Vorbeugung und Therapie der Blutvergiftung
Zwar erkranken vor allem geschwächte und gebrechliche Menschen an einer Sepsis, umgangssprachlich als Blutvergiftung bezeichnet, doch die lebensgefährliche Krankheit kann grundsätzlich jeden treffen. Ein Experte erklärt, wie man sich davor schützen kann.
Blutvergiftung wird oft unterschätzt
Kaum eine Krankheit wird hierzulande so unterschätzt wie die Blutvergiftung. Die Krankheit kann innerhalb weniger Stunden tödlich verlaufen und ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Nicht nur Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann eine Sepsis treffen, auch für Gesunde besteht Gefahr. Um die oft drastischen Folgen zu vermeiden, ist schnelles Handeln gefragt. Das weiß auch Professor Dr. Markus A. Weigand, Ärztlicher Direktor der Anästhesiologischen Universitätsklinik Heidelberg, der darüber informiert, wie man einer Blutvergiftung vorbeugt und wie man die Krankheit therapiert.
Sofortige intensivmedizinische Behandlung nötig
An einer Sepsis erkranken hauptsächlich sehr geschwächte oder gebrechliche Menschen, gefeit ist aber niemand davor, heißt es einer Mitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg.
Was als Lungenentzündung oder infizierte Verletzung beginnt, kann unter Umständen auf den gesamten Körper übergreifen.
„Anders als bei Herzinfarkt oder Schlaganfall fehlt in der Bevölkerung noch ein Bewusstsein dafür, dass Sepsis ebenfalls ein Notfall ist – sie bedarf einer sofortigen intensivmedizinischen Behandlung“, erläutert Professor Dr. Weigand.
„Bei schweren Verläufen bleibt nur ein Zeitfenster von wenigen Stunden, bevor es zu schweren Organschäden kommt.“
Todesfälle oder Folgeschäden lassen sich daher am besten durch Vorbeugung, schnelle und zielführende Diagnostik sowie einen frühen Behandlungsbeginn verhindern.
Ein Fünftel der Patienten überlebt die Infektion nicht
Aktuellen Zahlen zufolge erkranken in Deutschland etwa 300.000 Patienten pro Jahr an einer Sepsis, meist infolge schwerer Erkrankungen wie beispielsweise einer Lungenentzündung, infizierten Verletzungen oder nach großen Operationen.
Überschießende Entzündungsreaktionen können dann innerhalb kürzester Zeit zu Organversagen und Kreislaufkollaps führen. Rund ein Fünftel der Patienten überlebt die außer Kontrolle geratene Infektion nicht.
Dafür gibt es zwei Hauptgründe: „Häufig wird die Sepsis noch zu spät erkannt und die intensivmedizinische Behandlung eingeleitet“, so Weigand.
„Darüber hinaus stehen bisher nur wenige Medikamente zur Verfügung, um die Entzündung so lange auszubremsen, bis der Erreger bestimmt und das passende Antibiotikum gefunden ist.“
Händedesinfektion und Impfungen beugen vor
Wichtig ist daher Vorbeugung, wo immer möglich und sinnvoll. Neben der obligatorischen Händedesinfektion, insbesondere im Umgang mit Menschen mit geschwächtem Immunsystem, können bestimmte Impfungen für Risikogruppen helfen.
„Wer sich beispielsweise gegen Grippe impfen lässt, verringert damit auch automatisch das Risiko für bakterielle Infektionen der Lunge, die häufig als Folgeerkrankung einer Influenza auftreten“, erklärt der Sepsis-Spezialist.
Die gefürchteten Krankenhauskeime sind dagegen nicht die Hauptübeltäter. Meist geht die Infektion von Bakterien aus, welche die Patienten bereits mitbringen, darunter immer öfter auch Keime, die gegen mehrere Antibiotika resistent sind.
Dank moderner mikrobiologischer Diagnostik lassen sich dennoch in der Regel wirksame Medikamente finden. Bis die Ergebnisse vorliegen, kann es allerdings bis zu 48 Stunden dauern.
Neue Marker sollen Sepsis früh anzeigen
Je früher Diagnostik und Erstbehandlung einsetzen, desto besser. Die Früherkennung ist allerdings schwierig.
Viele Symptome einer beginnenden Sepsis – dazu gehören Fieber, Verwirrtheit, Herzrasen und niedriger Blutdruck beispielsweise nach einer Verletzung oder Operation, aber auch bei Zahnentzündungen – sind nicht sehr spezifisch.
„Man sollte daher die Möglichkeit einer Sepsis im Kopf behalten und lieber früher als später einen Arzt darauf ansprechen“, sagt Weigand.
Dasselbe Problem besteht bei Markern im Blut: Sie zeigen nicht ausschließlich Sepsis an. Auf diesem Gebiet laufen in Heidelberg aktuelle Forschungsarbeiten gemeinsam mit den Kollegen der Medizinischen Mikrobiologie und Hygiene (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Klaus Heeg).
Sie untersuchen ein Protein, das bereits sehr früh auf eine außer Kontrolle geratene Entzündung hinweist. „Wir hoffen die Therapie damit noch einmal deutlich voran zu bringen und schwere Verläufe besser verhindern zu können.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.