermehrt einsetzen wird. Das Bundesforschungsinstitut sollte deshalb unbedingt in der kommenden Legislaturperiode darauf achten, dass unsere Lebensmittel in Zukunft nicht noch süßer werden, sagen die Wissenschaftler. Außerdem sollte verhindert werden, dass sich der Zuckerkonsum weiter erhöht. Schon heutzutage übersteigt der Verbrauch von Zucker die Empfehlung für die maximale Aufnahme um das Doppelte. Ein so hoher Zuckerverbrauch führt zu mehr Fällen von Diabetes Typ 2 und Adipositas, warnt Professor Dr. Dr. Hans-Georg Joost von der Deutschen Diabetes-Hilfe.
Wird es in Zukunft eine Zucker-Fett-Steuer geben?
Um diesen negativen Vorgang zu unterbinden, muss die begonnene nationale Strategie des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung zur Reduktion des Zuckerkonsoms konsequent weiter verfolgt und optimiert werden, fügt der Experte hinzu. Dies gelte vor allem in Hinblick auf zeitgebundene Zielgrößen, die von der Lebensmittelwirtschaft verpflichtend umgesetzt werden sollten. Es wäre noch weitaus effizienter, wenn eine Zucker-Fett-Steuer eingeführt wird.
Zucker und Isoglukose können chronische Erkrankungen auslösen
Zucker und Isoglukose wirken sich direkt auf die Ernährung der EU-Bürger aus. Damit haben sie auch einen großen Einfluss auf die Entstehung von verschiedenen chronischen Krankheiten. Es muss dringend verhindert werden, dass durch wirtschaftliche Interessen ein vermehrter Zuckerkonsum vorangetrieben wird, welcher die Gesundheit der Menschen als eine Art Kollateralschaden miteinkalkuliert. „Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung hat schließlich nicht nur eine Verantwortung gegenüber der Lebensmittelwirtschaft, sondern auch für den gesundheitlichen Verbraucherschutz in Deutschland“, erklärt Professor Dr. med. Matthias Blüher, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) in der Pressemitteilung.
Strategien zur Reduktion des Zuckerverbrauchs sollten von Experten entworfen werden
Die Mediziner plädieren dafür, dass die neue Bundesregierung einen wissenschaftlichen Beirat gründen sollte, um so den den Sachverstand von Experten zu Adipositas und Diabetes von maßgeblichen medizinischen Fachgesellschaften zur Formulierung einer Strategie der Reduktion des Zuckerverbrauchs miteinzubeziehen. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft fordert außerdem die Implementierung eines nationalen Plans gegen Adipositas in Deutschland.
Was ist Isoglukose?
Isoglukose ist ein billiger Zuckersirup, welcher in verschiedenen Lebensmitteln Verwendung findet. Das Produkt wird zum Beispiel in Limonaden, Gebäck und Soßen als Süßungsmittel genutzt. Isoglukose kann auf Zutatenlisten beispielsweise unter der Bezeichnung Fruktose-Glukose-Sirup identifiziert werden. Isoglukose wird aus Mais-, Weizen- oder Kartoffelstärke hergestellt. In den USA ist Isoglukose (High fructose corn syrup = HFCS) eine der am häufigsten verwendeten Zuckerarten. Das Produkt macht annähernd 50 Prozent der verwendeten Zuckerarten in Amerika aus. Der Anteil der Isoglukose in der Europäischen Union war bisher auf 5 Prozent begrenzt. Isoglukose besteht in den meisten Fällen aus 55 Prozent Fruchtzucker und weitere 44 Prozent sind Glukose. Im normalen Haushaltszucker sind beide Zuckerarten in gleichen Mengen vorhanden, erklären die Experten.
Wie viel Zucker sollten wir am Tag zu uns nehmen?
Ein aktuelles Gutachten des Max-Rubner-Instituts gibt zu diesem Thema an, dass Isoglukose der Gesundheit des Menschen nicht mehr schadet als andere Zucker, sofern die aufgenommenen Mengen gleich sind. Experten des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des EU-Parlaments nehmen jedoch an, dass sich in Zukunft die Produktion von Isoglukose im Zeitraum vom Jahr 2016 bis zum Jahr 2025 mehr als verdreifachen wird. Dies wird wahrscheinlich auch zu einer erhöhten Aufnahme der Isoglukose bei Menschen führen. Die WHO empfiehlt, dass Menschen pro Tag maximal 50 Gramm (oder auch maximal 10 Prozent der Gesamtenergieaufnahme) an zugesetztem Zucker inklusive Sirup und Honig verzehren sollten. (as)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.