OLG Hamm: Mutter war auf Psychotherapie angewiesen
Wird eine künstliche Befruchtung mit „falschem“ Sperma vorgenommen, kann der Mutter für die damit einhergehende körperlich-psychische Belastung ein Schmerzensgeld zustehen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Mittwoch, 4. April 2018, bekanntgegebenen Urteil entschieden und damit einer lesbischen Mutter ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 Euro zugesprochen (Az.: 3 U 66/16).
Die in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft lebende Frau hatte sich 2006 mit Hilfe von Spendersamen eines unbekannten Spenders künstlich befruchten lassen. Infolge der sogenannten heterologischen Insemination wurde sie im Januar 2007 Mutter eines Mädchens. Auch die Lebenspartnerin nahm das Kind gemeinschaftlich an.
Das Paar wünschte sich aber noch ein zweites Kind. Der für die künstliche Befruchtung vorgesehene Spendersamen sollte von demselben Mann stammen, der als Erzeuger des ersten Kindes galt. Die Mutter wünschte sich, dass ihre Kinder „Vollgeschwister“ sind.
Als die Frau schließlich im Januar 2009 einen Jungen zur Welt brachte, wunderte sie sich später, dass ihre beiden Kinder unterschiedliche Blutgruppen hatten.
Im August 2011 erfuhr sie, dass die Kinder nicht von demselben Samenspender stammten.
Die Mutter, die sich zwischenzeitlich von ihrer Lebenspartnerin getrennt hatte, verlangte von den Ärzten, die die künstliche Befruchtung vorgenommen hatten, Schadenersatz und Schmerzensgeld. Dass ihre Kinder keine Vollgeschwister seien, habe bei ihr eine körperlich-psychische Belastungssituation mit Erschöpfungszuständen, depressiven Episoden und Schuldgefühlen gegenüber den Kindern ausgelöst. Eine psychotherapeutische Langzeitbehandlung sei deshalb notwendig gewesen.
Die Ärzte führten die psychischen Probleme auf die Trennung von der Lebensgefährten zurück.
Sowohl das Landgericht Münster als auch das OLG sprachen der Frau wegen der erlittenen gesundheitlichen Belastungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 Euro zu. Die Ärzte müssten für die körperlich-psychischen Auswirkungen mithaften, die infolge des „falschen“ Spendersamens aufgetreten sind, so das OLG in seinem Urteil vom 19. Februar 2018.
Die Klägerin könne allerdings wegen der erlittenen Gesundheitsstörungen nicht die ebenfalls begehrte Auskunft über die Daten der Samenspender wie Name, Geburtsdatum oder Wohnort beanspruchen. Die entsprechenden Daten seien keine „Krankenunterlagen“, in die die Klägerin Anspruch auf Einsicht hätte.
Allerdings können die in dem Prozess ebenfalls klagenden Kinder von den Reproduktionsmedizinern Auskunft über die Identität ihres genetischen Vaters verlangen, so das OLG mit Verweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2015 (Az.: XII ZR 201/13; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).
Diese Auskunft könnten Eltern auch für ihr Kind begehren, „wenn sie das Kind zu einem späteren Zeitpunkt über die Identität des Erzeugers aufklären wollten“, entschied das OLG. fle
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