Kopftransplantation für Frühjahr 2018 in China geplant
Ein italienischer Arzt plant im Frühjahr 2018 in China die erste Kopftransplantation durchzuführen. Rund 100 Experten sollen an dem waghalsigen Unternehmen beteiligt sein. Kritiker warnen vor der Operation. Der Neurochirurg selbst hat offenbar keine ethischen Bedenken.
Fortschritte in der Transplantationsmedizin
Die Transplantationsmedizin hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht. So ist etwa Medizinern 2015 die sensationelle Transplantation einer Schädeldecke gelungen. Und im vergangenen Jahr wurde in den USA die erste Penis-Verpflanzung durchgeführt. Für Aufsehen sorgte auch eine kürzlich erfolgte Operation eines deutsch-italienischen Wissenschaftlerteams, bei der einem Jungen eine fast komplett neue Haut transplantiert wurde. Noch aufsehenerregender ist allerdings das Vorhaben eines italienischen Chirurgen: Er plant die Transplantation eines menschlichen Kopfes.
Menschlicher Kopf soll transplantiert werden
Die Meldung erinnert ein bisschen an den berühmten Film „Frankenstein“, in dem ein Forscher aus mehreren Leichenteilen ein neues Wesen erschafft: Der italienische Neurochirurg Sergio Canavero plant für das Frühjahr 2018, erstmals einen menschlichen Kopf zu transplantieren.
Seinen Plänen zufolge solle der Kopf eines kranken Patienten bei dem weltweit erstmals durchgeführten Eingriff abgetrennt und auf den gesunden Körper eines Hirntoten gesetzt werden.
Schon vor zwei Jahren hatte Canavero gegenüber dem Wissenschaftsmagazin „New Scientist“ erklärt: „Ich denke, wir sind jetzt an dem Punkt, dass alle technischen Aspekte machbar sind.“
Eigentlich war das Vorhaben bereits für 2017 geplant, musste aber wohl deshalb verschoben werden, weil sich der Freiwillige, der Russe Valery Spiridonov, der aufgrund eines seltenen Gendefekts an Muskelschwund leidet, umentschieden hat.
Versuche mit Tieren
In der Vergangenheit gab es bereits mehrere ähnliche Versuche an Tieren. So erschuf etwa der russische Mediziner Vladimir Demikhov in den 1950er-Jahren einen zweiköpfigen Hund.
Und Professor Robert White vom Metro Health Medical Center in Cleveland in Ohio transplantierte 1970 einen Affenkopf. Die Versuchstiere lebten allerdings nach den Eingriffen in der Regel nur wenige Tage.
2013 war es dem Chinesen Ren Xiaoping gelungen, einen Mäusekopf zu transplantieren. Er erklärte, dass das Experiment von Canavero auf seinem Grundlagenwissen aufbaue.
„Er hat mich kontaktiert und um Rat für die Operation gefragt“, sagte der Forscher der chinesischen „Volkszeitung“.
Der chinesische Wissenschaftler soll zudem im Jahr 2016 einem Rhesusaffen einen fremden Körper transplantiert haben. Berichten zufolge konnte der Affe aber seinen Körper nach der Operation nicht bewegen. Er musste nach 20 Stunden eingeschläfert werden.
Da die Studie bislang nicht publiziert wurde, zweifeln Kritiker an der Seriosität der Informationen.
Kopftransplantation an einem Verstorbenen durchgeführt
Gemeinsam mit dem Kollegen Xiaoping Ren von der „Harbin Medical University“ will Canavero nun die menschliche Kopftransplantation in China durchführen.
Der italienische Arzt, der zusammen mit dem Herausgeber und Chefredakteur des Magazins „OOOM“, Georg Kindel, das Buch „Medicus magnus – Die Revolution der Medizin und wie wir sie für uns nützen“ verfasst hat, sprach bei der Vorstellung des Werks in Wien über sein Vorhaben.
Den Angaben zufolge wurde bereits eine Kopftransplantation an einem Verstorbenen durchgeführt. Während der 18-stündigen Operation konnten demnach Wirbelsäule, Nerven und Blutgefäße eines abgetrennten Kopfes wieder verbunden werden.
Im Frühjahr 2018 soll nun ein Chinese der erste Mensch sein, dem ein Kopf transplantiert wird.
Laut Medienberichten werden an dem Eingriff insgesamt 100 Experten, darunter zwölf Chirurgen, beteiligt sein.
Kritiker waren vor der Operation
Zwar meinen Fachleute, Canavero und Ren werden die Abstoßungsreaktionen ganz gut mit Medikamenten in den Griff bekommen, doch sie bezweifeln, dass es möglich sein wird, den Kopf ohne Hirnschäden zu verpflanzen.
Die größte Hürde besteht wohl darin, die durchtrennten Nervenfasern im Rückenmark des Patienten wieder zu verbinden. Canavero meint, er könne die Verletzungen reparieren, wenn er die Schäden an den Nerven durch einen geraden, scharfen Schnitt möglichst gering hält.
Die Lücke zwischen den Fasern will er mit der Chemikalie Polyethylenglykol (PEG) füllen. Diese Methode hatte in einem Versuch die Nervenfasern querschnittsgelähmter Ratten wieder zum Wachsen angeregt.
Sie konnten sich anschließend zwar besser bewegen als zuvor, zusammengewachsen sind ihre Nervenfasern jedoch nicht.
Menschen nehmen ihr Schicksal in die Hand
Zwar kritisieren andere Wissenschaftler, das Vorhaben Canaveros als „unethisch“, der italienische Chirurg teilt diese Ansicht jedoch nicht.
Anfang 2016 veröffentlichten Canavero und Ren einen Brief im Fachmagazin „Surgical Neurology International“, in dem sie Kritikern vorwarfen, über das Vorhaben zu urteilen, ohne richtig Bescheid zu wissen.
Die Natur habe lange unser Leben bestimmt, nun nähmen die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand, so der Forscher, der auch meint, dass das geplante Experiment Anhaltspunkte dafür liefern könne, wo die „Seele“ sitzt.
Vor allem aber gehe es darum, Patienten zu helfen.
„Wir wollen Menschen kurieren, die keine Linderung in der Medizin gefunden haben“, so Canavero in einem älteren Interview mit dem österreichischen Internetportal „futurezone“.
Er räumte damals aber auch ein: „Das Risiko, dass der erste Patient stirbt, besteht. Wir wissen nicht, wie gut die abstoßungsunterdrückenden Medikamente wirken. Eine normale Lebenserwartung wird er nicht haben, das gilt aber für alle Formen der Organtransplantation.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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