Können wir die Alterung bald rückgängig machen?
Viele Menschen wünschen sich, dass sie ihre Alterung umkehren und noch einmal jung sein können. Natürlich ist dies in der Realität so nicht umzusetzen, aber Forscher sind in Experimenten diesem Ziel wieder ein Stück näher gekommen. Ihnen gelang es, das Altern menschlicher Zellen umzukehren.
Den Wissenschaftlern von der University of Exeter ist es bei ihrer Untersuchung gelungen, das Altern von menschlichen Zellen umzukehren. Dies könnte die Grundlage für künftige Anti-Degenerations-Medikamente darstellen. Die Ergebnisse der Studie können in der englischsprachigen Datenbank „PubMed“ eingesehen werden.
Was sind Seneszenz-Zellen?
Alterung kann als fortschreitender Rückgang der körperlichen Funktion angesehen werden und ist häufig mit dem Auftreten chronischer Krankheiten verbunden, wie beispielsweise Krebs, Diabetes und Demenz. Es gibt viele Gründe, warum Zellen und Gewebe aufhören zu funktionieren, aber ein neuer Schwerpunkt in der Biologie des Alterns ist die Ansammlung von seneszenten Zellen im Gewebe und in den Organen, erklären die Experten. Sogenannte Seneszenz-Zellen sind ältere Zellen, die nicht mehr so funktionieren, wie sie es eigentlich sollten. Zusätzlich beeinträchtigen sie auch auch die Funktion von Zellen um sie herum, erläutern die Wissenschaftler weiter.
Was bewirkt die Entfernung von Seneszenz-Zellen?
Eine Entfernung dieser alten dysfunktionellen Zellen hat gezeigt, dass sich bei Tieren hierdurch viele Merkmale des Alterns verbessern. Beispielsweise verzögerte sich das Einsetzen von Katarakten. Forscher verstehen immer noch nicht ganz, warum Zellen mit zunehmendem Alter seneszent werden, aber es wurde bereits eine Schädigung der DNA, in Form einer Entzündung und Beeinträchtigung der schützenden Moleküle am Ende der Chromosomen (Telomere) als Ursache vermutet.
Gene müssen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort aktiviert werden
Ein wichtiger Teil der Seneszenz könnte der Verlust der Fähigkeit sein, Gene zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort ein- und auszuschalten, sagen die Experten. Wenn Menschen älter werden, verlieren Körper die Fähigkeit zu kontrollieren, wie Gene reguliert werden. Jede Zelle im Körper enthält alle Informationen, welche für das Leben benötigt werden, aber nicht alle Gene sind in allen Geweben oder unter allen Bedingungen eingeschaltet. So kann sich beispielsweise eine Herzzelle von einer Nierenzelle unterscheiden, obwohl sie die gleichen Gene enthalten.
Gene erzeugen verschiedene molekulare Nachrichten
Wenn ein Gen durch Signale von innerhalb oder außerhalb der Zelle aktiviert wird, erzeugt es eine molekulare Nachricht (RNA genannt), welche alle Informationen enthält, die benötigt werden, um die Produktion des Gens zu aktivieren. Mehr als 95 Prozent der menschlichen Gene können tatsächlich verschiedene Arten von Nachrichten erzeugen, abhängig von den Bedürfnissen der Zelle. Die Entscheidung, welche Art von Botschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt produziert wird, wird von einer Gruppe von etwa 300 Proteinen getroffen, welche Spleißfaktoren genannt werden.
Menge an Spleißfaktoren nimmt im Alter ab
Wenn wir älter werden, nimmt die Menge an Spleißfaktoren ab, die wir produzieren können. Dies bedeutet, dass ältere Zellen weniger in der Lage sind, Gene an- und auszuschalten, um auf Änderungen in ihrer Umgebung zu reagieren. Es wurde bereits festgestellt, dass die Werte dieser wichtigen Regulatoren in Blutproben von älteren Menschen und auch in isolierten seneszenten Zellen verschiedener Gewebetypen abnehmen, erklären die Mediziner.
Schwefelwasserstoff kann Merkmale altersbedingter Krankheiten verbessern
Die Experten haben nach Möglichkeiten gesucht, um die Spleißfaktoren wieder zu aktivieren. Die Behandlung alter Zellen mit einem Wirkstoff, der geringe Mengen Schwefelwasserstoff freisetzt, konnte einige Spleißfaktoren erhöhen und alte menschliche Zellen verjüngen. Schwefelwasserstoff ist ein Molekül, welches natürlich im menschlichen Körper vorkommt und nachweislich einige Merkmale altersbedingter Krankheiten bei Tieren verbessert.
Geringe Dosen von Schwefelwasserstoff führten zu weniger Nebenwirkungen
In großen Mengen kann Schwefelwasserstoff auch giftig sein, also mussten die Mediziner einen Weg finden, Schwefelwasserstoff direkt an den Teil der Zelle zu liefern, wo er gebraucht wird. Ein Molekül konnte direkt in die Mitochondrien gebracht werden, die Energie in Zellen produzierenden Strukturen. Dadurch konnten dann winzige Dosen verwendet werden, was zu weniger Nebenwirkungen führte, erläutern die Experten. In Zukunft könnten Wissenschaftler durch molekulare Instrumente in der Lage sein, seneszente Zellen in lebenden Menschen zu entfernen. Dies würde es ermöglichen, mehrere altersbedingte Krankheiten gleichzeitig zu bekämpfen, sagen die Forscher. (as)
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