Mythos oder Wahrheit? Was ist dran an den vermeintlichen Ursachen für Gelenkschmerzen?
Millionen Bundesbürger leiden an Gelenkschmerzen. Betroffene behaupten manchmal, die Beschwerden kämen von einer Übersäuerung des Körpers. Auch Übergewicht und feuchtes Wetter werden als Gründe für die Schmerzen genannt. Doch welche Annahmen sind nun richtig und bei welchen handelt es sich nur um Mythen? Experten haben Antworten.
Millionen Menschen leiden an Gelenkschmerzen
Gelenkschmerzen sind weit verbreitet. Betroffen sind meist Hände, Knie und Hüfte. Als Gründe für die Beschwerden gelten unter anderem eine Übersäuerung des Körpers, Wetterfühligkeit oder Übergewicht. Doch sind dies tatsächlich Ursachen für Gelenkschmerzen? Die Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) nimmt Stellung zu gängigen Annahmen.
Verursacht Übersäuerung Arthrose?
Experten zufolge ist Arthrose die häufigste Gelenkerkrankung. Oft wird behauptet, dass Betroffene unter anderem kein Fleisch und wenig Käse essen sollen. Denn solche Lebensmittel sorgen für eine Übersäuerung des Körpers und diese soll Arthrose begünstigen.
Die AGA erklärt dazu in ihrer Mitteilung: Von einer Übersäuerung des Körpers spricht man, wenn durch eine einseitige Ernährung mit viel Fleisch, Wurst, Käse, Getreideprodukten sowie Süßigkeiten und wenig Gemüse und Obst die Säurelast im Körper stark ansteigt.
Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Verstoffwechslung der Lebensmittel. Eiweißhaltiges wie Fleisch, Fisch, Eier, aber auch Getreideprodukte wie Brot, Kuchen, Kekse sowie Alkohol, Kaffee und Zucker sind säurebildend, während Obst und Gemüse in der Regel basenbildend wirken.
Muss der Körper dauerhaft sehr viele Säuren ausscheiden, steigt unter anderen der Wert des Stresshormons Cortisol. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann sich wiederum negativ auf die Knochen auswirken und zu Osteoporose (Knochenschwund) führen – eine der Ursachen für Arthrose (Gelenkverschleiß).
Auch wenn der Zusammenhang komplex ist und es neben der Osteoporose noch viele andere Gründe für Arthrose gibt, empfiehlt sich eine ausgewogene Ernährung zur Vorbeugung von Knochenerkrankungen auf jeden Fall, so die AGA.
Gelenkverschleiß durch zu viel Bewegung?
Ein gesunder Knochen kann bis ins hohe Alter dauerhaft belastet werden. Bewegung ist grundsätzlich genau das, was der Knochen braucht, um gesund zu bleiben. Findet diese nicht ausreichend statt, nimmt der Wasseranteil im Gewebe ab und der Knorpel wird weniger elastisch.
Die Folge: Es entstehen zunächst oberflächliche Aufrauhungen, die ab einem bestimmten Grad immer schneller zunehmen. Daraus kann sich dann die gefürchtete Gelenksarthrose entwickeln.
Auch Gelenkinfektionen, Autoimmunerkrankungen oder Mangelernährung können diese krankhaften Prozesse auslösen.
Vorsicht ist jedoch bei Schädigungen des Knochens geboten. Durch Fehlstellungen oder in Folge von Verletzungen kann eine Arthrose entstehen, die durch belastenden Kontaktsport (z.B. Fußball, Handball, Basketball) oder durch Stop and Go-Sportarten (z.B. Tennis, Step-Aerobic, Squash) verstärkt wird.
Fördert zu wenig Bewegung Gelenkverschleiß?
„Bei Gelenkproblemen gilt der sportliche Grundsatz: viel bewegen, wenig belasten“, erklärte Prof. Dr. Andrea Meurer, stellvertretende Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) in einer Mitteilung.
„Ideal sind zyklische Bewegungen, die das Gelenk ohne Krafteinsatz gleichmäßig durchbewegen“, so die Medizinerin.
