Maßnahmen gegen Werbung für energiereiche Lebensmittel gefordert
In den meisten Ländern Europas sind zahlreiche Kinder viel zu dick. Auch hierzulande leiden immer mehr Kinder und Jugendliche an Übergewicht oder Adipositas. Mitschuld daran trägt auch Werbung für energiereiche Lebensmittel. Experten zufolge könne durch die Ampelkennzeichnung ein gesünderer Konsum gefördert werden.
Immer mehr übergewichtige Kinder
Gesundheitsexperten zufolge leben immer mehr Übergewichtige in Deutschland. Auch viele Kinder und Jugendliche sind betroffen. So zeigte sich in der KiGGS-Studie, dass hierzulande jedes siebte Kind zu dick ist: Über 15,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren sind demnach übergewichtig, rund 5,9 Prozent sogar adipös. Adipositas kann bereits im Jugendalter Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes nach sich ziehen. Nach Auffassung von Fachleuten muss das Problem rigoroser bekämpft werden. Insbesondere die Werbung für energiereiche Lebensmittel müsse stärker eingeschränkt werden.
Werbung beeinflusst das Essverhalten von Kindern
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Werbung das Essverhalten von Kindern massiv beeinflusst und in vielen Fällen zu Übergewicht führt.
Vor allem Online-Werbung für ungesunde Lebensmittel wird von Fachleuten kritisch beäugt.
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft in einer aktuellen Mitteilung berichtet, begrüßt die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) die Forderung der Verbraucherschutzministerkonferenz, gegen an Kinder gerichtete Werbung für energiereiche Lebensmittel vorzugehen.
Laut den Experten zeigt eine aktuelle Studie aus Australien, dass Kinder schon durch eine kurze Werbeeinwirkung messbar mehr Kalorien pro Tag zu sich nehmen.
„Die Politik muss endlich Kinder vor dieser gesundheitsschädlichen Beeinflussung schützen“, sagt DANK-Sprecherin Barbara Bitzer.
Erhöhter Kalorienkonsum
In dem Experiment der Universitäten Sydney, Liverpool und Wollongong wurden insgesamt 160 Kinder eines Feriencamps zufällig in vier Gruppen eingeteilt.
Gruppe 1 sah jeden Tag einen 10-minütigen Film mit Werbeunterbrechungen für ungesunde Produkte wie Frühstücksflocken, ein Burger-Menü oder Schokoladencreme.
Gruppe 2 spielte zusätzlich noch ein kurzes Computerspiel mit ähnlicher Werbung. Gruppe 3 und 4 erhielten dieselbe Intervention, sahen jedoch Werbung für andere Produkte (Non-Food).
Dann wurde gemessen, wie viel die Kinder bei Frühstück und Mittag sowie in einer Snackpause direkt nach dem Film/Spiel essen.
Dabei zeigte sich, dass die Kinder, die in TV und Computerspiel Werbung für ungesunde Produkte sahen, am Tag durchschnittlich 46 kcal mehr als die Kinder der beiden Kontrollgruppen aßen.
Besonders ausgeprägt war der Effekt bei bereits übergewichtigen Kindern – sie aßen sogar 95 kcal mehr.
Dabei wurden nicht einmal die beworbenen Produkte angeboten: Die Werbung verführte die Kinder offenbar generell dazu, mehr zu essen.
Bietet man den Kindern genau den beworbenen Snack an, fällt der Effekt noch dramatischer aus, wie eine Studie aus den USA mit 60 Vorschulkindern zeigte. Sie konsumierten mit Snack-Werbung 30 Prozent mehr Kalorien als ohne.
Schädliche Snack-Werbung
Wie die Diabetes Gesellschaft schreibt, bestätigten die Studien die Befunde vieler anderer Untersuchungen mit Kindern, die ebenfalls einen erhöhten Nahrungsmittelkonsum nach Werbung feststellen.
„Wissenschaftlich ist hinreichend erwiesen, wie schädlich Snack-Werbung für Kinder ist“, so Prof. Dr. med. Hans Hauner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Diabetes Stiftung, „es ist deshalb nicht zu erklären, dass wir das als Gesellschaft immer noch zulassen.“
Die DANK fordert die Bundesregierung auf, Werbung für ungesunde Produkte für Kinder generell zu verbieten.
Verpflichtendes Ampelsystem in Deutschland
Umgekehrt, auch das zeigen Studien, kann der Lebensmittelkonsum durch verständlichere Nährwertinformationen auch positiv beeinflusst werden.
Die Experten begrüßen daher die Ankündigung des Herstellers Danone, ab 2019 das fünfstufige Ampelsystem „Nutri-Score“ auch in Deutschland einzuführen.
Mehrere Studien in Online- und realen Supermärkten haben gezeigt, dass sich dadurch die Nährwertqualität des eingekauften Warenkorbs um sechs bis neun Prozent verbessert – auch bei Personen mit geringem Einkommen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass die derzeitige Kennzeichnung in Deutschland, kleingedruckt und auf der Rückseite der Verpackung, nicht ausreicht“, erläutert Bitzer, die auch Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft ist:
„Verbraucher haben das Recht auf verständlichere Informationen – dann treffen sie auch gesündere Kaufentscheidungen.“
Die DANK fordert ein verpflichtendes Ampelsystem in Deutschland. Dies wird, ebenso wie ein Verbot von an Kinder gerichtetes Marketing für dickmachende Produkte, auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.