Forscher entschlüsseln Alterungsprozess und Krebs beeinflussendes Enzym
Forscher haben jetzt eine Forschungsarbeit abgeschlossen, die insgesamt zwanzig Jahre andauerte und nach einem komplexen Enzym suchte, welches den Alterungsprozess und die Entstehung von Krebs verhindern könnte. Dafür reparierten die Experten die Spitzen von Chromosomen bei Pflanzen, Tieren und Menschen.
Die Wissenschaftler der University of California, Berkeley haben eine Untersuchung abgeschlossen, welche sich mit der Auswirkung von Chromosomen auf Krebs und Alterung befasste. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Nature“.
Mediziner entschlüsseln Architektur von Telomerase
Die Entschlüsselung der Architektur des Enzyms, welches als Telomerase bezeichnet wird, könnte zur Entwicklung von neuen Medikamenten zur Verlangsamung oder Blockierung des Alterungsprozesses führen oder neue Behandlungsmethoden für Krebs ermöffnen. Die Ergebnisse der Untersuchung liefern einen strukturellen Rahmen für das bessere Verständnis von Mutationen der menschlichen Telomerase-Erkrankung und sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Telomerase-bezogenen klinischen Therapeutika, erklärt Studienautorin Kathleen Collins von der University of California, Berkeley. Die Telomerase wirkt sich auf mikroskopische Hüllen aus, so genannte Telomere, die die Spitzen der Chromosomen in allen Zellen bedecken.
Was sind Telomere?
Beim Menschen enthält jede Zelle 23 Chromosomenpaare, darunter ein Paar Geschlechtschromosome (das X- und das Y-Chromosom), welche sich bei Männern und Frauen unterscheiden. Die australisch-amerikanische Biologin Elizabeth Blackburn, die den Nobelpreis für Medizin im Jahr 2009 für die Entdeckung der Telomere und ihrer Schutzfunktion in den 1970er Jahren erhielt, verglich sie mit den winzigen Plastikkappen, die Schnürsenkel vor dem Ausfransen schützen.
Wie nutzen sich Telomere ab?
Irgendwann zerfallen jedoch dann die Telomere. Jedes Mal, wenn sich eine Zelle teilt, werden die Telomere ein wenig mehr abgenutzt, bis die Zelle aufhört, sich zu teilen und stirbt. Dies ist wahrscheinlich sehr wichtig für den natürlichen Alterungsprozess, sagen die Mediziner. Im Jahr 1985 entdeckte Blackburn die Telomerase und ihre bemerkenswerte Fähigkeit, die Lebensdauer einer Zelle zu verlängern, indem sie Telomere mit zusätzlichen DNA-Stücken sozusagen wieder aufbaut, ähnlich wie die Runderneuerung eines Reifens. Mit anderen Worten: Telomere könnten ein Schlüssel zu Verbesserung der Langlebigkeit sein und Auswirkungen auf verschiedene Krankheiten haben, sagen die Mediziner.
Nachteile bei einem Mangel an Telomerase
Vererbte genetische Mutationen, welche die Telomerase-Funktion beeinträchtigen, verursachen Störungen, so die Forscher. Ein Mangel des Enzyms könne den Zelltod beschleunigen. Auf der anderen Seite unterstützt zu viel Telomerase ungezügeltes Zellwachstum bei den meisten menschlichen Krebsarten. Frühere Bemühungen, Medikamente zu entwickeln, welche die Expression des Enzyms kontrollieren, wurden durch ein unvollständiges Verständnis der Struktur und Organisation des Telomerase-Komplexes behindert, fügen die Wissenschaftler hinzu.
Kryoelektronenmikroskop entschlüsselte Molekülstrukturen
Um den Telomerase-Code zu knacken, nutzten die Forscher ein hochmodernes Kryoelektronenmikroskop (Cryo-EM), das es erlaubte, das Enzym mit bisher unerreichten Auflösungen von sieben oder acht Angström in Aktion zu sehen. Ein Angström ist eine Maßeinheit der Länge und ein Zehnmilliardstel Meter lang. Cryo-EM kann die Molekülstrukturen von Verbindungen entschlüsseln, die nicht kristallisiert und mit Röntgenstrahlen abgebildet werden können. Die Entwickler der Technologie haben 2017 den Nobelpreis für Chemie erhalten.
Kann der Alterungsprozess in Zukunft rückgängig gemacht werden?
Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigte, dass bei Mäusen, die mit Telomerase behandelt wurden, der Alterungsprozess rückgängig gemacht werden konnte. Und 2011 fanden Wissenschaftler einen Weg, altersbedingte Zellen von Menschen im Alter über 90 Jahren in verjüngte Stammzellen umzuwandeln, die sich von denen in Embryonen nicht unterscheiden lassen. In verschiedenen Laborexperimenten wurden bereits mehrere kritische Alterungsmarker in Zellen zurückgesetzt, einschließlich der Größe von Telomeren. (as)
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