Bio-Stents führen häufiger zu weiteren Herzinfarkten als Metall-Stents
Vielen Herzpatienten wird aufgrund ihrer Erkrankung ein sogenannter Stent eingesetzt. Diese „Gefäßstützen“ sorgen für eine mechanische Stabilisierung der Gefäßwand. Seit einigen Jahren werden auch biologisch abbaubare Stents verwendet. Doch Forscher aus der Schweiz stellten nun fest, dass sich durch diese das Herzinfarkt-Risiko erhöht.
Stabilisierung der Gefäßwand
Bei verengten Blutgefäßen und Arterienverkalkung am Herzen gehört das Einsetzen von Stents zur Standardtherapie. Auch Personen mit einer Koronaren Herzkrankheit oder Schlaganfall-Patienten wird häufig eine solche „Gefäßstütze“ eingesetzt. Vor einigen Jahren hat sich jedoch in einer Untersuchung gezeigt, dass manche diese medizinischen Implantate die Gefahr für einen weiteren Schlaganfall erhöhen können. Und nun berichten Wissenschaftler aus der Schweiz, dass Bio-Stents das Herzinfarkt-Risiko erhöhen.
Idealer Stent zur Behandlung von verengten Herzkranzgefäßen
Seit dem ersten erfolgreichen Einsatz eines Ballonkatheters 1977 suchen Forscher weltweit den idealen Stent zur Behandlung von verengten Herzkranzgefäßen.
Große Hoffnungen lagen auf einem 2011 zugelassenen Polymer-Stent aus Milchsäure, der sich innerhalb von drei bis vier Jahren komplett auflöst.
„Die bislang eingesetzten Stents helfen dem Patienten zwar gut, bleiben aber auch für den Rest des Lebens im Gefäß“, erklärte der Direktor der kardiologischen Universitätsklinik des St. Josef-Hospitals in Bochum, Prof. Dr. Andreas Mügge vor Jahren in einer Pressemitteilung.
„Es freut uns, zukünftig erkrankte verengte Gefäße so behandeln zu können, ohne langfristig Rückstände zu hinterlassen. Wir geben dadurch dem Gefäß die Möglichkeit, sich zu regenerieren“, so der Mediziner zu den Stents die sich selbst auflösen.
Doch aktuelle Studien zeigen nun, dass der biologisch abbaubare Stent sein Versprechen nicht einlöst, sondern sogar mittelfristig das Risiko weiterer Herzinfarkte erhöht. Kardiologen der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital Bern fanden nun heraus, warum das so ist.
Produkt wurde weltweit vom Markt genommen
Laut einer Mitteilung der Forscher hoffte man ursprünglich, durch den Bio-Stent würden Irritationen der Gefäßwand weniger häufig auftreten, da mit dem Implantat kein Fremdkörper im Gefäß verbleibt. Das Gefäß sollte sich selbst regenerieren.
Die jüngsten Studien zum Stent zeigen nun jedoch, dass Bio-Stents zu bedeutend mehr Komplikationen führen – insbesondere auch mehr als ein Jahr nach der Implantation.
Als Folge nahm der Hersteller das Produkt vor wenigen Wochen weltweit vom Markt.
Fragmente des Stents können in den Blutstrom fallen
Warum Komplikationen auftraten, war zunächst unklar. Nun haben Forscher des Inselspitals unter Leitung des Kardiologen Prof. Dr. Lorenz Räber die Ursache entdeckt.
Die Kardiologen des Berner Universitätsspitals hatten in Zusammenarbeit mit Universitäten aus Europa und Asien 36 Patienten und Patientinnen untersucht, die späte Bio-Stent-Verschlüsse, also über ein Jahr nach Implantation, erlitten hatten.
Erst mittels optischer Kohärenztomographie, einem Bildgebungsverfahren, das nahezu mikroskopische Bilder aus dem Inneren der blockierten Gefäß liefert, wurde die Ursache sichtbar:
„Die Befunde haben uns überrascht“, sagt Lorenz Räber. „Obwohl die Stents korrekt implantiert wurden, sahen wir Einbrüche des Stentgerüsts ins Innere des Gefässes.“ Eigentlich macht der Stent das, wofür er konzipiert wurde: Er löst sich in einzelne Fragmente auf.
„Sind diese Fragmente aber noch nicht vollständig in die Gefässwand eingewachsen, können sie im Rahmen des Auflösungsprozesses in den Blutstrom fallen. Dort führt dies zu einer gefährlichen Gerinnselbildung und damit zum Herzinfarkt.“
Blutverdünner essentiell
„Als direkte Konsequenz dieser Resultate empfehlen wir unseren Patienten mit solchen Stents, die Blutverdünnung mit zwei Plättchenhemmern weiterzuführen. Und zwar über drei bis vier Jahre anstelle von normalerweise einem Jahr“, erklärt Räber.
„So schützen wir die Bio-Stent-Träger vor unerwarteten Gefässverschlüssen.“
Die Erkenntnisse der Studie, die im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht wurde, sind laut den Wissenschaftlern auch wichtig, um Nachfolgemodelle zu verbessern.
Dünnere Stentstreben und eine schnellere Auflösung wären wichtige Verbesserungen, um die aktuellen Probleme zu lösen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.