Statt pauschaler Argumente müssten Kläger Schäden einzeln belegen
EU-Bürger können nicht pauschal niedrigere Abgasgrenzwerte für Autos verlangen. Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg wies am Freitag, 4. Mai 2018, eine Sammelklage von 1.429 Personen als unzureichend begründet ab (Az.: T-197/17). Die Kläger hätten nicht dargelegt, inwieweit sie individuell unter Autoabgasen leiden und inwieweit die Belastung durch niedrigere Grenzwerte tatsächlich bereits geringer wäre.
Mit einer Verordnung aus 2016 hatte die EU-Kommission auf den Abgasskandal reagiert. Kern sind Messungen im realen Fahrbetrieb, damit die erhobenen Werte nicht durch eine Betrugssoftware manipuliert werden können. Das neue Prüfverfahren gilt allerdings nur für die Genehmigung neuer Fahrzeugtypen. Dabei sind die hier einzuhaltenden Grenzwerte höher als die früheren Grenzwerte.
Vor dem EuG wird die neue Verordnung von drei europäischen Hauptstädten und auch von zahlreichen Bürgern angegriffen.
Die Städte Paris (Az.: T-339/16), Brüssel (Az.: T-352/16) und Madrid (Az.: T-391/16) wollen die neuen Vorgaben kippen, sodass weiterhin die früheren Grenzwerte gelten. Sie machen geltend, die EU-Kommission sei gar nicht zuständig. Zudem verletze die Verordnung die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und verstoße gegen das in der EU-Grundrechtecharta verankerte Ziel eines hohen Umweltschutzniveaus. Über diese Klagen hat das EuGH noch nicht entschieden, die mündliche Verhandlung ist für den 17. Mai 2018 anberaumt.
Mit einer weiteren Sammelklage verlangten 1.429 Bürger, überwiegend aus Frankreich, Schadenersatz. Die höheren Grenzwerte führten zu einer schlechteren Luft und damit zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands. Sie machten sich daher erhebliche Sorgen auch um ihr Umfeld und verlören das Vertrauen, dass die EU sich bemüht, der Umweltzerstörung entgegenzutreten.
Diese Klage wies das EuG nun ab. Zur Begründung erklärten die Luxemburger Richter, Schadenersatz durch die EU komme nur bei einem „qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift“ in Betracht. Dabei müsse ein Schaden entstanden sein, der nachweislich auf das Fehlverhalten eines EU-Organs zurückgeht.
Hier hätten die Kläger aber keine individuellen Schäden nachgewiesen. Obwohl die sehr zahlreichen Kläger unter unterschiedlichen Bedingungen lebten und wohnten, hätten sie nur pauschal argumentiert und keine persönlichen Gesichtspunkte zu ihrer individuellen Abgasbelastung und gesundheitlichen Situation vorgetragen, rügte das EuG.
Auch sei offen, ob niedrigere Grenzwerte tatsächlich zu einer rascheren Minderung der Abgasbelastung führen würden. Ebenso könne es sein, dass Autofahrer ihre alten Wagen länger behalten, weil Autos, die die scharfen Grenzwerte einhalten, noch zu teuer sind.
Über die Rechtmäßigkeit der Verordnung sei damit nicht entschieden, betonte das EuG. „Die Abweisung der Sammelklage von 1.429 natürlichen Personen greift dem Ergebnis der von den Städten Paris, Brüssel und Madrid gegen die Verordnung der Kommission erhobenen Klagen nicht vor.“ Zudem können die Betreiber der Sammelklage noch Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen. mwo
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