OLG München: Annahme durch schwulen Partner muss Kindeswohl dienen
Im Ausland legal mit Hilfe einer anonymen Eizellspende und einer Leihmutter zur Welt gebrachte Kinder haben ein Recht auf zwei Elternteile. Deutsche Behörden dürfen einem schwulen Ehepartner nicht wegen Gesetzes- und Sittenwidrigkeit die Adoption verweigern, entschied das Oberlandesgericht (OLG) München in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 12. Februar 2018 (Az.: 33 UF 1152/17).
Nach deutschem Recht ist die Leihmutterschaft verboten. Führen Ärzte diese dennoch durch, drohen ihnen eine Geldbuße oder bis zu drei Jahren Haft. Viele Paare mit unerfülltem Kinderwunsch suchen deshalb ihr Glück im Ausland. Sie hoffen mit Hilfe einer anonymen Eizellspende und einer Leihmutter auf ein Kind.
Im konkreten Fall reiste ein schwules zunächst verpartnertes und später verheiratetes Paar in die Ukraine, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Unter Verwendung von Samenzellen des Vaters und Eizellen einer anonymen Spenderin wurde in einer Kinderwunschklinik eine künstliche Befruchtung durchgeführt. Der Klinik sind die Daten der Eizellspenderin bekannt, so dass das Kind ab Volljährigkeit diese erfragen kann.
Eine Leihmutter trug die befruchtete Eizelle aus, was nach ukrainischem Recht erlaubt ist. Als das Kind auf die Welt kam, erklärte die Leihmutter vor den deutschen Behörden, dass das Kind Deutscher sein solle, und erteilte dem Vater die Vollmacht zur alleinigen Sorge.
Der Vater und dessen schwuler Partner reisten mitsamt Kind zurück nach Deutschland und übernahmen von Anfang an die Betreuung. Der Partner wollte schließlich auch als Elternteil gelten und das Kind adoptieren.
Das Jugendamt und das Amtsgericht München lehnten dies ab. Zwar sei die Adoption dem Kindeswohl dienlich, nicht aber erforderlich. Das Amtsgericht verwies auf die gesetzlichen Bestimmungen. Diese schließen die Adoption des Kindes grundsätzlich aus, wenn „an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung des Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt“ oder eine andere Person hiermit beauftragt oder belohnt wurde. Ausnahme: Die Adoption ist für das Kind erforderlich. Dies sei hier aber nicht der Fall.
Das schwule Paar wehrte sich. Eine Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit der Adoption liege nicht vor. In der Ukraine sei es legal, dass ein Kind mit Hilfe einer Leihmutter geboren und später zur Adoption freigegeben wird. Nur mit der Adoption könne eine verlässliche rechtliche Zuordnung zu beiden Elternteilen aufgebaut werden. Die Leihmutter sei nicht in der Lage und wolle auch nicht eine Beziehung zu dem Kind aufbauen.
Das OLG gab dem schwulen Paar recht. „Bei Zuhilfenahme von Eizellspende und Leihmutterschaft handelt es sich nicht um eine gesetzes- oder sittenwidrige Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme“, befanden die Münchener Richter. Denn die Eizellspende und die Leihmutterschaft seien in der Ukraine erlaubt. Zwischen dem Annehmenden und dem Kind bestehe zudem ein Eltern-Kind-Verhältnis.
Es liege auch ein Familienverbund vor, da sich sowohl der genetische Vater als auch der Annehmende von Anfang an um das Kind gekümmert haben.
Zwar wolle der Gesetzgeber Leihmutterschaften vermeiden. „Bei der Bewertung des Adoptionsbegehrens kommt es einzig auf das Wohl des Kindes und die Prognose des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses an“, entschied das OLG. Werde trotzdem die Adoption versagt, liege ein Eingriff in die Rechte des Kindes vor.
Die Adoption müsse auch nicht erforderlich sein. Ausreichend sei, dass diese dem Kindeswohl dient. Dies sei der Fall, wenn die Adoption die Lebensbedingungen des Kindes so ändert, „dass eine merklich bessere Entwicklung seiner Persönlichkeit zu erwarten ist“. Dem stehe nicht entgegen, dass das Kind von einer Leihmutter geboren wurde. Hier werde dem Kind ein beständiges und verlässliches Zuhause verschafft, so dass einer Adoption nichts im Wege stehe.
Am 10. Dezember 2014 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass deutsche Behörden die Elternschaft eines homosexuellen Paares für ein per Leihmutter geborenes Kind anerkennen müssen, wenn ein ausländisches Gericht dies bereits so festgestellt hat (Az.: XII ZB 463/13; JurAgentur-Meldung vom 19. Dezember 2014). Da einer der schwulen Lebenspartner mit dem Kind genetisch verwandt sei, weiche die Entscheidung auch „nicht in einem solchen Maß von der deutschen Rechtslage ab, dass ihre Anerkennung untragbar wäre“, so damals der BGH. fle/mwo
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