Neue Erkenntnisse zur Vorbeugung von Herzmuskelschwäche
Die Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) ist eine der häufigsten Krankheiten mit Todesfolge. Forscher haben nun neue Erkenntnisse zur Vorbeugung der Erkrankung gewonnen. Sie hoffen, dass dadurch bald ein wirkungsvolles Verfahren für die Behandlung der Herzschwäche zur Verfügung steht.
Eine der häufigsten Erkrankungen mit Todesfolge
Die Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) betrifft weltweit mehr als 20 Millionen Menschen und ist eine der häufigsten Erkrankungen mit Todesfolge. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder über neue Ansätze zur Behandlung von Herzschwäche berichtet. So stellten etwa Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) fest, dass manchen Patienten mehr Eisen helfen könnte, da es das Herz belastbarer macht. Forscher aus Göttingen haben nun neue Erkenntnisse zur Vorbeugung von Herzmuskelschwäche bedingt durch Bluthochdruck- und Herzklappenerkrankungen gewonnen. Sie hoffen, dass dadurch bald ein wirkungsvolles Verfahren für die Behandlung der Herzschwäche durch Hypertrophie zur Verfügung steht.
Herzmuskelzellen sterben ab
Hypertrophie, die Verdickung des Herzmuskels durch Zellvergrößerung, ist bei Leistungssportlern als „Sportlerherz“ bekannt, heißt es in einer Mitteilung der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).
Sie bezeichnet eine natürliche und umkehrbare Anpassungsreaktion des Herzens auf den dauerhaften und verstärkten Trainingsreiz.
Davon zu unterscheiden ist eine krankhafte Herzwandverdickung als Folge einer anhaltenden Druckbelastung, die beispielsweise durch Bluthochdruck oder eine Herzklappenerkrankung, der Aortenstenose, ausgelöst wird.
Dabei handelt es sich um eine ernsthafte Erkrankung, die zu einer Verschlechterung der Herzfunktion, zu Herzinsuffizienz und Herzversagen führen kann.
Verursacht wird die Herzschwäche unter anderem durch das Absterben von Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten).
Da sich die Herzmuskelzellen im Erwachsenenalter nicht mehr teilen können und somit kein Ersatz der abgestorbenen Herzmuskelzellen möglich ist, führt der Verlust zu einer sinkenden Herzfunktion und zur Bildung von Narbengewerbe.
Deutlich verlängerte Überlebensrate
Forschern der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und der Indiana University School of Medicine, USA, ist es nun gemeinsam gelungen, in einem Mausmodell die Zellteilung in erwachsenen Herzmuskelzellen erneut zu aktivieren.
Diese Fähigkeit konnte bei einer Druckbelastung des Herzens einer Herzschwäche vorbeugen und die Überlebensrate deutlich verlängern.
Die Kompensation der Belastung erfolgt durch eine Herzwandverdickung, die durch die Vermehrung der Herzmuskelzellen anstatt durch die Vergrößerung des Volumens der einzelnen Herzmuskelzellen hervorgerufen wird und eine Narbenbildung verhindert.
„Interessanterweise konnte durch die Vermehrung der Zellzahl teilweise sogar bestehendes Narbengewebe wieder verringert werden. Dies stellt einen spannenden Ansatz für eine bereits bestehende Herzinsuffizienz dar“, erklärte Priv-Doz. Dr. Karl Toischer, Oberarzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Erstautor der Studie.
In der Arbeit der Göttinger Wissenschaftler wurden molekulare Mechanismen, die für die Teilungsfähigkeit der Herzmuskelzelle erforderlich sind, eingehend analysiert und identifiziert.
Die Untersuchung liefert neue Erkenntnisse zur Verhinderung der Entwicklung einer Herzinsuffizienz bei Bluthochdruck- und Herzklappenerkrankungen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht.
„Wir arbeiten jetzt an Therapieverfahren im Tiermodell, die die Herzmuskelzelle in die Lage versetzen, sich zu teilen“, so Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Letztautor der Studie, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Vorsitzender des Herzzentrums Göttingen.
„Da vermehrte Teilungsfähigkeit der Zellen grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für Tumorentwicklung beinhaltet, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Teilungsfähigkeit der Herzmuskelzellen kontrollierbar ist.“
Hoffnung auf neues Verfahren für die Behandlung der Herzschwäche
Schon in vorherigen Arbeiten konnten amerikanische Forscher zeigen, dass die zielgerichtete Bildung des Proteins Cyclin D2 ausreicht, um die Erzeugung von Herzzell-DNA in genetisch veränderten Mäusen nach einem Herzinfarkt zu aktivieren.
Die daraus resultierende Zellteilungsaktivität der Herzzellen war dabei schon ausreichend, um die Konstitution und Funktion des Herzens bei erwachsenen Mäusen nach einem Herzinfarkt zu verbessern.
Unklar blieb aber, ob dieser Therapieansatz auch für andere Arten der Herzinsuffizienz möglich ist. Bei Herzklappenerkrankungen kommt es entweder zu einer Druckbelastung, wenn das Herz gegen die verengte Klappe arbeiten muss (Aortenstenose), oder zu einer Volumenbelastung, wenn bei einer undichten Klappe zu viel Blut ins Herz zurückfließt (Aorteninsuffizienz).
In einer vorangegangenen Göttinger Studie konnte gezeigt werden, dass die Mausmodelle ein erhöhtes Blutvolumen im Herzen besser kompensieren konnten als eine erhöhte Druckbelastung.
Die nun veröffentlichte Studie wurde durchgeführt, um festzustellen, ob die Aktivierung der Herzzellteilung durch das Protein Cyclin D2 in Mausmodellen bei erhöhter Volumen- und Druckbelastung ähnliche Resultate erzielt.
Die Daten zeigen, dass das Niveau der Kardiomyozyten-Zellteilungsaktivität im Mausmodell bei intensiviertem Druck steigt, was wiederum zu einer erhöhten Kardiomyozytenzahl und einer erhöhten Wanddicke trotz abgeschwächter Zellvergrößerung führt.
Dies wiederum verhindert Herzversagen und verbessert das Überleben der Mäuse. Im Gegensatz dazu erhöhte sich bei gesteigerter Volumenbelastung weder das Niveau der Herzzellerneuerung, noch verbesserte sich die Prognose der Testmäuse.
„Die Ergebnisse dieser Studie machen Hoffnung, dass uns in absehbarer Zeit ein neues, wirkungsvolles Verfahren für die Behandlung der Herzschwäche durch Hypertrophie zur Verfügung steht. Wir verfolgen dieses Projekt mit Hochdruck und wollen es schnellstmöglich in die klinische Anwendung bringen“, sagte Prof. Gerd Hasenfuß. (ad)
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