Unter anderem Radeln und Schwimmen sind Sportarten, die bei Arthrose sinnvoll sind.
Bewegung kann zudem Gelenkverschleiß vorbeugen. Nicht umsonst heißt es: Wer rastet der rostet“. Ab dem Alter von 30 Jahren fängt der Körper an, Muskelmasse abzubauen, schreibt die AGA.
Bewegung und Sport sind also zwingend nötig, um den Körper fit zu halten. Wer sich Jahre lang gehen lässt und so den Körper schwächt, schont seine Knochen nicht, sondern belastet sie zusätzlich.
Was paradox klingen mag, liegt darin begründet, dass die Muskeln das Knochenskelett tragen und somit vor Verschleiß schützen. Wer nach langer Pause wieder Sport treiben will, muss seine Muskeln langsam an die jeweilige Belastung gewöhnen.
Eine dauerhafte Überforderung der Gelenke aufgrund fehlender Stützmuskulatur kann zu kleinen Rissen im Knorpel führen und so eine Arthrose auslösen.
Vorsicht ist übrigens auch bei starken Diäten geraten: Der Körper reagiert auf den plötzlichen Kalorienentzug mit einem Notprogramm und baut Muskulatur ab, um in Zukunft weniger Energie zu verbrauchen.
Wer also abnehmen will, sollte auf Proteine in der Diät achten und ausreichend Sport treiben.
Wetter in den Knochen zu spüren
Viele Menschen sind wetterfühlig und spüren einen kommenden Regen oder ein Gewitter schon Stunden vorher. Zu den gängigen Symptomen gehören neben Kopfschmerzen, Müdigkeit und Gereiztheit vor allem auch Glieder- und Muskelschmerzen.
Nachdem man lange Zeit Oma, Tante oder Onkel bei ihren Klagen belächelt hat, weiß man heute mehr über die möglichen Zusammenhänge.
Auch Forscher haben sich in Studien damit beschäftigt, wie sich schlechtes Wetter auf Schmerzen auswirkt.
Eine Theorie besagt, dass Schmerzempfindungen nicht auf Regen, Nässe und Kälte folgen, sondern auf Veränderungen im Luftdruck zurückzuführen sind. Der Luftdruck ist das uns umgebende Gewicht der Atmosphäre.
Dieser Druck komprimiert das Gewebe im Körper. Fällt der Luftdruck, kann sich das Gewebe stärker ausdehnen und drückt in der Folge auf die Gelenke – was sich als Schmerz bemerkbar machen kann.
Noch sind die Zusammenhänge nicht wissenschaftlich bewiesen, aber es gibt Tipps zur tatsächlich empfundenen Wetterfühligkeit:
Wärme hilft, z.B. Wärmepads in den Handschuhen, Lagenkleidung, Anschwellen von Gliedmaßen verhindern, z.B. durch Bewegung oder nächtliches Tragen von Kompressionshandschuhen, Aufwärmen bevor man in die Kälte geht – und gute Laune behalten: Das Gehirn kann viele Empfindungen überbrücken!
Übergewicht belastet die Gelenke
Übergewicht ist eine der wichtigsten Ursachen für den Gelenkverschleiß. Bereits fünf Kilo Übergewicht verdoppeln das Risiko einer Knie-Arthrose.
Neben dem Knie ist vor allem auch die Hüfte betroffen. Beide Gelenke tragen die Hauptlast des Übergewichts und müssen trotzdem für Stabilität und Beweglichkeit sorgen. Kommt Bewegungsmangel hinzu, fehlen langfristig auch die stützenden Muskeln.
Der Knorpel verliert an Elastizität und kann den Knochen immer weniger schützen, warnen die Experten der AGA – Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie.
Zur Einschätzung des Gewichts empfiehlt sich der BMI-Rechner. Bis zu einem Wert von 24,9 ist man im Bereich des Normalgewichts.
Die gute Nachricht für ältere Menschen: Nach einer amerikanischen Langzeit-Studie darf das Gewicht im Alter etwas höher sein. Menschen, die 80 Jahre und älter waren, lebten mit einem BMI zwischen 25 und 29,9 länger. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.