Lebensgefährliche Vergiftungen durch Pilze: Experten warnen vor tödlichen Doppelgängern
Noch gibt es hierzulande relativ wenige Pilze zu finden. Doch das könnte sich in den kommenden Wochen ändern. Experten weisen daher schon jetzt auf mögliche Vergiftungsgefahren durch selbst gesammelte Pilze hin. Es gibt zahlreiche Arten, die der Gesundheit schaden können.
Gute Wachstumschancen für Herbstpilze
September und Oktober gelten in Deutschland eigentlich als Hauptsaison für Pilze. Doch der trockene Hitze-Sommer hat das Pilzwachstum eingeschränkt. Dennoch gehen Experten davon aus, dass die Herbstpilze in den nächsten Wochen noch gute Wachstumschancen haben. Denn viele Pilzsorten reagieren auch nach längeren Trockenperioden auf Niederschläge und beginnen zu wachsen: sowohl Speisepilze als auch Giftpilze, die sich häufig in der Optik kaum von essbaren Varianten unterscheiden. Um gefährliche und mitunter tödliche Vergiftungen zu verhindern, rät die Deutsche Leberstiftung zur Vorsicht beim Pilezsammeln.
Besonders gefährdete Personengruppen
„Im schlimmsten Fall kommt es nach dem Verzehr von Giftpilzen zu einem Organversagen“, warnt Professor Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, in einer Mitteilung.
„Wenn die Toxine aus dem Magen- und Darmtrakt aufgenommen sind und über die Blutbahn in die Leber kommen, kann das zu einem Leberversagen führen“, so der Experte.
Den Angaben zufolge stieg die Zahl der Pilzvergiftungen im Jahr 2017, in dem durch das feuchtwarme Klima bereits im Juni und Juli die Wachstumsbedingungen für Pilze gut waren, extrem an.
Auch schwere Vergiftungen, die zum Leberversagen führten, gab es im vergangenen Jahr vermehrt.
Neben kleinen Kindern, die beim Spielen Giftpilze pflücken und verzehren sowie Erwachsenen, die Giftpilze mit essbaren heimischen Pilzen verwechseln, gibt es eine weitere gefährdete Gruppe: Geflüchtete und Spätaussiedler.
Diese Menschen verwechseln meistens den hochgiftigen Knollenblätterpilz mit Speisepilzen aus den jeweiligen Heimatländern.
Wirkung von gefährlichem Giftpilz erst nach mehreren Stunden
Als Präventionsmaßnahme informiert die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) gemeinsam mit dem Giftinformationszentrum-Nord und dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit Knollenblätterpilz-Warn-Plakaten in neun verschiedenen Sprachen.
Den Angaben zufolge ist der Knollenblätterpilz einer der giftigsten Pilze in Deutschland und für rund 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen in Europa verantwortlich.
Nach dem Verzehr des Knollenblätterpilz (er schmeckt nach Aussagen Betroffener ausgesprochen gut) treten Symptome erst nach einer beschwerdefreien Zeit von sechs bis 24 Stunden auf. Wenn das Gift Wirkung zeigt, hat es sich schon im ganzen Körper verteilt.
Dann kommt es zu schwerem sechs bis neun Stunden anhaltendem heftigen Durchfall und Erbrechen.
Die Gifte des Knollenblätterpilzes, die sogenannten Amatoxine, beginnen bereits etwa 24 Stunden nach dem Verzehr die Leber zu zerstören.
Frühe Diagnose ist extrem wichtig
Eine frühe Diagnose ist extrem wichtig, denn die Vergiftung kann behandelt werden. Bei günstigem Verlauf zeigt sich nach sieben bis zehn Tagen ein kompletter Rückgang der Symptome. Es liegt dann eine vollständige Heilung vor.
Im schlimmsten Fall kann eine Knollenblätterpilz-Vergiftung allerdings zum Leberversagen führen, sodass nur noch eine Lebertransplantation das Leben des Patienten retten kann.
„Besteht auch nur der Verdacht einer Pilzvergiftung, sollte dringend der Notarzt gerufen werden. Je früher diagnostiziert und behandelt wird, umso größer sind die Heilungschancen“, so Professor Manns.
„Eine Erhöhung der Leber- und Nierenwerte sind Zeichen einer systemischen Vergiftung. Zum Nachweis des Pilzgiftes und somit zur leichteren Diagnose sollten die Pilzreste und das Erbrochene aufgehoben und an den Notarzt weitergegeben werden.“
Angebliche Merkmale für die Ungiftigkeit können irreführend sein
Der Experte appelliert an alle Pilzsammler, gefundene Pilze nur dann zu verspeisen, wenn sie sich nach langjähriger Erfahrung und mit fundiertem Wissen absolut sicher sind, dass es sich um essbare Pilze handelt.
Unerfahrene Pilzsammler sollten in jedem Fall vor dem Verzehr einen Pilzsachverständigen zu Rate ziehen.
Angebliche Merkmale für die Ungiftigkeit von Pilzen wie Maden- oder Schneckenbefall sind laut Professor Manns irreführend:
„Schnecken beispielsweise bekommen keine Leberschädigung durch Amatoxine, weil sie keine ‚richtige‘ Leber haben, ihr zentrales Stoffwechsel-Organ ist die Mitteldarmdrüse.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.