Forscher entdeckten Mechanismus der zu Erinnerungsdefiziten bei Parkinson führt
Parkinson ist nicht nur durch motorische Störungen, sondern auch durch Einschränkungen des Erinnerungsvermögens geprägt, wobei bislang weitgehend unklar bliebt, wie letztere entstehen. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen haben nun gemeinsam mit Forschern des Instituto de Medicina Molecular (Lissabon) herausgefunden, welcher molekulare Prozess dem Verlust des Erinnerungsvermögen bei Parkinson zu Grunde liegt. Damit eröffnen sich auch neue Ansätze für die Behandlung der Erkrankung.
Die Lücken im Erinnerungsvermögen bei Morbus Parkinson werden laut Aussage der Wissenschaftler durch eine Protein-Interaktionen ausgelöst, welche zu Störungen in der Kommunikation zwischen den Nervenzellen führt. Allerdings lasse sich der Effekt durch „genetische Manipulation und Einsatz von Antikörpern“ beheben und das Erinnerungsvermögen wieder herstellen. Der neu entdeckte molekularen Signalweg könnte somit als Ansatzpunkt für die Behandlung der kognitiven Einschränkungen bei Parkinson genutzt werden. Veröffentlicht wurde die Studie in dem Fachmagazin „Nature Neuroscience“.
Molekularer Signalweg identifiziert
Typische motorische Symptome bei Parkinson sind der sogenannte Tremor (Zittern der Glieder), eine gebeugte Haltung, Gehschwierigkeiten und ein stark eingeschränkte Mimik. Hinzu kommen „im Laufe der Erkrankung auch Defizite im Erinnerungsvermögen“; erläutern die Wissenschaftler. Über die Entstehung dieser kognitiven Begleiterscheinungen war bislang allerdings relativ wenig bekannt. In Versuchen an Mäusen konnten die Forscher aus Göttingen und Lissabon jetzt erstmals detailliert einen molekularen Signalweg aufzeigen, der zur Entwicklung kognitiver Defizite führt, welche denen bei Parkinson-Patienten ähneln.
Fatale Interaktion zwischen Proteinen
Der neu entdeckte Signalweg wird laut Aussage der Forscher durch die Interaktion abnormaler Formen des alpha-Synuklein Proteins mit dem Prionprotein (PrPC) aktiviert. Von PrPC sei bereits bekannt gewesen, „dass es an Prozessen beteiligt ist, die zu altersbedingten Verhaltensabnormitäten und Beeinträchtigungen des Erinnerungsvermögens bei Neurodegeneration führen“, so die Mitteilung der Universitätsmedizin Göttingen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass durch die Interaktion zwischen alpha-Synuklein und PrPC eine Kaskade von Prozessen in Gang gesetzt wird, die schließlich zu Störungen an den Kontakten zwischen Nervenzellen (Synapsen) führt. Hierdurch werde die Kommunikation der betroffenen Nervenzellen beeinträchtigt und die Entstehung kognitiver Defizite begünstigt.
Parkinson ist weit mehr als eine motorische Erkrankung
„Wir wissen nun, dass die Parkinson Krankheit weit mehr ist als eine motorische Erkrankung“; betont Studien-Koordinator Professor Dr. Tiago Outeiro, Direktor der Abteilung für Experimentelle Neurodegeneration an der Universitätsmedizin Göttingen. Bereits bekannt war, dass bestimmte Formen des alpha-Synuklein Proteins Fehlfunktionen bei der Kommunikation von Nervenzellen verursachen können, die für das Erinnerungsvermögen zuständig sind, so der Experte weiter. Bisher sei allerdings unklar geblieben, wie dies genau geschieht. „Nun wissen wir mehr über die molekularen Mechanismen. Damit eröffnen sich neue therapeutische Ansätze für die Prävention und Behandlung der Parkinson’schen Erkrankung”, so Prof. Tiago.
Neue Ansätze für die Therapie
Die Wissenschaftler beschreiben in ihrer Studie erstmals einen neuen „Mechanismus, der ausreicht, um frühe Schäden an den Synapsen von Nervenzellen zu initiieren, die allein durch extrazelluläres alpha-Synuklein verursacht werden“, berichtet die Universitätsmedizin Göttingen. Durch die Interaktion der Proteine werde eine Signalkaskade in Gang gesetzt, die zu einer Fehlregulation des Calcium-Haushalts und einer Fehlfunktion der Synapsen von Nervenzellen im Gehirn führt. Bei einer Inaktivierung des Proteins durch genetische Manipulation oder durch den Einsatz von Antikörpern werden die toxischen Effekt der alpha-Synuklein-Oligomere jedoch aufgehoben, erläutern die Wissenschaftler. „In einem Maus-Modell für Parkinson bleiben die synaptischen und kognitiven Defizite aus, wenn dieser Signalweg blockiert wird“, betonen Prof. Tiago und Kollegen. Dies eröffne völlig neue Ansätze für die Parkinson-Therapie. (fp)
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