Nicht zu sehr schonen: Bettruhe kann Rückenschmerzen verstärken
Die Zahl der Menschen, die immer mal wieder an Rückenschmerzen leidet, steigt und steigt. Betroffene neigen dann oft dazu, sich zu schonen. Doch das ist in den meisten Fällen falsch. Gesundheitsexperten empfehlen Patienten körperliche Aktivität. Bewegung kann gegen die Schmerzen helfen. Bettruhe hingegen kann sie verstärken.
Volksleiden Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind zu einem wahren Volksleiden geworden. Betroffenen wird zwar häufig dazu geraten, sich bei Beschwerden mit körperlichen Aktivitäten besser zurückzuhalten und sich lieber ins Bett oder die heiße Badewanne zu legen. Gesundheitsexperten zufolge ist es jedoch falsch, sich bei Rückenschmerzen übermäßig zu schonen. Vielmehr gelte es, den Rücken durch Bewegung zu stärken und die Beschwerden zu lindern.
Beschwerden können verschiedene Ursachen haben
Rückenschmerzen gehen in vielen Fällen nicht auf eine ernsthafte Erkrankung zurück, es ist nicht immer das Kreuz selbst Schuld.
Hinter den Schmerzen versteckt sich nicht selten unsere Psyche.
Auch Bewegungsmangel, Stress und Verspannungen sind häufige Auslöser für Kreuzschmerzen.
Zu stark schonen sollten sich Betroffene in der Regel nicht. Darauf weisen die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) in einer gemeinsamen Pressemitteilung hin.
Tag der Rückengesundheit
DGOU und BVOU weisen anlässlich des Tages der Rückengesundheit am 15. März 2018 auf die Nationale Versorgungsleitlinie nicht-spezifischer Kreuzschmerz (NVL) als Version für Patienten hin.
Die Patientenleitlinie informiert Betroffene darüber, wie Kreuzschmerzen aus ärztlicher Sicht eingeordnet und behandelt werden können.
„Vielfach suchen Patienten nach vertrauenswürdigen Quellen im Internet. Mit der Patientenleitlinie erhalten sie Einblick in die ärztliche Vorgehensweise bei Rückenschmerzen. Den behandelnden Mediziner kann die Leitlinie jedoch nicht ersetzen“, so DGOU-Generalsekretär Prof. Bernd Kladny.
Röntgen ist oft überflüssig
Die Patientenleitlinie richtet sich an Menschen mit Kreuzschmerzen, bei denen es keine Hinweise auf eine gefährliche Ursache oder krankhaft veränderte Strukturen als Ursache gibt – man spricht hierbei vom nicht-spezifischen Rückenschmerz.
Wenn Kreuzschmerzen akut auftreten, erhoffen sich Patienten häufig Sicherheit durch ein Röntgenbild oder eine Magnetresonanztomographie (MRT). Bildgebende Diagnostik ist jedoch bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen zunächst überflüssig.
Dennoch wird bei solchen Beschwerden oft viel zu früh und unnötigerweise geröntgt, kritisieren Fachleute.
„Fehlen Hinweise auf gefährliche oder spezifische Ursachen für Kreuzschmerzen wie Frakturen, Infektionen oder einen Bandscheibenvorfall, helfen eine symptomatische Behandlung und Bewegung“, erklärt BVOU-Präsident Dr. Johannes Flechtenmacher.
„Röntgen- oder MRT-Aufnahmen bringen da zu Beginn keinen Nutzen. Ein Gespräch mit dem Patienten und eine sorgfältige körperliche Untersuchung sind viel wichtiger.“
Empfehlungen in allgemeinverständlicher Sprache
Die Patientenleitlinie überträgt die für Ärzte formulierten wissenschaftlichen Empfehlungen der NVL in eine allgemeinverständliche Sprache. Hinter nicht-spezifischen Rückenschmerzen steckt nur selten eine ernsthafte Erkrankung.
In 60 bis 85 Prozent aller Fälle ist der Grund für die Schmerzen nicht eindeutig erkennbar. Laut den Experten können Stress, mangelnde Bewegung, verspannte Muskeln, aber auch psychische Belastungen die Probleme auslösen. Die Schmerzen verschwinden innerhalb weniger Wochen von selbst.
„Wichtig ist, auch bei Rückenschmerzen in Bewegung zu bleiben“, so Dr. Matthias Psczolla, Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Manuelle Medizin und Spezielle Schmerztherapie.
„Denn moderate Bewegung stärkt die Rückenmuskulatur, schmiert die Gelenke und massiert die Bandscheiben. Dies ist wichtig für einen gesunden Rücken. Muskeln, Wirbel, Bandscheiben, Gelenke und Bänder müssen perfekt zusammenspielen, damit sich der Rücken gut bewegen kann und funktioniert. Bettruhe dagegen ist schädlich, denn sie kann die Beschwerden verstärken.“
Die wichtigsten Empfehlungen der Patientenleitlinie Kreuzschmerz:
Zurückhaltende Diagnostik: Beim Fehlen „roter Fahnen“ als Warnhinweis auf eine gefährliche Erkrankung soll der Einsatz bildgebender Verfahren erst geprüft werden, wenn die Schmerzen länger als vier bis sechs Wochen anhalten.
Bewegung statt Bettruhe: Ärzte sollen Patienten zu körperlicher Aktivität auffordern und von Bettruhe abraten. Denn werden die Muskeln geschont, werden sie schnell schwach. Jede Art von Bewegung ist hilfreich bei der Genesung.
Schmerzmittel: Wenn Kreuzschmerzen so heftig sind, dass Betroffene eine Schonhaltung einnehmen, können schmerzlindernde Medikamente helfen. Sie können unterstützen, damit Schmerzen nicht so stark wahrgenommen werden und die so wichtige Bewegung möglich ist.
Psyche und soziales Umfeld beachten: Bereits beim ersten Arztkontakt sollen Belastungen im persönlichen Umfeld des Patienten, Schwierigkeiten mit der Familie oder dem Arbeitsplatz besprochen werden, damit die Rückenschmerzen nicht chronisch werden.
Massage, Akupunktur & Co.: Massage und Akupunktur gelten als Verfahren, die eher passives Verhalten fördern. Sie sollten deshalb nicht oder nur in Verbindung mit aktivierenden Maßnahmen eingesetzt werden.
Chronische Schmerzen – Kombinierte Behandlung: Bessern sich Kreuzschmerzen nach einigen Wochen nicht, sollten unterschiedliche Behandlungsansätze kombiniert werden. Ein Schwerpunkt bleibt die Bewegung, daneben können psychologische Therapieangebote, medikamentöse Schmerzbehandlung und Maßnahmen zur Stressbewältigung eine Rolle spielen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.