Gemeinsam gegen Schmerzen: Rückenleiden effektiv behandeln
Bei unspezifischen Kreuzschmerzen erleben Betroffene oftmals jahrelange Arzt-Odysseen, ohne dass Mediziner die wahren Gründe der Erkrankung entdecken und angemessen therapieren. Viele Patienten gelten dann als austherapiert.
„Abhilfe schafft hier ein interdisziplinärer Ansatz, also ein Team spezialisierter Fachärzte, die sich alle Symptome anschauen und zielgerichtete Diagnosen stellen“, weiß Dr. Reinhard Schneiderhan, Orthopäde aus München und Präsident der Deutschen Wirbelsäulenliga. Denn Ursachen von Rückenschmerzen reichen von neurologischen Störungen über rheumatische Erkrankungen bis hin zu psychischen Problemen.
Chronisch bedeutet nicht unheilbar
Häufig gibt es nicht den einen Auslöser für Leiden im Rücken. Im sensiblen Geflecht aus Wirbeln, Bändern, Sehnen und Muskeln rufen bereits kleinste Veränderungen große Auswirkungen hervor. Aufgrund dieser Komplexität lässt sich oftmals keine eindeutige Quelle finden, was im schlimmsten Fall zu chronischen Beschwerden führt, bei denen das Rückenmark kontinuierlich Schmerzsignale sendet. Hält dieser Zustand länger als drei Monate an, bildet sich ein sogenanntes Schmerzgedächtnis und Nerven reagieren sensibler auf Reize. Dann genügen bereits geringste Berührungen, um Beschwerden auszulösen. In Ausnahmefällen benötigt es noch nicht einmal einen Auslöser, da das Gehirn die Erinnerungsspur abspeichert und der Schmerz kein Warnsignal mehr darstellt, sondern selbst zur Erkrankung wird.
„Jedes Symptom hat somit einen Ursprung, die Suche danach gestaltet sich häufig nur vielschichtiger und komplexer, als zunächst gedacht. Meist liegt ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren vor, die sich eben nur durch den gemeinsamen Blick differenzierter Fachrichtungen aufklären lassen“, betont Dr. Schneiderhan. Schließlich wirken sich neben körperlichen Faktoren wie Fehl- und Überbelastungen auch äußere Einflüsse, beispielsweise Stress, auf die Wirbelsäule aus.
Um Menschen mit chronischen Qualen bestmöglich zu behandeln, binden sogenannte „multimodale“ Programme nicht nur den behandelnden Orthopäden, sondern Ärzte aus verschiedensten Disziplinen mit ein. Schmerztherapeuten, Neurochirurgen, Radiologen, Neurologen sowie Allgemeinmediziner, aber auch Physiotherapeuten und Psychologen betrachten vorhandene Symptome aus ihrem Blickwinkel. Nach erster gründlicher Anamnese durch den Orthopäden kommt meist der Radiologe ins Spiel. Diesem stehen verschiedenste bildgebende Verfahren zur Verfügung, um die Ursachen weiter einzuschränken. Dazu zählen Röntgenaufnahmen, hilfreich für Analysen an Knochen und Gelenken, die Computertomografie, die knöcherne Strukturen und Weichteilgewebe dreidimensional sichtbar macht, und Magnetresonanztomografien, die alle Gewebearten sowie das zentrale Nervensystem darstellen.
Puzzleteile zusammensetzen
Zeigen sich durch daraufhin verordnete konservative Maßnahmen, wie etwa eine Physiotherapie oder Wärmeanwendungen, keinerlei Besserungen, kommen minimalinvasive Möglichkeiten zum Einsatz. Beispiele hierfür sind die Anwendung eines Wirbelsäulenkatheters, die Behandlung mit einer Hitzesonde oder die Therapie mithilfe eines Mikrolasers. Im Bedarfsfall zieht das Team zusätzlich einen Psychotherapeuten zurate, um alle denkbaren Faktoren einzuschließen. Erst wenn alle Möglichkeiten nicht zum Erfolg führen, kommen operative Eingriffe in Betracht. „Patienten sparen in interdisziplinären Zentren zudem viel Zeit, da sämtliche Untersuchungen während des regulären Praxisbesuchs durchführbar sind. Zusätzliche Termine und Anfahrten sind unnötig und die ganzheitliche Behandlung steht von Anfang an im Fokus“, weiß Dr. Schneiderhan. (sb, pm)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.