Forscher sind dem Geheimnis des Alterns auf der Spur
Experten zufolge wird die durchschnittliche Lebenserwartung in den westlichen Industrieländern schon bald 90 Jahre übersteigen. Auch in anderen Ländern leben Menschen heute deutlich länger als noch vor wenigen Jahrzehnten. Doch lässt sich die Lebenserwartung ständig weiter steigern und das Altern möglicherweise sogar verlangsamen? Deutsche Forscher versuchen, darauf Antworten zu finden.
Die Menschen werden immer älter
Die Lebenserwartung der Deutschen hat in den letzten Jahren ein Rekordniveau erreicht und wird weiter steigen. Jedes vierte heute neugeborene Mädchen wird über 100 Jahre alt werden wird. Auch in anderen Ländern werden die Menschen im Durchschnitt immer älter. Manche Wissenschaftler meinen mittlerweile sogar, die menschliche Lebenserwartung könne verzehnfacht werden. Andere spekulieren darüber, ob sich die biologische Uhr möglicherweise irgendwann austricksen lässt und häufig im Alter auftretende Krankheiten wie Demenz, Parkinson, Krebs oder Herz-Kreislauf-Leiden in Zukunft besiegbar sind.
Mitochondrien spielen eine zentrale Rolle beim Altern
„Alle Menschen altern – genauso wie nahezu alle anderen lebenden Organismen. Ein Grund dafür ist, dass in jeder Zelle die Erbsubstanz DNA im Laufe der Zeit immer stärker geschädigt wird“, heißt es auf der Webseite des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns.
Wissenschaftler des Instituts erforschen, „wie Zellen im Laufe ihres Lebens altern, welche Gene daran beteiligt sind und welche Rolle Umweltfaktoren spielen.“
Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, untersuchen die Forscher Mitochondrien. Die Tausendstel Millimeter kleinen Strukturen, die auch als Kraftwerke der Zellen bezeichnet werden, spielen laut dem neuen MPI-Direktor Thomas Langer eine zentrale Rolle beim Altern.
In der Agenturmeldung erklärt er seine Mission: „Dass wir das Altern auf biologischer und molekularer Ebene besser verstehen und mittelfristig die altersassoziierten Erkrankungen besser behandeln können.“
Dem Biologen zufolge stehe fest, dass mit zunehmendem Alter die „Mitos“ an Leistungsfähigkeit verlieren und dass dies schädliche Folgen habe.
Jetzt gelte es zu erforschen, wie sich diese Schädigungen in den Zell-Bestandteilen verhindern lassen – mit möglicherweise lebensverlängernder Wirkung.
Deutliche Veränderung der Lebensspanne
„In Modellorganismen kann durch eine Manipulation einzelner zellulärer Prozesse eine deutliche Veränderung der Lebensspanne erreicht werden“, sagte der Experte gegenüber dpa.
Modellorganismen wie Fadenwurm, Fruchtfliege oder Maus halten also unter bestimmten getesteten Umständen wesentlich länger durch.
Diese Tiere sind für die Untersuchungen besonders gut geeignet, „denn ihre Gene sind bekannt und sie haben eine relativ kurze Lebenserwartung“, heißt es auf der Webseite des Instituts.
Massive Lebensverlängerung durch medizinischen Fortschritt
Vor allem der medizinische Fortschritt der vergangenen 100 Jahre hat zu einer massiven Lebensverlängerung beigetragen.
Laut Statistischem Bundesamt sind rund 4,9 Millionen Menschen in Deutschland mindestens 80 Jahre alt, 2050 sollen es fast zehn Millionen sein.
Dennoch brauche man nach einer Untersuchung des Mathematikers Hansjörg Walther keine Befürchtungen vor einer Überalterung der Gesellschaft zu haben.
Wie der Experte laut dpa sagte, gebe es „sehr vielversprechende Studien, in denen man bei Mäusen Lebensverlängerungen erzielen konnte, aber eben nur im Modellversuch.“
Zwar sehe er hier noch „viel Potenzial“, doch zum jetzigen Zeitpunkt wäre es „nicht richtig zu sagen, dass wir so etwas in absehbarer Zeit auf den Menschen anwenden könnten.“
Walther will sich nicht an Spekulationen über ein maximal erreichbares Lebensalter beteiligen, er denke aber ganz sicher nicht, „dass wir einen Endpunkt erreicht haben, was die Lebensspanne betrifft.“
Lebensqualität von größerer Bedeutung
Laut der Medizinethikerin Christiane Woopen wird die Lebensqualität „zumindest ab einem gewissen Alter bedeutsamer als die Lebenslänge.“
Wie die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates (EGE) sagte, gehe es in Wissenschaft und Medizin darum, schweres körperliches und seelisches Leiden zu vermeiden. Eine Verlängerung des Lebens sei nicht das vordergründige Ziel.
„Angesichts der menschlichen Natur, die neben Autonomie und Gestaltungskraft auch von Verletzlichkeit, Begrenztheit und Abhängigkeit geprägt ist, glaube ich nicht an die Möglichkeit einer Unsterblichkeit auf dieser Erde“, so die Expertin laut dpa.
Sie stellte aber auch klar: „Wir müssen über die gesellschaftlichen Folgen und die Bedingungen unseres Zusammenlebens nachdenken, wenn Menschen älter und älter werden können.“
Woopen zufolge sei die derzeit vorgegebene Gliederung der Lebensverläufe absurd: „Die ersten Jahrzehnte sind eine einzige Rennstrecke, um nach dem Ende der Berufstätigkeit atemlos für Jahrzehnte auf der Seitenspur zu landen“, so die Medizinethikerin. (ad)
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