Aktuelle Trends raten zum zeitweisen Zucker-Fasten
Zucker ist allgegenwärtig. Bei vielen industriellen Getränken und Lebensmitteln wie Süßigkeiten, Schokolade, Kuchen, Teigwaren und Keksen gehört Zucker zu den Hauptbestandteilen. Doch er verbirgt sich nicht nur in Süßigkeiten. Auch Obst, in Form von Fruktose, und Milch, in Form von Laktose, enthalten Zucker. Weitere Zuckerspender sind alkoholische Getränke und kohlenhydratreiche Speisen. Die Kohlenhydrate in Nudeln, Brot, Kartoffeln und Co. werden im Körper zu Zucker umgewandelt. Viele Studien haben sich bereits mit dem Thema befasst. Zucker ist nicht nur schlecht für die Zähne, er kann auch Organen, Haut und Hirn schaden und zu Übergewicht führen.
Nach Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO sollten sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern weniger als 10 Prozent der täglichen Energiezufuhr aus freiem Zuckern stammen. Idealerweise sogar nur weniger als 5 Prozent. „Freie Zucker“ sind alle Zuckerarten, die nicht aus Obst oder Gemüse stammen. Die WHO schätzt, dass jeder Deutsche etwa 87 Gramm Zucker pro Tag zu sich nimmt, was deutlich über der Empfehlung von 25 Gramm liegt. Aktuelle Trends empfehlen den zeitweisen kompletten Verzicht auf Zucker. Beispielsweise schlägt die Gesundheitswissenschaftlerin, Ernährungsexpertin, Food-Bloggerin und Kochbuchautorin Hannah Frey in ihrem Buch „Zuckerfrei: Die 40 Tage-Challenge“ einen 40-tägigen Verzicht vor. Frey verspricht den Teilnehmern der Challenge sich deutlich gesünder und glücklicher zu fühlen.
Wie funktioniert der 40-tägige Verzicht
Laut der Produktbeschreibung des Verlags soll das Zucker-Fasten in zwei Phasen stattfinden. In der ersten Phase emphielt Frey einen „richtigen Cut“ zu machen. Statt den Zucker Schritt für Schritt zu reduzieren oder durch alternative Süßungsmittel zu ersetzen, solle man komplett auf ihn verzichten. Durch den Zuckerentzug gewöhne man sich den süßen Geschmack ab und bekämpfe den Heißhunger auf Süßes. Ziel dabei ist, laut Frey, ein besseres Empfinden für die natürliche Süße von Lebensmitteln zu entwickeln. In der zweiten Phase dürfen dann vollwertige Getreide und stärkehaltige Gemüse mit in den Speiseplan integriert werden. „Die komplexen Kohlenhydrate machen lange satt und stabilisieren den Blutzuckerspiegel“, verspricht der Verlag.
Wie sinnvoll und gesund ist dieser radikale Schritt?
„Unser Körper kann komplett ohne Zucker auskommen. Ein langfristiger, radikaler Zuckerverzicht wäre keine besondere Stresssituation für unseren Stoffwechsel“, erläutert Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke gegenüber „FOCUS Online“. Der Mensch könne auch mit extrem kleinen Kohlenhydratmengen auskommen. „Theoretisch können Sie Obst durch Gemüse ersetzen, Kohlenhydratquellen durch Fleisch und Hülsenfrüchte“, so Kabisch. Allerdings gäbe es kaum Produkte, die komplett frei von Zucker und Kohlenhydraten sind. „Es wäre also unpraktisch und nicht besonders lecker, auf so viele Lebensmittel zu verzichten“, berichtet Kabisch. Außerdem enthalte Obst zwar Fruchtzucker, aber auch andere wichtige Stoffe wie Vitamine.
Warum ist überall so viel Zucker enthalten?
Die WHO hat eine Studie veröffentlicht, in der untersucht wurde, warum die Hersteller und andere Akteure entlang der Versorgungskette so große Mengen Zucker in Lebensmitteln verwenden. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass zur Verringerung des Zuckerkonsums ein Ansatz notwendig wäre, der das gesamte Lebensmittelsystem umfassen würde. Die Hersteller von Lebensmitteln mit hohem Zuckergehalt und auch der Handel hätten gegenwärtig mehr Anreize, weiterhin auf Zucker zu setzen, als seine Verwendung zu begrenzen oder ihn vollständig zu ersetzen. Unter anderem werden als Anreize genannt, dass Zucker immer noch der goldene Standard zum Süßen, die Verfügbarkeit von Zucker sehr hoch und Zucker kostengünstig sei. Hersteller und Handel müssen zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit weiter auf Zucker setzen.
Politikinstrumente gegen Zucker
„Es ist klar, dass aus gesundheitlicher Sicht entschlossene Maßnahmen notwendig sind, um den Zuckergehalt von verarbeiteten Lebensmitteln in der Europäischen Region zu senken“, erklärt Dr. João Breda, Leiter des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten und des Programms für Ernährung, Bewegung und Adipositas beim Regionalbüro für Europa. Der Bericht der WHO untersucht politische Lösungsansätze für die Verbesserung des Nährwerts von Lebensmitteln. Zu diesen Ansätzen zählen die Beschränkung der Vermarktung von Lebensmitteln an Kinder und eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung. Auch mit der Preisgestaltung und Normen für Schulmahlzeiten könne man laut WHO auf das Zucker-Problem einwirken. Insgesamt seien ehrgeizige Strategien zur Reformulierung von Lebensmittelprodukten erforderlich. (fp)
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Wichtiger Hinweis:
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