Wie wirkt sich ein gestörter Tagesrhythmus auf die Psyche aus?
Wenn Menschen unter Stimmungsstörungen, dem Gefühl der Einsamkeit und des Unglücks leiden, kann ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus von Ruhe und Aktivität der Ursprung dieser Probleme sein. Forscher fanden jetzt heraus, dass Störungen der sogenannten zirkadianen Rhythmen eine Ursache für psychische Gesundheitsprobleme sein können.
Die Wissenschaftler der University of Glasgow stellten bei ihrer aktuellen Untersuchung fest, dass gestörte zirkadiane Rhythmen eine Ursache für psychische Gesundheitsprobleme sind. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie in dem englischsprachigen Fachblatt „The Lancet“.
Balance zwischen Ruhe und Aktivität ist wichtig
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen nicht, ob Störungen der zirkadianen Rhythmen eine Ursache für psychische Gesundheitsprobleme sind oder ob die Störungen durch psychische Probleme ausgelöst werden oder ob es eine Kombination aus beiden Situationen ist, erläutern die Experten. Die Studie unterstreiche allerdings die Wichtigkeit einer ausgeglichenen Balance zwischen Ruhe und Aktivität.
Zirkadiane Störungen treten öfter in Städten auf
Viele Menschen in der heutigen Zeit weisen einen gestörten 24-Stunden-Zyklus auf. Bis zum Jahr 2050 werden schätzungsweise etwa zwei Drittel der Menschen der Weltbevölkerung in Städten leben, wo die Entstehung von zirkadianen Störungen viel wahrscheinlicher ist. Dies kann zu großen Problemen für die öffentliche Gesundheit führen. Hier werfen sich verschiedene Fragen auf: Wie können natürliche Muster von Ruhe und Aktivität beeinflusst werden? Wie sollten Städte und Arbeitsplätze gestaltet werden, um die psychische Gesundheit der Menschen zu schützen?
Analysierte Daten stammten von der UK BioBank
Für die aktuelle Studie, welche die bisher größte ihrer Art war, wurden die Daten der sogenannten UK BioBank analysiert. Diese Forschungsinitiative sammelte die Gesundheitsinformationen von 500.000 Menschen. Die Probanden waren dabei im Alter zwischen 37 und 73 Jahren.
Forscher verwendeten Aktivitäts-Tracker
Um die Verbindung zwischen psychischer Gesundheit und den 24-Stunden-Zyklen von Schlaf und Aktivität, die als zirkadiane Rhythmen bekannt sind, genauer zu erforschen, untersuchte das Team außerdem noch die Daten von mehr als 91.000 Teilnehmern, die im Jahr 2013 eine Woche lang einen Handgelenk-Aktivitäts-Tracker getragen hatten.
Regelmäßigkeit von Ruhe und Aktivität wurde untersucht
Die Wissenschaftler untersuchten, wie aktiv die Probanden durchschnittlich während ihrer aktivsten zehn Stunden am Tag waren. Diesen Wert verglichen die Forscher dann mit den fünf am wenigsten aktiven Stunden der Teilnehmer. So konnte eine relative Amplitude berechnet werden, um die Inkonsistenz oder die Störung der Regelmäßigkeit von Ruhe und Aktivität festzustellen, erklärt der Studienautor Professor Daniel Smith von der University of Glasgow. Wenn Menschen tagsüber aktiv sind und nachts gut schlafen, weisen sie ein sehr gesundes Profil auf. Die Teilnehmer, welche dazu neigten einen gestörten Schlaf zu haben, einige Male pro Nacht erwachten und tagsüber weniger aktiv waren, schnitten deutlich schlechter ab, sagen die Mediziner.
Fragebögen wurden ausgewertet
Die Forscher untersuchten dann die Ergebnisse von Fragebögen, welche von den Teilnehmern ausgefüllt wurden, als sie sich bei der UK Biobank eintrugen. Bei diesen wurden Faktoren, wie Einsamkeit, Reaktionszeit und Neurotizismus festgestellt. Außerdem wurden die Teilnehmer auch zu Depressionen und bipolaren Störungen befragt.
Probanden wurden in Gruppen eingeteilt
Die Probanden wurden dann basierend auf ihrer relativen Amplitude in fünf Gruppen von nahezu gleicher Größe eingeteilt und die Ergebnisse analysiert. Eine geringe relative Amplitude war demnach mit einer schlechteren psychischen Gesundheit verbunden, auch unter Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Jahreszeit (in der der Tracker getragen wurde), sozioökonomischer Status, Rauchstatus und Kindheitstrauma-Erfahrung.
Wie wirkte sich ein gestörter Tagesrhythmus aus?
Wurden die Werte für die relative Amplitude von einer Gruppe mit den Werten der nächstniedrigeren Gruppe verglichen, konnte festgestellt werden, dass die Wahrscheinlichkeit der Einsamkeit von Gruppe zur Gruppe um neun Prozent zunahm. Das Risiko für die Entwicklung einer Depression war um sechs Prozent erhöht, die Wahrscheinlichkeit eine bipolare Störung zu entwickeln erhöhte sich um elf Prozent. Außerdem sank die Zufriedenheit und die Reaktionszeiten wurden langsamer, erklären die Autoren.
Gab es Einschränkungen bei der Studie?
Die Ergebnisse scheinen sehr konsistent für diese negativen psychischen und kognitiven Auswirkungen zu sein. Die Verbindung blieb auch nach der Berücksichtigung von vielen verschiedenen Faktoren noch weiter bestehen, sagen die Mediziner. Die Studie hatte jedoch Einschränkungen, einschließlich der Tatsache, dass die Aktivitätsdaten nur während einer Woche und zu einem anderen Zeitpunkt als die Fragebogendaten erhoben wurden. Es wurden außerdem keine Teenager berücksichtigt, obwohl gerade diese wichtige Zeit im Leben einen großen Bezug auf die psychische Gesundheit als auch auf die körpereigene Uhr haben kann.
Interne Uhr unterscheidet sich von Mensch zu Mensch
Nach 22 Uhr sollten Aktivitäten vermieden werden, welche den zircadianen Rhythmus stören können, raten die Experten. Zu solchen Aktivitäten gehört beispielsweise die Nutzung von Mobiltelefonen oder nächtliches Aufstehen, um etwas zu trinken. Es ist allerdings wichtig zu beachten, dass sich die Körperuhren von Mensch zu Mensch unterscheiden, was bedeutet, dass Flexibilität sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Schule wichtig ist. Es gibt einfach kein optimales Timing für alle Menschen, fügt Professor Smith hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.