Die Jägervereinigung Oberhessen warnt, Waschbären könnten Spulwürmer auf Menschen übertragen und so Menschen gefährlich werden und fordert auch deshalb, den Waschbären “effektiv zu bejagen”. Biologen und Naturschützer halten dies für reine Propaganda, um Waschbären abzuschießen.
“Angst schüren, Hass verbreiten”
So schreibt die 1. Vorsitzende von “Schutz der Waschbären e.V”.:” Es ist unglaublich, was der DJV sich herausnimmt. Angst schüren, Hass fördern zwischen Mensch und Tier! Die Kluft wird immer größer. Wenn wir Menschen es weiterhin hinnehmen und ungeprüft alles glauben, verlieren wir komplett die Verbindung zu den Tieren in der Natur.”
Hauptsache abschießen?
Die Naturschützerin sieht Jagdverbände auch über andere Tiere Fake-Horrornews verbreiten, um so deren Vernichtung zu rechtfertigen: “Der Fuchs hat den bösen Fuchsbandwurm, das Wildschwein frisst die Maisfelder leer, das Reh knabbert die Bäume an, der Wolf frisst Schafe und Menschen! Nebenbei schießt man aber auch noch das selten gewordene Rebhuhn und den unter Schutz stehenden Hasen. Ach, die unheimlichen Krähen nicht zu vergessen… paar Schwäne, Hunde und Katzen müssen natürlich auch mal sein.”
Wie gefährlich ist der Waschbärspulwurm?
Der Waschbärenschutz schreibt: “Der Waschbärspulwurm ist nicht mehr oder weniger gefährlich als der vom Hund oder der Katze! Wo ist die Gefahr, sich eher anzustecken? Schließlich muss man dazu die mit dem Kot ausgeschiedenen Eier essen. Das gestaltet sich schon schwieriger beim Waschbären?
Es sind in über 80 Jahren lediglich 3 Fälle bekannt geworden, und es waren Jäger die sich kontaminiert haben.”
Zwischenwirte
Zwischenwirte des Waschbären-Spulwurms sind besonders Nagetiere wie Mäuse, Eichhörnchen, Kaninchen und Vögel. Bei Haustieren gilt das zum Beispiel für Hühner oder Meerschweinchen.
Waschbär-Toiletten
Um eine Infektion zu vermeiden, können sie “Waschbär-Toiletten” aus dem Weg gehen, so wie die meisten Menschen auch nicht in der Katzentoilette herumwühlen, ohne sich danach die Hände zu waschen. Waschbären machen ihre Haufen an den immer gleichen erhöhten Stellen – in der Natur auf Ästen, im Garten auch auf Holzstapeln oder Dachböden. Besonders Kinder sollten Sie von solchen “Klos” fernhalten.
Was passiert bei einer Infektion mit Waschbär-Spulwürmern?
Der Mensch ist für die Larven des Waschbär-Spulwurms ein Fehlwirt. Damit diese in das Körpergewebe eindringen können, müssen Menschen große Mengen der Eier durch den Mund aufnehmen. Selbst dann treten meist keine Symptome auf. Kommt es doch zu Folgen, bestehen diese vor allem in leichtem Fieber. Extremst selten können sich Erkrankungen des Zentralnervensystems entwickeln. Nur in den USA gab es in mehreren Jahrhunderten eine Handvoll solcher Fälle bei Kleinkindern. Die Risiken gelten genau so für die Spulwürmer von Katzen oder Hunden.
Risikogruppen
Risikogruppen sind Förster, Jäger, Waldarbeiter, Präparatoren, die tote Waschbären ausstopfen, Tierpfleger, Waschbärenhalter und Gartenbesitzer, die Waschbären als Mitnutzer haben. Auch bei diesen ist allerdings die Gefahr, sich zu infizieren, äußerst gering. Nanu Rose ergänzt: “Wir haben mehr Kontakt und erheblich intensiver als ein Jäger je haben wird, und noch nie ist ein Päppler oder Waschbärhalter am Spulwurm erkrankt.”
Eine Gefahr?
Eine ähnliche “Gefahr” wie durch den Waschbär-Spulwurm ließe sich für unzählige Tier- und Pflanzenarten halluzinieren. Giftige Pflanzen wie Fingerhut oder Tollkirsche sind für Kinder wesentlich gefährlicher, wenn sie diese, wie es für eine Infektion mit dem Spulwurm nötig wäre, in den Mund stecken. Eichhörnchen und Kaninchen, Schwäne wie Eidechsen – natürliche Lebenwesen tragen bisweilen Erreger in sich, an denen auch Menschen erkranken können.
Die Natur ist voller “Risiken”
Bisher fordert kein Jagdverband, den Blauen Eisenhut (Verzehr führt zu Atemlähmung, Krämpfen und Tod) oder die Engelstrompete (Tod durch Herzversagen) auszurotten, oder Fledermäuse “effektiv zu bejagen” (endemische Form der Tollwut). Es handelt sich bei der von Jagdverbänden postulierten “Gefahr durch den Waschbären-Spulwurm” vermutlich um billige Propaganda mit dem Ziel, mehr Tiere wegzuballern.
Angst und Interesse
Der hessische Jagdverband hat eine Technik der Herrschaft gut verstanden: Panik zu verbreiten und zugleich zu behaupten, das Mittel zu haben, die fantasierte Bedrohung abzuwehren, war und ist ein wirksamer Trick, eigene Interessen durchzusetzen.
Eine Falle?
Der Waschbärenschutz rät: “Lasst Euch nicht ins Bockshorn jagen, oder in diesem Fall vom Jäger in die Falle locken.” Es ließe sich ergänzen: Die Gefahr, von einem Jäger für ein Wildschwein gehalten und tot geschossen zu werden, ist um ein Vielfaches größer als das Risiko, sich durch Waschbären ernste Krankheiten zuziehen: Jährlich sterben mehrere dutzend Menschen in Deutschland bei Jagdunfällen.
(Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.