Nasenspray: Vorsicht, Suchtgefahr! Bestimmte Präparate nur für kurze Zeit anwenden
Husten, Schnupfen, Heiserkeit – es ist Winter, die Erkältungswelle rollt über die Hansestadt hinweg und oft ist die geplagte Nase hoffnungslos verstopft. Da liegt es nahe, zum lindernden Nasenspray zu greifen – einmal Sprühen und die Nase ist verlässlich für sechs bis acht Stunden frei. Doch Vorsicht! Bei bestimmten Präparaten kann es zu Gewöhnungseffekten kommen. Die Apothekerkammer Bremen erklärt, bei welchen Wirkstoffen die Gefahr einer Abhängigkeit besteht, wie sich die Nasenspraysucht äußert und wie Patienten ihr entkommen oder sie besser gar nicht erst entsteht.
Mehr als 10.000 Liter Atemluft strömen jeden Tag durch unsere Nase. Die darin befindlichen Schleimhäute dienen der Immunabwehr: Ihre Flimmerhärchen transportieren kontinuierlich Viren und Bakterien nach außen ab, um den Organismus zu schützen. Entsteht trotzdem eine akute Infektion der Atemwege, beginnt eine erhöhte Produktion des Sekrets in der Nase zur Verstärkung der Immunabwehr, die Schleimhäute schwellen an und die Nase ist verstopft. Hier befreien abschwellende Nasensprays die Atemwege zuverlässig. Die Mehrzahl enthält als Wirkstoffe Sympathomimetika wie beispielsweise Xylometazolin, Oxymetazolin oder Tramazolin. Diese Stoffe binden an Rezeptoren der Blutgefäße in der Nasenschleimhaut und bewirken, dass sich die Blutgefäße verengen und die Blutzufuhr vermindert wird. In der direkten Folge schwillt das Gewebe ab und der Erkrankte kann endlich wieder frei atmen.
Kein genereller Verzicht notwendig
Trotz der Gefahr der Abhängigkeit rät die Apothekerkammer Bremen nicht zum generellen Verzicht auf Nasensprays: „Bei akuten Infektionen ist es wichtig, ausreichend Schlaf zu finden. Dies ist durch abschwellend wirkende Nasensprays gut möglich. Gegen eine vorübergehende Anwendung dieser Nasensprays ist nichts einzuwenden“, erklärt Dr. Richard Klämbt, Präsident der Apothekerkammer Bremen. Er empfiehlt, abschwellend wirkende Nasensprays lediglich zeitlich begrenzt zu verwenden. „Pro Tag sollte man nicht öfter als zwei- bis dreimal zum Spray greifen. Wir raten dringend, besagte Nasensprays nicht länger als eine Woche zu benutzen, im Idealfall sogar nur fünf Tage“, so der Kammerpräsident.
Besteht erst einmal eine Abhängigkeit, hat der Betroffene eine permanent verstopfte Nase, da die Anzahl der Rezeptoren mit der Zeit abnimmt und mehr Wirkstoff benötigt wird. Hier spricht man vom Rebound-Phänomen. Dies lässt die Patienten erneut und schneller zum Spray greifen. Ohne den dauernden Gebrauch der Arznei bekommt der Patient keine Luft mehr durch die Nase. Dieser medikamentös induzierten Schnupfen wird als Rhinitis medicamentosa oder Privinismus bezeichnet – benannt nach dem seit Jahrzehnten gebräuchlichen Nasenspray „Privin“.
Schätzungen zufolge sind 100.000 Bundesbürger abhängig von Nasenspray. Die Folgen sind chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Nasenbluten oder es läuft zähes Sekret den Rachen hinab. Zudem besteht die Gefahr, dass die ständig gereizten Schleimhäute mit der Zeit austrocknen, wodurch sie ihre Abwehrfunktion nicht erfüllen können und sich das Risiko eines Keimbefalls erhöht. Folge kann eine sogenannte Rhinitis atrophicans sein, eine „Stinknase“. Eine starke Abhängigkeit kann ebenfalls den extremen Abbau der Nasenschleimhaut mit ihren Gefäßen und Drüsen nach sich ziehen. Hier spricht man von einer Atrophie. In Fällen schwerer Sucht ist es möglich, dass durch die verringerte Durchblutung Knorpelgewebe abstirbt, wodurch es zu einem Loch in der Nasenscheidewand oder einem einsackenden Nasenrücken kommen kann.
Wege aus der Nasenspraysucht
Eine Möglichkeit besteht darin, zuerst eine Woche lang nur bei einem Nasenloch auf das Spray zu verzichten und es im Anschluss ganz abzusetzen. Auch das Verwenden von reinen Kochsalzlösungen ist eine Option. Der gleiche Effekt entsteht, wenn Betroffene von normalem auf Kindernasenspray mit weniger Wirkstoff herunterdosieren und das bisherige schließlich so lange im Wechsel mit Meerwasserspray benutzen, bis nur noch dieses ausreicht. In schweren Fällen kann es zu Erstickungsängsten und Stimmungsschwankungen beim Absetzen kommen. „Patienten, die einmal abhängig waren, müssen bei einer Erkältung erst einmal ohne Xylometazolin-haltige Präparate auskommen, sonst setzt der Gewöhnungseffekt rasch wieder ein und die Abhängigkeit ist erneut da“, klärt Klämbt auf.
Bei einer weniger als ein Jahr andauernden Abhängigkeit funktioniert oft ein stringenter Entzug: Der Betroffene sollte eine Woche ohne Nasenspray durchstehen, dann nehmen die Symptome wie eine beschwerliche Atmung in der Regel bereits deutlich ab. Ein Hochlagern des Oberkörpers während dieser Zeit erleichtert zudem das Schlafen. Bei schweren Fällen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dieser kann dann zur Entwöhnung kortisonhaltige Nasensprays verschreiben. Je nach Intensität der Sucht, kann die Entwöhnung mehrere Tage oder Wochen andauern. Zusätzlich können zeitgleich begrenzt Antihistaminika zur Erleichterung eingenommen werden.
Um eine Entwöhnung zu unterstützen, können Patienten eine Nasendusche mit Salzwasserlösung benutzen – dies lässt die Nasenschleimhäute zuverlässig für eine halbe Stunde abschwellen, was vielen Betroffenen zum Einschlafen ausreicht. „Um vorzubeugen, sollten Patienten stets die niedrigste Dosis verwenden, mit der sie auskommen, beispielsweise Kindernasenspray“, so Dr. Klämbt. Die Apotheke vor Ort hilft Erkrankten bei der geeigneten Auswahl von Präparaten, sowohl zur schonenden Befreiung der verstopften Nase als auch bei der Entwöhnung im Falle einer Nasenspraysucht. (sb,pm)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.