Experte doziert beim Pharmacon Kongress über Schlafstörungen
Es gibt zahlreiche Störungen des Schlafes und genauso vielfältige Empfehlungen zu möglichen Behandlungen. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland wünscht sich einen erholsameren Schlaf. Regelmäßig zu wenig Schlaf, beziehungsweise eine Schlafstörung, kann gesundheitliche Konsequenzen haben. Wer weniger schläft, hat ein erhöhtes Risiko für metabolische oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Doch nicht immer handelt es sich um eine tatsächliche Schlafstörung. Professor Hans Förstl vom Klinikum Rechts der Isar in München berichtete auf dem „Pharmacon-Kongress“ in Schladming über neueste Erkenntnisse in der Schlafforschung.
Förstl berichtet in seinem Vortrag, dass altersbedingte Veränderungen im Schlaf bei jedem Menschen auftreten. Dies sei kein Grund zur Besorgnis. Studien haben gezeigt, dass die Schlafstadien zwischen Leicht- und Tiefschlafphasen wechseln. Dazwischen liegen die REM-Phasen (rapid eye movement). Diese Schlafphasen sind für die Erholung und Regeneration zuständig. Bei Säuglingen ist noch die Hälfte der Schlafenszeit von dieser Phase geprägt. Mit zunehmenden Alter nimmt diese Phase ab. Laut Förstl dient ausreichend langes Schlafen nicht nur dem Wohlbefinden. Das Zentralnervensystem führe in diesen Phasen umfangreiche und sehr effektive Entgiftungsprozesse durch.
Wie der Schlaf das Gehirn entgiftet
Verantwortlich für den natürlichen Entgiftungsprozess sind laut Förstl die mit Hirnwasser gefüllten Zwischenräume zwischen den Zellen im Gehirn. Diese Räume würden sich im Tiefschlaf erweitern. In Folge können nicht mehr benötigte Stoffwechselprodukte in doppelter Geschwindigkeit aus dem Hirngewebe in die Venen des Gehirns abgegeben werden, wo sie dann abtransportiert werden. Das sei eine mögliche Erklärung dafür, dass gesunder Schlaf einer Demenz im Alter vorgebeugen kann.
Wann wird schlechter Schlaf zur Schlafstörung
„Viele Patienten klagen in der Apotheke über schlechten Schlaf,“ schreibt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in einer Pressemitteilung zu dem Vortag. Das liege auch daran, dass vor allem ältere Menschen das eigene Schlafbedürfnis überschätzen. Eine behandlungsbedürftige Schlafstörung liege allerdings erst vor, wenn Ein- oder Durchschlafstörungen an mindestens drei Nächten pro Woche über mindestens drei Monate bestehen und dies die Patienten während des Tages beeinträchtigt.
Vorsicht vor Schlaf- und Beruhigungsmittel
Förstl warnt in seinem Vortrag vor einer langfristigen Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmittel. Sie würden eher eine betäubende Wirkung entfalten und keinen gesunden Schlaf fördern. Unter diesen Bedingungen sei auch keine entgiftende Wirkung des Schlafes für das Gehirn zu erwarten. Auch das Abhängigkeitspotenzial, insbesondere bei Benzodiazepinen und sogenannten Z-Substanzen, sei groß. „Diese Wirkstoffe stören die Schlafarchitektur und verhindern die Reinigung des Gehirns von Ablagerungen“, erklärt der Experte. Positive klinische Erfahrungen in der Behandlung von Schlafstörungen hat Förstl nach eigenen Angaben mit den Arzneistoffen Quetiapin und Mirtazapin gemacht.
Geeignete Maßnahmen bei Schlafstörungen
Die aktuelle Leitlinie zum Thema Schlafstörungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) empfiehlt eine ausführliche schlafmedizinische Beratung und Verhaltenstherapie. Vorher sei jedoch eine gründliche Diagnose wichtig, um festzustellen, woher die individuellen Schlafprobleme stammen. Förstl rät in seinem Vortrag: „Das Bett ist nur zum Schlafen da.“ Es solle nicht zum Fernsehen oder zum Spielen auf dem Smartphone verwendet werden, da es sonst seine Rolle als gewohnheitsmäßiger Ort der Ruhe und des Schlafens verliere.
Menschen mit schlechter beruflicher Qualifikation sind besonders anfällig
Laut Förstl sind Menschen mit schlechter beruflicher Qualifikation und unsicherer Position besonders anfällig für Schlafstörungen. Auch Menschen, die ständig erreichbar sind, seien zur Risikogruppe zu zählen. Je unqualifizierter und sozial schwächer ein Mensch ist, umso schlechter schlafe er. Bei Arbeitern würden Schlafstörungen häufiger auftreten als bei Akademikern. Föstl warnt zudem vor einem Teufelskreis: „Schlafstörungen machen dick und wer versucht, sie mit ein bis drei Weißbier am Abend oder Kräuterschnäpsen in den Griff zu kriegen, verschlimmert das noch.“ (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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