Drastische Zunahme der Hodenkrebs-Fälle in den meisten modernen Industrienationen
Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei jungen Männern und seit Jahren verzeichnen Mediziner in Europa und den USA deutlich steigenden Fallzahlen. Wissenschaftler der Universität Chicago haben nun in dem Fachmagazin „World Journal of Urology“ eine umfassende Auswertung des verfügbaren Datenmaterials zu den Hodenkrebserkrankungen in Europa und den USA veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Hodenkrebserkrankung seit 1992 bei jungen Männern um knapp 20 Prozent erhöht hat.
Unter den europäischen Ländern hatten laut Angaben des Forscherteams der University of Chicago Dänemark, Schweden und Norwegen die höchsten Neuerkrankungsraten bei Hodenkrebs zu verzeichnen. Deutschland befindet sich dicht dahinter, ebenfalls in einem unerfreulichen Spitzenbereich. Die Erkrankungsraten liegen hierzulande rund drei Mal höher als beispielsweise in Spanien und rund doppelt so hoch wie in den USA. Was die Ursache der extrem hohen Neuerkrankungsraten in zahlreichen Ländern ist, lässt sich aus den Daten nicht ableiten. Hier sind dringend weitere Untersuchungen erforderlich, um mögliche Einflussgrößen zu bestimmen und Risikofaktoren gegebenenfalls zu eliminieren.
Hodenhochstand erhöht des Hodenkrebsrisiko erheblich
Als einer dieser Risikofaktoren gilt der sogenannte Hodenhochstand, welcher laut Angabe der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) zu den häufigsten urologischen Erkrankungen von Kindern zählt. „Wird der Hodenhochstand nicht bis zum Ende des ersten Lebensjahres behandelt, drohen Unfruchtbarkeit und ein bis zu 8-faches Risiko, später an Hodenkrebs zu erkranken“, erläutert der Vorsitzende des DGU-Arbeitskreises Kinder- und Jugendurologie, Professor Dr. Raimund Stein. Häufig werde diese Entwicklungsstörung zu spät erkannt und therapiert, so die Warnung der DGU. Hier könnten gut aufgeklärte Eltern wesentlich dazu beitragen, den Hodenhochstand frühzeitig festzustellen, weil die verschiedenen Formen einer Hodenfehllage bei den Vorsorgeuntersuchungen nicht immer zweifelsfrei zu diagnostizieren seien. Beispielsweise könne ein Pendelhoden bei einer ärztlichen Untersuchung durchaus ertastbar sein, aber bei Kälte oder Bewegung wieder in den Leistenkanal wandern. Ein Gleithoden lasse sich zwar herunterziehen, rutsche aber rasch wieder in die Leiste. Eltern sollten daher zu Hause ebenfalls auf Auffälligkeiten achten.
Behandlung des Hodenhochstands angebracht
Laut Angaben der DGU wandern die Hoden bei den betroffenen Jungen meist im Laufe der ersten sechs Lebensmonate von selbst in den Hodensack, doch nach diesem Zeitpunkt sei das nicht mehr wahrscheinlich und eine Behandlung durch eine Operation oder eine Kombination von Hormontherapie und Operation angezeigt. Die Hormontherapie erfolge dabei per Nasenspray über einen Zeitraum von vier Wochen und sei in 20 Prozent der Fälle erfolgreich. Zeigt sie nicht die gewünschte Wirkung, bleibt die Möglichkeit einer Operation. „Durch eine sehr frühzeitige Behandlung des Hodenhochstandes wird die spätere Fruchtbarkeit der Jungen verbessert und gleichzeitig das Risiko für einen späteren Hodenkrebs gesenkt“, so die DGU-Pressesprecherin Prof. Dr. Sabine Kliesch. Sie rät Eltern dringend alle Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen und bei ihren Söhnen auf die Lage der Hoden zu achten. Bestehen Unsicherheiten, könne ein Termin beim Urologen beziehungsweise Kinderurologen helfen. Weil das Hodenkrebs-Risiko auch nach angemessener Behandlung der Hodenfehllage im späteren Lebensverlauf erhöht bleibt, sollten die betroffenen Jungen laut Aussage der Expertin zudem ab Beginn der Pubertät regelmäßig ihre Hoden selbst abtasten und dabei auf Verhärtungen und Vergrößerungen achten. (fp)
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