Überhöhte Aktivität des Stress-Systems bei alleinerziehenden Müttern
Alleinerziehende Elternteile sind im Alltag oftmals mit besondere Herausforderungen konfrontiert, die nicht selten Stress verursachen. Zudem scheint schon alleine die Tatsache, dass eine intakte Familienstruktur fehlt, zu einer überhöhten Aktivität des Stress-Systems zu führen – zumindest bei Mäusen. In einer aktuellen Studie stellten Wissenschaftler der Universität Regensburg und der Emory University in Atlanta (USA) fest, dass sich alleinerziehende Wühlmaus-Mütter ängstlicher und passiver verhalten, da sie eine überhöhte Aktivität des Stress-Systems in ihrem Gehirn aufweisen.
Das Forscherteam unter Leitung von Professor Dr. Oliver Bosch vom Lehrstuhl für Tierphysiologie und Neurobiologie an der Universität Regensburg hat in seiner aktuellen Studie an Prärie-Wühlmäusen untersucht, wie sich die veränderte Familienstruktur auf das Verhalten der Tiere auswirkt und welche Prozesse im Gehirn diesen Auswirkungen zu Grunde liegen. Alleinerziehende Muttertiere waren demnach passiver und ängstlicher im Verhalten, was die Forscher auf einen speziellen Botenstoff zurückzuführen, der bei überhöhter Aktivität des Stress-Systems vermehrt produziert wird. Die Wissenschaftler sehen in ihren Studienergebnissen auch eine Relevanz für den Menschen. Veröffentlicht wurde die Studie in dem Fachmagazin „Behavioural Brain Research“.
Herausforderungen für Alleinerziehende um ein vielfaches höher
„Den eigenen Nachwuchs in einer intakten Familienstruktur großzuziehen ist nicht immer eine leichte Aufgabe“ und „ohne Partner sind die Herausforderungen für die Mutter um ein vielfaches höher“, erläutern die Wissenschaftler. Dies gelte auch bei Prärie-Wühlmäuse, die normalerweise in festen, monogamen Beziehungen leben, bei denen beide Partner sich gleich verantwortlich für die Aufzucht des Nachwuchses zeigen. Verlässt der Wühlmaus-Vater die Familie, zeigt die Wühlmaus-Mutter laut Aussage der Forscher nach außen keine Veränderungen und kümmert sich unverändert intensiv und leidenschaftlich um die Jungen. Jedoch scheine es auf emotionaler Ebene Veränderungen zu geben.
Ängstlicheres und passiveres Verhalten
Wie auch alleinerziehende Menschen, versucht die alleinerziehende Wühlmaus-Mutter ihrem Nachwuchs weiterhin Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln, obwohl die gesamte Situation für sie emotional sehr belastend sein kann. Das zeigt sich bei den Wühlmaus-Müttern unter anderem in einem ängstlicheren und passiveren Verhalten, berichten die Wissenschaftler. Dies werde durch eine überhöhte Aktivität des Stress-Systems in ihrem Gehirn verursacht, bei der der dazugehörige Botenstoff „Corticotropin-Releasing Factor“ übermäßig stark synthetisiert werde – ein Zeichen für chronischen Stress.
Ergebnisse auch für Menschen relevant
Gemeinsam mit Prof. Dr. Inga Neumann von der Universität Regensburg und Prof. Dr. Larry Young von der Emory University konnte Professor Dr. Bosch in weiteren Versuchen auch nachweisen, dass sich durch die Blockade der zugehörigen Bindestellen im Gehirn, die veränderte Emotionalität der verlassenen Wühlmaus-Mütter wieder normalisiert. Laut Prof. Bosch sind „diese Ergebnisse durchaus für den Menschen relevant.“ Der identifizierte Botenstoff werde mit erhöhter Angst und Passivität in Zusammenhang gebracht, was Parameter für Depressionen seien.
Sollten die Studienergebnisse auf den Menschen übertragbar sein, sind Alleinerziehende infolge der überhöhten Aktivität des Stress-Systems möglicherweise verstärkt anfällig für psychische Probleme. Auch könnte ein Zusammenhang mit dem erhöhten Erkrankungsrisiko der Alleinerziehenden bestehen, das in früheren Studien bereits dokumentiert wurde. Intakte Familienstrukturen scheinen hier einen deutlichen Vorteil zu bieten. Allerdings ist das Leben in einer Partnerschaft nicht automatisch mit intakten Familienstrukturen gleichzusetzen und mitunter kann es die Stressbelastung auch reduzieren, wenn eine belastende Partnerschaft beendet wird. (fp)
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