Hirnhautentzündungen: Zunahme der Meningokokken-W-Erkrankungen in Europa
Meningokokken-Erkrankungen kommen in Deutschland derzeit nur ausgesprochen selten vor. Dennoch gibt es auch hierzulande immer wieder Todesfälle durch die gefährlichen Keime. Zudem weisen Experten nun darauf hin, dass es seit einiger Zeit in europäischen Ländern zu einem Anstieg der Meningokokken-W-Infektionen kommt. Diese können oft tödlich verlaufen.
Bakterien werden meist per Tröpfcheninfektion übertragen
Meningokokken sind Bakterien, die sich im Nasen-Rachen-Raum des Menschen ansiedeln und dort laut dem Robert Koch-Institut (RKI) bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung ohne Anhalt klinischer Symptome nachweisbar sind. Übertragen werden sie am häufigsten per Tröpfcheninfektion. Die Bakterien gelangen beim Sprechen, Husten oder Niesen in kleinen Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum in die Luft und können aus kurzer Entfernung eingeatmet werden. Die Erreger können unter anderem zu einer bakteriellen Meningitis führen. Diese ist zwar selten, aber gefährlich. Seit einiger Zeit kommt es in Europa zu Meningokokken-Infektionen durch einen Serotyp, der bislang vor allem aus Afrika bekannt war.
Anstieg der Infektionen durch den Serotyp W
Wie das CRM Centrum für Reisemedizin in einer Mitteilung erklärt, kommen Meningokokken der Art Neisseria meningitidis – die Erreger gefährlicher Hirnhautentzündungen – weltweit in zwölf unterschiedlichen Serotypen vor.
In Europa herrschen traditionell die Serotypen B und C vor. Im sogenannten Meningitis-Gürtel im Afrika südlich der Sahara dominierte bis vor wenigen Jahren der Serotyp A, jetzt überwiegt allerdings Typ W deutlich.
Seit einiger Zeit kommt es auch in verschiedenen europäischen Länder wie den Niederlanden und England zu einem Anstieg der Infektionen, die durch den Serotyp W verursacht werden.
Laut den Experten zählt „MenW“ zu den Meningokokken-Infektionen, die am häufigsten tödlich verlaufen.
Reisende, insbesondere Austauschschüler und -studenten, sollten einen möglichst umfassenden Impfschutz gegen Meningokokken haben, rät das CRM Centrum für Reisemedizin. Das Institut empfiehlt den Immunschutz gegen alle derzeit impfpräventablen Serogruppen A, B, C, W und Y.
In Deutschland treten vor allem Meningokokken des Typs B und C auf
Den Angaben zufolge sind in den Niederlanden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bereits 57 Personen an Meningitis vom Typ W erkrankt, elf sind an der Infektion verstorben.
Damit liegt die Zahl der durch diesen Erregertyp verursachten Infektionen schon jetzt über der – ebenfalls auffallend hohen – Gesamtzahl im Jahr 2017.
Als Reaktion auf diesen Anstieg hat die niederländische Regierung bereits im vergangenen Jahr Reihenimpfungen beschlossen, um Kleinkinder und Grundschüler mit einem Kombinationsimpfstoff gegen die Serotypen A, C, W und Y zu schützen.
„Auch in England, wo sich bereits vor einigen Jahren ein Anstieg dieses Serotyps bemerkbar machte, wurde der Vierfachimpfstoff vor zweieinhalb Jahren in das staatliche Impfprogramm aufgenommen“, erläutert Professor Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des CRM.
Dort ersetzte er den Einfachimpfstoff gegen Meningokokken vom Typ C. In Deutschland ist weiterhin nur die Impfung gegen Meningokokken vom Typ C im Impfkalender der Ständigen Impfkommission (STIKO) vorgesehen.
Hierzulande treten vor allem Meningokokken des Typs B und C auf. Die Inzidenz ist seit 2003 zurückgegangen. 2017 registrierte das Robert Koch-Institut (RKI) 288 Fälle, bei mehr als 70 Prozent handelte es sich um Infektionen mit Meningokokken B.
Infektion führt oft zu Blutvergiftung oder Hirnhautentzündung
Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion übertragen und können grundsätzlich zwei verschiedene Krankheitsbilder verursachen:
Die namengebende Hirnhautentzündung (Meningitis) und eine Blutvergiftung (Sepsis), die auch gemeinsam auftreten können. „Beide Krankheiten entwickeln sich extrem rasch und können tödlich verlaufen“, so Jelinek.
Daher müsse so schnell wie möglich ein Arzt aufgesucht und eine antibiotische Behandlung eingeleitet werden.
Problematisch ist dabei, dass die typischen Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Übelkeit eher unspezifisch sind und einer Grippe oder starken Erkältung ähneln können.
„Alarmsignale für eine Meningitis sind Nackensteife, starke Lichtempfindlichkeit und manchmal auch Krampfanfälle“, erklärt Jelinek.
Eine Sepsis mache sich dagegen mit Gliederschmerzen, einer schnellen, flachen Atmung und einer blassen fleckigen Haut bemerkbar. Die Flecken werden durch kleine Einblutungen verursacht und lassen sich im Gegensatz zu einem normalen Ausschlag nicht „wegdrücken“.
Eine Meningokokken-Infektion kann trotz ärztlicher Behandlung tödlich enden. So war etwa vor wenigen Monaten in Hessen ein achtjähriges Kind an der Erkrankung verstorben.
Zudem kämpfen manche Überlebende mit Spätfolgen wie Taubheit, Lernschwächen oder anderen kognitiven Problemen.
Infektionen in jedem Lebensalter
Den Experten zufolge können Meningokokken-Infektionen in jedem Lebensalter auftreten, sind jedoch in zwei Altersgruppen besonders häufig: Meist sind Kinder im 1. und 2. Lebensjahr sowie 15- bis 19-jährige Jugendliche betroffen.
Jenseits des 25. Lebensjahres tritt die Erkrankung eher selten auf, sofern nicht besondere Risikofaktoren vorliegen.
„Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 3 bis 4 Tage, sie kann allerdings auch zwischen 2 und 10 Tagen liegen“, schreibt das RKI.
Umfassender Impfschutz vor allem für jüngere Reisende
Insbesondere jüngere Reisende sollten einen möglichst umfassenden Impfschutz gegen Meningokokken haben, rät das CRM Centrum für Reisemedizin.
Das Institut empfiehlt den Immunschutz gegen alle derzeit impfpräventablen Serogruppen A, B, C, W und Y.
Wichtig ist dieser vor allem für Reisenden bis zum 25. Lebensjahr, insbesondere wenn sie engen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung haben oder in Gemeinschaftsunterkünften übernachten.
Dies betrifft vor allem Austauschschüler und -studenten. Das Risiko, sich mit Meningokokken anzustecken, ist in dieser Gruppe besonders groß. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.