Arthroskopie laut aktuellen Studien ohne signifikanten Nutzen
Viele Menschen entwickeln im Alter Knieprobleme wie einen Gelenkverschleiß oder Schädigungen des Meniskus, die sie zunehmend beeinträchtigen. Hier verspricht die Arthroskopie (minimal-invasive Knieoperation) Abhilfe gegen die chronischen Knieschmerzen, doch warnt das renommierte Fachmagazin „British Medical Journal“ (BMJ (pdf)) im Rahmen der Kampagne „Too much Medicine“ vor dem zweifelhaften Nutzen der Arthroskopie. Forscher in Dänemark und Schweden hätten die Ergebnisse von 18 Studien zu dem Nutzen und Schaden der arthroskopischen Chirurgie überprüft und dabei keine signifikanten Vorteile des Eingriffs feststellen können, berichtet das „BMJ“. Zudem bestehe das Risiko schwerer Nebenwirkungen.
Die Knieoperationen in Form der Arthroskopie zählen in den modernen Industrienationen zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen. „Über 700.000 Knie-Arthroskopien werden in den USA und 150.000 in Großbritannien jedes Jahr an Patienten mittleren und gehobenen Alters mit anhaltenden Schmerzen im Knie durchgeführt“, berichtet das „BMJ“. Doch die Beweise für den Nutzen der arthroskopischen Chirurgie seien schon immer schwach gewesen. Die aktuelle Studie erkenne hier keinen relevanten zusätzlichen Nutzen für die Chirurgie gegenüber nicht-invasiver Behandlungen, doch seien viele Spezialisten bis heute von deren Vorteilen überzeugt.
Studienergebnisse unterstützen nicht den Einsatz der Arthroskopie
Den Angaben des „BMJ“ zufolge erkannten in der aktuellen Auswertung neun randomisierte Studien mit insgesamt 1.270 Patienten leichte Vorteile der Chirurgie, wobei das Alter der Patienten von 48 bis 63 Jahren reichte und der Studienzeitrum zwischen drei und 24 Monaten lag. Insgesamt sei die Arthroskopie mit einem kleinen, aber signifikanten Effekt auf die Schmerzen nach drei und sechs Monaten (aber nicht mehr) im Vergleich zu den Kontrollbehandlungen assoziiert gewesen. In Bezug auf die körperliche Funktion hätten sich keine signifikanten Vorteile ergeben. In weiteren neun Studien wurde laut „BMJ“ über seltene Schäden infolge des Eingriffs berichtet, wobei die tiefe Venenthrombose (DVT) die häufigste Nebenwirkung gewesen sei – gefolgt von Infektionen, Lungenembolien und auch Todesfällen. „Interventionen in Form der Arthroskopie sind mit einem geringen zugeordnet Nutzen und Schaden verbunden“, berichten die Wissenschaftler. Der Nutzen sei zudem in jedem Fall deutlich geringer, als bei der Bewegungstherapie. „Diese Ergebnisse unterstützen nicht die gängige Praxis der arthroskopischen Chirurgie als Behandlung für Patienten im mittleren oder gehobenen Alter“, so das Fazit der Forscher.
Abkehr von der bislang üblichen Praxis gefordert
„Es ist schwierig, eine Prozedur zu unterstützen oder zu rechtfertigen, die das Potenzial für schwere Schäden hat, solange dieses Verfahren den Patienten nicht mehr Nutzen bringt als ein Placebo“, kommentiert Professor Andy Carr von der Universität Oxford in einem begleitenden Editorial die aktuellen Ergebnisse. Zahlreiche Menschenleben könnte gerettet und tiefe Venenthrombosen verhindert werden, wenn die Arthroskopien gestrichen oder verringert würden, so Professor Carr weiter. Seiner Einschätzung nach befindet sich die Medizin kurz vor einem Wendepunkte und wenn dieser erreicht sei, werde eine rasche Abkehr von der bislang üblichen Praxis erfolgen. Ohnehin lassen sich mit Bewegungstherapie, manuellen Therapien wie Osteopathie oder Rolfing und verschiedenen alternativmedizinischen Ansätzen die chronischen Kniegelenkschmerzen in vielen Fällen durchaus erfolgreich eindämmen. Eine Operation ist hier daher nicht erforderlich. (fp)
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