Wie wirkt sich Sport auf die Entwicklung von Demenz aus?
Es hielt sich lange Zeit die Aussage, dass gesteigerte Aktivität und Bewegung vor Demenz schützen und deren Entwicklung verlangsamen können. Forscher fanden nun aber heraus, dass moderates bis intensives sportliches Training Patienten mit Demenz nicht hilft, sondern die Erkrankung sogar verschlimmern kann.
Die Wissenschaftler der international anerkannten University of Oxford stellten bei ihrer aktuellen Untersuchung fest, dass moderate bis intensive sportliche Aktivitäten nicht vor Demenz schützen können. Es ist sogar möglich, dass die Erkrankung durch die Aktivitäten verstärkt wird. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der englischsprachigen Fachzeitschrift „British Medical Journal“ (BMJ).
Moderates bis intensives Training kann Demenz verstärken
Regelmäßige Bewegung und ein aktives Leben sollen helfen, Demenz zu verhindern oder zu verzögern. Es gab bereits einige kleinere Studien, welche einen solchen Zusammenhang festgestellt haben. “Wenn Demenz bereits entstanden ist, kann körperliche Aktivität und Bewegung deren Voranschreiten nicht mehr verlangsamen”, schreiben die Experten in dem Studienbericht. “Moderates bis intensives Training hilft Menschen mit Demenz nicht und kann die Erkrankung sogar noch schlimmer machen”, so der Grundtenor. Die Mediziner fanden bei ihrer aktuellen Untersuchung heraus, dass sportliche Übungen nicht dazu beitragen den Fortschritt der Krankheit zu verlangsamen.
Ergebnisse waren keine Überraschung
“Die Ergebnisse waren enttäuschend, aber keine wirkliche Überraschung”, erklärt Studienautorin Professor Sarah Lamb vom Nuffield Department of Orthopaedics Rheumatology and Musculoskeletal Sciences at Oxford University. “Eine Demenz ist ein sehr schwer zu lösendes Problem”, fügt die Expertin hinzu.
Studie hatte knapp 500 Teilnehmer
An der aktuellen Studie nahmen fast 500 Demenz-Patienten teil. Von diesen wurden 329 Probanden einem körperlichen Fitness-Training zugewiesen. 165 Patienten erhielten die übliche Behandlung für die Erkrankung. Die Teilnehmer, welche über einen Zeitraum von vier Monaten körperlich trainierten, führten zwei Trainingseinheiten pro Woche durch, die jeweils 60 bis 90 Minuten andauerten, erklären die Mediziner. Die dabei durchgeführten Übungen umfassten beispielsweise Radfahren und die Verwendung von Hanteln und Bleigurten. Die Probanden wurden zusätzlich gebeten eine weitere Stunde Sport pro Woche zu Hause durchzuführen.
Sport verlangsamte die Krankheit nicht
Die Ergebnisse zeigten, dass diejenigen, die das Trainingsprogramm durchführten, schlechtere kognitive Werte aufwiesen, als jene, die nicht trainierten. Das Training machte zwar die Teilnehmer körperlich fitter, aber durch den Sport wurde der Fortschritt der Krankheit nicht verlangsamt.
Leichtes Training ist vorteilhaft
“Die Ergebnisse sollten Menschen mit Demenz aber nicht davon abhalten Spaziergänge zu machen, Schwimmen zu gehen oder andere leichte sportliche Aktivitäten durchzuführen”, erklärt Professor Lamb. Erkrankte dürften jetzt nicht die Hoffnung verlieren. Zudem sei leichtes Training durchaus vorteilhaft. “Betroffene sollten also nicht mit solchen Aktivitäten aufhören”, sagen die Forscher. Bei der Studie wurden spezielle Übungsprogramme genutzt.
Die Ergebnisse sind sehr wichtig
Die Ergebnisse sind enorm wichtig für Menschen mit Demenz und den NHS. Die Suche nach effektiven Lebensstil-Interventionen, die den kognitiven Verfall bei Demenz verzögern können, muss fortgesetzt werden, erklären die Experten. Auch die festgestellte Verschlechterung der kognitiven Funktionen sei sehr wichtig. Obwohl dies nur eine winzige Verschlechterung der kognitiven Leistungen war, welche bei einem einzelnen Patienten nicht wahrnehmbar gewesen wäre, unterschieden sie sich statistisch signifikant.
Menschen mit niedrigerem Einkommen haben ein erhöhtes Demenz-Risiko
Eine zweite Studie ergab, dass Menschen mit einem niedrigeren Einkommen ein höheres Risiko für Demenz haben, verglichen mit wohlhabenden Menschen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden in dem Fachblatt „JAMA Psychiatry“ publiziert. Für diese Studie untersuchten die Forscher des University College London die Daten von 6.000 Erwachsenen, die zwischen 1902 und 1943 geboren wurden. Dabei fanden sie heraus, dass die 20 Prozent der am stärksten finanziell benachteiligten Teilnehmer zu 50 Prozent häufiger an Demenz erkrankten, verglichen mit den 20 Prozent der wohlhabendsten Probanden.
Die Studie bestätigt, dass das Risiko von Demenz bei wohlhabenden älteren Menschen reduziert ist, verglichen mit Menschen, welche weniger wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung haben, erklärt Studienautor Professor Andrew Steptoe vom University College London. Viele Faktoren könnten an dem Ergebnis beteiligt sein. Unterschiede in Bezug auf einen gesunden Lebensstil und medizinische Risikofaktoren seien relevant. Es könne auch sein, dass besser gestellte Menschen größere soziale und kulturelle Möglichkeiten haben, die es ihnen ermöglichen, aktiv mit der Welt in Kontakt zu bleiben. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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