Forscher entdecken Echse mit vier Augen
Dass es Echsen mit drei Augen gibt, ist schon länger bekannt: Bei der Brückenechse sitzt das zusätzliche Sinnesorgan mittig auf der Schädelplatte und dient zur Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden. Vor sehr langer Zeit gab es sogar eine Echse mit vier Augen, wie Forscher nun herausgefunden haben.
Außerordentliche Sinnesleistungen im Tierreich
Die Sinnesorgane erbringen Leistungen, die oft unvorstellbar erscheinen. Die menschliche Nase beispielsweise nimmt über eine Billion Gerüche wahr. Im Tierreich sind die Sinne häufig noch viel schärfer. So können etwa Hunde nicht nur wesentlich besser hören als Menschen, sondern auch deutlich besser riechen. Andere Tiere können besonders gut sehen. So haben etwa die überragenden Sehleistungen der Greifvögel mit dem sprichwörtlichen „Adlerauge“ Einzug ins allgemeine Bewusstsein gehalten. Mindestens genauso beeindruckend ist, wozu Frösche in der Lage sind: Sie können sogar im Dunkeln Farben erkennen. Und die Brückenechse hat ein drittes Auge, das zur Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden dient. Vor sehr langer Zeit gab es auch mal eine Echse, die sogar vier Augen hatte. Das haben Forscher des Senckenberg Forschungsinstituts nun herausgefunden.
Erster Beleg für ein vieräugiges höheres Wirbeltier
Wie die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in einer Mitteilung berichtet, haben Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts mit einem internationalen Team den Nachweis für eine vieräugige Echse erbracht.
Anhand der ausgestorbenen Art Saniwa ensidens zeigen sie, dass der Waran zu Lebzeiten hinter dem sogenannten „Dritten Auge“ ein weiteres Sinnesorgan besaß. Sie liefern damit den ersten Beleg für ein vieräugiges höheres Wirbeltier.
Die Studie wurde im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht.
Im Laufe der Evolution zurückgebildet
Bei vielen Eidechsen und der neuseeländischen Brückenechse ist es vorhanden: das Scheitelauge, auch als „Drittes Auge“ oder Parietalorgan bekannt.
„Ein Scheitelauge war bei den Wirbeltieren des Paläozoikums vor über 250 Millionen Jahren regulär ausgebildet“, erklärt Studienleiter Dr. Krister Smith vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt.
Er fährt fort: „Die Geschichte des Scheitelauges schien bisher ziemlich einfach zu sein: Wir sind davon ausgegangen, dass sich dieses Organ im Laufe der Evolution bei allen höheren Wirbeltieren außer den Eidechsen zurückgebildet hat.“
Diese Rückbildung ging mit einem Funktionswechsel zur Zirbeldrüse einher. Dies scheint aber nach den neuesten Erkenntnissen des US-amerikanisch-deutschen Teams rund um Smith nicht der Fall gewesen zu sein: Die von ihnen untersuchte, fossile Waranart Saniwa ensidens besaß hinter dem dritten Auge sogar ein weiteres primitives viertes Sehorgan.
Etwa 49 Millionen Jahre alt
Das Waranfossil aus dem Eozän von Nordamerika ist etwa 49 Millionen Jahre alt und bis zu 1,30 Meter lang.
Auf dessen Kopf befinden sich die beiden zusätzlichen Sinnesorgane in einer Mittellinienposition hintereinander auf der Schädeldecke. Die Position beider Augen widerspricht dem klassischen, paarigen Modell der Zirbeldrüse.
„Wir gehen daher davon aus, dass das übliche ‚Dritte Auge’ der Eidechsen nichts mit der Zirbeldrüse zu tun hat. Die Zirbeldrüse, aus der sich das vierte Auge entwickelte, ist zwar noch bei Eidechsen vorhanden, befindet sich aber innerhalb des Schädels, wie bei Säugetieren“, so Smith.
Eidechsen nehmen eine besondere Stellung ein
In ihrer Studie sprechen die Forscher daher auch von einer „Re-Evolution“: Einem Auftreten bereits verschwundener Merkmale nach sehr langer Zeit.
„Ein vergleichbarer Vorgang wäre es beispielsweise, wenn unsere heutigen Vögel wieder Zähne bekämen“, ergänzt Smith. Die besondere Entwicklung der Sehorgane bei Echsen hat auch Folgen für die kommende Forschung.
„Es stellt sich heraus, dass die Evolution dieser beiden Organe – Zirbeldrüse und Scheitelauge – durchaus komplizierter ist, als bisher angenommen. Wir denken, dass Eidechsen eine besondere Stellung bei der Entwicklung der Augen einnehmen und daher nicht – wie bisher – als Modellorganismen für andere Wirbeltiere dienen sollten“, so Smith. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.