Mythos O-Beine durch Fußball gelüftet
Der Startschuss zur Weltmeisterschaft 2018 ist bereits gefallen und Deutschland ist im Fußball-Fieber. In vielen Ländern ist Fußball der am häufigsten ausgeübte Sport von Kindern und Jugendlichen. Allgemein wird bei Fußballspielern ein höheres Vorkommen von Genu varum, besser bekannt als O-Beine, vermutet. Ein deutsches Ärzteteam hat sich den Zusammenhang zwischen intensivem Fußballtraining und der Entwicklung von O-Beinen genauer angeschaut, um Beweise für diese oft gehörte Vermutung zu finden.
Das Team um die Chirurgen Peter Helmut Thaller und Julian Fürmetz von der Ludwig-Maximilians-Universität haben die Daten von 1.344 Fußballspielern ausgewertet. Alle Probanden haben schon von Kindheit an Fußball gespielt. Tatsächlich konnten die Mediziner Unterschiede zu Nicht-Kickern feststellen. Der Abstand zwischen den Knien war bei den Sportlern durchschnittlich 1,5 Zentimeter größer. Die Experten vermuten, das asymmetrische Muskelkräfte und vermehrte einseitige Belastungen am und um das Kniegelenk eine Ursache für den erhöhten Abstand sein könnten. Insbesondere während Wachstumsschüben vor und in der Pubertät könne dies bei Leistungssportlern auftreten. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden kürzlich im „Deutschen Ärzteblatt“ publiziert.
Die Sch(l)ussfolgerung
„Intensives Fußballspiel im Wachstumsalter kann die Entwicklung von Genu varum (O-Beine) begünstigen“, berichten die Mediziner in der Auswertung. Außerdem bestehe ein erhöhtes Risiko einer Kniegelenksarthrose. Die Autoren der Analyse raten Ärzten dazu, auf dieses Risiko hinzuweisen, wenn Fußballer ihren Sport auf einem hohen Leistungs-Niveau betreiben möchten. Solange Fußball als Freizeitsport ausgeübt wird, sind die Bedenken eher gering.
Wie kommt es zu den hohen Belastungen?
Bei typischen Bewegungen, die Fußballspieler häufig während Trainingseinheiten und Spielen ausüben, kommt es zu starken Belastungen der Adduktoren des Oberschenkels. Diese Muskeln setzen an der Innenseite des Beines an. Die Ärzte berichten in der Analyse, dass die Adduktoren so stark an der Innenseite des Knies zerren, dass sie die Wachstumsfugen an den Kniegelenken einseitig belasten. Dieser Effekt wird durch Stollen an den Schuhen noch verstärkt, da die Kraft nicht durch eine Außendrehung des Fußes abgeleitet werden kann.
Bei Heranwachsenden O-Beine – Bei Erwachsenen Arthrose
Insgesamt stellten die Mediziner fest, dass ein intensiv praktizierter Fußballsport bei Heranwachsenden eher das Risiko für O-Beine erhöht, während Erwachsene eher einem erhöhtem Risiko für Arthrose im Knie ausgesetzt sind. Dabei ist anzumerken, dass es sich um leistungsbezogenen Sport handelt, der fünfmal die Woche betrieben wird. Von einer Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Freizeitsport gehen die Mediziner vorerst nicht aus.
Berühmte Kicker mit Beinfehlstellungen
Beobachtungen für häufig auftretende O-Beine im Fußballgewerbe gibt es schon lange. Experten stritten sich oft darüber, ob eine Verbindung zwischen Fußball und O-Beinen nur Mythos oder handfeste Medizin ist. Die bekanntesten O-Beine hat wohl Pierre Littbarski, für den die krummen Beine fast schon ein Markenzeichen waren. Aktuellere Vertreter sind hier beispielsweise Kevin-Prince Boateng und Marko Marin.
Auswirkungen von O-Beinen
Die Fehlstellung der Kniegelenke kann je nach Schwere oft schon auf den ersten Blick gesehen werden. Die gebogene Form wird auch als Varusstellung des Knies bezeichnet und führt zu einer erhöhten Belastung von Knie und Füßen. Typische Symptome sind Kniegelenkschmerzen oder Beinschmerzen unter Belastung, morgendliche Schmerzen beim Aufstehen oder nach längerem Sitzen. Die Fehlstellung kann die Ausbildung von Knick-Senk-Füßen begünstigen. Zusätzlich steigt das Risiko einer Kniegelenksarthrose. Ist nur ein Bein von Genu varum betroffen, kann eine Schädigung der Wirbelsäule auftreten. Bei vielen Betroffenen treten aber auch überhaupt keine Beschwerden durch O-Beine auf. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.