Können Viren zur Bekämpfung von multiresistenten Bakterien dienen?
Bakterien zeigen zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika. Dies stellt eine immer größer werdende Bedrohung für die globale Gesundheit dar. Hochrechnungen zufolge werden bald jährlich Millionen von Menschen sterben, da keine Medikamente mehr wirken. Ein deutsches Forscherteam stellt sich dieser Problematik mit einem ungewöhnlichen Ansatz. Die Forschenden lassen die natürlichen Feinde auf die Bakterien los: Viren.
Dr. Li Deng ist Viren-Forscherin am Helmholtz Zentrum München. Sie untersucht mit ihrem Team, ob sich Viren zur Bekämpfung von Bakterien eigen. Immerhin seien sie die natürlichen Feinde. Das Interesse an neuen Möglichkeiten zur Bakterienbekämpfung ist groß. Die noch in den Kinderschuhen steckende Forschung wird durch 1,5 Millionen Euro Fördergelder vom Europäischen Forschungsrat unterstützt.
Düsterer Ausblick – Zehn Millionen Tote jährlich
„Weltweit starben bislang rund 700.000 Menschen durch das Nicht-Wirken von antibakteriellen Medikamenten“, schreiben die Münchner Forscher in einer Pressemitteilung zu dem jungen Forschungsgebiet. Wenn sich die Entwicklung in diesem Maße fortsetzt, dann würden im Jahr 2050 rund zehn Millionen Menschen jährlich an bakteriellen Infektionskrankheiten sterben, mahnen die Forschenden vom Helmholtz Zentrum.
Bakterienfressende Viren
Im Zentrum der Forschung stehen die sogenannte Bakteriophagen. Das sind Viren, die Bakterien fressen. „Unser Ansatz nutzt Viren oder von ihnen abgeleitete Inhibitoren zur natürlichen Bakterienbekämpfung“, erläutert Li Deng. Das Forscherteam hofft, aus diesen Bakteriophagen eine Alternative zu Antibiotika entwickeln zu können. Bisher wisse man allerdings noch zu wenig über die molekularen Mechanismen, die zu der antibakteriellen Wirkung führen. Außerdem existiere zur Zeit nur eine begrenzte Anzahl von bekannten und isolierten Bakteriophagen, so Deng.
Junge und ambitionierte Forschung
Das Team um Li Deng möchte nun die zugrunde liegenden Mechanismen der viralen Bakterienhemmung identifizieren. Im ersten Schritt soll untersucht werden, wie die verfügbaren Bakteriophagen auf einzelne resistente Bakterienstämme reagieren. Anschließend soll der dahinterliegende Wirkmechanismus entschlüsselt werden. Im finalen Schritt sollen eine Bakteriophagen-Therapien gegen bakterielle Infektionen entwickelt werden.
Eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit
„Die schnelle Verbreitung von Antibiotikaresistenzen und die verheerenden Folgen für Betroffene machen das Thema zu einer der wichtigsten wissenschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit“, betont Dr. Li Deng. Die Virologin sieht ihre Forschung als Beitrag für die Gesellschaft.
Bakterielle Resistenzen auf dem Vormarsch
Erst kürzlich erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO die bakterielle Erkrankung Tuberkulose zur gefährlichsten Infektionskrankheit weltweit. Jährlich komme es zu über 550.000 Erkrankungen durch resistente Stämmen, bei denen Medikamente nicht mehr wirken. Es besteht also ein dringender Bedarf für eine Antibiotika-Alternative. (vb)
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