Trotz Herzerkrankung in die Berge? Empfehlungen für Herz-Kreislauf-Patienten
Zwar sind sich Mediziner darüber einig, dass Bewegung in den Bergen eine gutes Mittel ist, kardiovaskulären Krankheiten vorzubeugen, doch was gilt für Menschen, die bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden? Unter welchen Umständen dürfen sie sich im Hochgebirge aufhalten und welche Verhaltensregeln sollten sie befolgen? Experten geben Antworten.
Wandern senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Gesundheitsexperten zufolge erzielt man durch ausreichende Bewegung eine präventive Wirkung gegenüber Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt. Vor allem Wandern senkt das Herz-Kreislauf-Risiko. Doch was gilt für Personen, die bereits an kardiovaskulären Krankheiten leiden? Sie sollten es auf jeden Fall mit der Anstrengung nicht übertreiben, müssen auf körperliches Training aber in der Regel auch nicht verzichten. So zeigte eine ältere Studie, dass maßvoller Sport für Herzpatienten geeignet ist. Wenn Betroffene allerdings in den Bergen wandern wollen, müssen sie einige Verhaltensregeln befolgen.
Höhenlagen über 2.500 Meter
Wie das Forschungsinstitut „Eurac Research“ mit Sitz in Bozen (Südtirol, Italien) berichtet, hat ein Expertenteam unter Führung des Kardiologen Gianfranco Parati, Professor an der Universität Bicocca und Leiter des Istituto Auxologico in Mailand, zahlreiche Studien ausgewertet, die untersuchen, wie sich Höhenlagen über 2.500 m auf die häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirken.
Die detaillierten Empfehlungen für Herz-Kreislauf-Patienten, die die Mediziner daraus ableiten, wurden kürzlich im Fachmagazin „European Heart Journal“ veröffentlicht.
Körperliche Belastung steigt
Ab einer Höhenlage von etwa 2.500 m steigt die körperliche Belastung: Die Luft enthält weniger Sauerstoff, dies führt zu einer erhöhten Atemfrequenz und zu einem Blutdruckanstieg, das Herz-Kreislaufsystem wird somit besonders beansprucht.
Gerade für Menschen, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder an einer koronaren Herzkrankheit leiden, oder die vor kurzem einen Herzinfarkt erlitten haben, ist in den Bergen große Vorsicht geboten.
„Auf das Bergwandern gänzlich verzichten muss der Patient allerdings nur bei sehr schweren Herzerkrankungen“, meint Hermann Brugger, Höhenmediziner von Eurac Research und Präsident der Internationalen Gesellschaft für Alpinmedizin.
„Vorausgesetzt er hält sich an die entsprechenden Weisungen, kann er Vieles machen und bestenfalls seinen Gesundheitszustand sogar verbessern“.
Möglicherweise unerkannte Herzkrankheiten ausschließen
„Um einen sicheren Aufstieg auch Herzpatienten zu gewährleisten, muss der Patient die Tour umsichtig planen, wobei Zeit und Tourenziel aufeinander abgestimmt sein sollten“, so Gianfranco Parati, der die Auswertung geleitet hat.
„Gemeinsam mit dem Hausarzt müssen alle Vorkehrungen auf den Patienten individuell abgestimmt und die notwendigen Untersuchungen durchgeführt werden, um möglicherweise unerkannte Herzkrankheiten auszuschließen und eine optimale medikamentöse Behandlung sicherzustellen.“
Bei einer koronaren Herzkrankheit beispielsweise, bei der die Herzkranzgefäße verengt sind und der Herzmuskel mit weniger Sauerstoff versorgt wird, empfehlen die Experten, bestimmte maximale Höhenlagen nicht zu überschreiten.
Bei einer leichten koronaren Herzkrankheit sind dies 4.200 Höhenmeter, bei einer mittleren bis zu 2.500 Höhenmeter. Leidet der Patient allerdings an einer schweren koronaren Herzkrankheit, empfehlen Experten, auf das Bergwandern ganz zu verzichten.
Einnahme der richtigen Medikamente
Auch die Einnahme der richtigen Medikamente sei grundlegend, betonen die beiden Experten. „Blutdrucksenker wirken häufig harntreibend, sie entlasten das Blut von Salz und Wasser, was das Blutvolumen verringert und folglich den Blutdruck senkt“, erklärt Brugger.
„In den Bergen muss man mit diesen Mitteln jedoch vorsichtig sein: Durch die erhöhte Anstrengung und Transpiration verliert der Körper mehr Flüssigkeit – es besteht die Gefahr, auszutrocknen.“
Patienten, die an mittelschwerem bis schwerem Bluthochdruck leiden, wird außerdem empfohlen, ihre Blutdruck-Werte vor und während des Aufenthalts im Gebirge regelmäßig zu überprüfen.
Befolgt der Patient alle Empfehlungen, kann sich das Bergwandern sehr positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken, ihn verlangsamen und in manchen Fällen sogar aufhalten.
„Auch der Psyche von Herz-Kreislauf-Patienten kommt das Bergwandern zugute. Die Gewissheit, trotz Herz-Kreislauf-Erkrankung ein Maß an Freiheit und Eigenständigkeit zu bewahren, steigert das Selbstbewusstsein und das Wohlbefinden des Patienten erheblich“, erläutert Brugger.
Bei längeren Touren Eingewöhnungszeit von ein bis zwei Tagen
Entstanden sind die Empfehlungen aus der systematischen Auswertung aller Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Höhenexposition.
Experten der führenden Europäischen und Italienischen Gesellschaften für Kardiologie und Hypertonie (Bluthochdruck) sowie der Internationalen und Italienischen Gesellschaft für Höhenmedizin evaluierten die Studienergebnisse und verfassten die Empfehlungen.
Die Deutsche Herzstiftung hat auf ihrer Webseite einen weiteren Tipp parat:
Herzpatienten, die zum Wandern in die Berge gehen, ist vor Ort eine Eingewöhnungszeit von ein bis zwei Tagen anzuraten. In diesem Zeitraum kann man sich mit kurzen und einfachen Wanderungen an das Klima und die Höhe gewöhnen.
Längere Etappen sollten erst in den darauffolgenden Tagen auf dem Programm stehen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.