Reaktion des Immunsystems: Darmbakterien können Autoimmunkrankheiten auslösen
In einer aktuellen Studie hat sich gezeigt, dass spezielle Darmbakterien eine Reaktion des Immunsystems auslösen, die in gewissen Fällen zu autoimmunen Krankheiten führen kann. Der entdeckte Mechanismus könnte dabei helfen, einen neuen Ansatz gegen chronisch-entzündliche Darmkrankheiten und andere autoimmune Erkrankungen zu entwickeln.
Darmbakterien haben eine großen Einfluss auf unsere Gesundheit
Darmbakterien spielen für unsere Gesundheit eine wichtige Rolle. Unter anderem verhindern sie Infektionen und signalisieren dem Immunsystem, was es bekämpfen soll. Zudem unterstützen sie die Verdauung und können gegen Übergewicht helfen. Allerdings sind manche Darmbakterien laut Forschern auch Auslöser des Jo-Jo-Effekts und können Übergewicht auslösen. Und in einer Studie der Universität Bern (Schweiz) und der University of Calgary (Kanada) hat sich nun gezeigt, dass spezielle Darmbakterien eine Reaktion des Immunsystems auslösen, die in gewissen Fällen zu autoimmunen Krankheiten führen kann.
Neue Therapiemöglichkeiten bei autoimmunen Erkrankungen
Forscher um Andrew Macpherson und Kathy McCoy vom Department for BioMedical Research (DBMR) und der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital Bern haben eine Funktion von Darmbakterien entdeckt, die bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eine wichtige Rolle spielt.
Gemeinsam mit Forschenden der University of Calgary, Kanada, beschreiben sie einen neuen Mechanismus bei Darmbakterien, der entzündungsfördernde Zellen reguliert.
„Zum ersten Mal konnte nachgewiesen werden, dass spezielle Darmbakterien das Immunsystem und damit auch autoimmune Krankheiten beeinflussen“, so Andrew Macpherson in einer Mitteilung.
Damit eröffnen sich neue Therapiemöglichkeiten bei autoimmunen Erkrankungen wie chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten (sogenannte Inflammatory Bowel Diseases, IBD). Die Studie wurde im Fachjournal „Cell“ veröffentlicht
Zu starke Immunreaktion
Sogenannte Bakteroiden, eine spezielle Form von Darmbakterien, leben in Symbiose mit dem Menschen und mit Säugetieren.
Sie produzieren ein bestimmtes Protein, Integrase, das chronisch-entzündliche Darmkrankheiten verhindert, indem es weiße Blutzellen alarmiert und dazu bringt, Zellen zu zerstören, die chronisch-entzündliche Darmkrankheiten hervorrufen können.
„Wir vermuten, dass dieser Mechanismus bei den meisten Menschen das Entstehen dieser Krankheiten verhindert“, erklärte Kathy McCoy.
Bei dieser „Alarmierung“ durch das Protein Integrase gibt es jedoch eine Kehrseite: bei einigen Menschen schießen die weißen Blutzellen in ihrem Kampf gegen Zellen, die IBD verursachen könnten, über das Ziel hinaus.
Diese überschießende Immunreaktion löst schließlich erst Darmkrankheiten aus. Auch andere autoimmune Krankheiten wie Diabetes werden durch eine Überreaktion von weißen Blutzellen verursacht.
„Macht“ der Darmbakterien nutzen
„Indem wir zeigen konnten, wie Integrase auf das Immunsystem wirkt, wird zum ersten Mal deutlich, wie Darmbakterien chronisch-entzündliche Darmkrankheiten beeinflussen“, sagte McCoy.
„Wir haben spezifisch IBD untersucht, aber es ist zu vermuten, dass es weitere Proteine im Darm gibt, die ähnlich funktionieren wie Integrase und andere autoimmune Krankheiten wie Diabetes auslösen können“, ergänzte Francesca Ronchi vom DBMR und Inselspital, Ko-Erstautorin der Studie.
Bei solchen Proteinen könnte angesetzt werden, um die „Macht“ der Darmbakterien zu nutzen und gegen chronisch-entzündliche Darmkrankheiten und andere autoimmune Erkrankungen vorzugehen. (ad)
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