Warum Vitamin E-Wirkung häufig reine Glückssache ist
Gesundheitsexperten zufolge soll Vitamin E die Hautalterung bremsen, Gelenkverschleiß bei Rheuma und Arthrose lindern und sogar vor Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen schützen. Doch Forscher berichten nun, dass die Gabe dieses Vitamins nicht immer die gleichen Auswirkungen hat und manchmal auch mit nachteiligen Effekten einhergeht.
Schutz vor schweren Krankheiten
Ernährungsexperten raten zum regelmäßigen Verzehr von Haselnüssen. Denn diese sind eine perfekte Quelle für Vitamin E. Diesem Vitamin werden zahlreiche gesundheitliche Vorteile zugeschrieben. Es soll unter anderem Beschwerden bei Rheuma und Arthrose lindern und sogar vor Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen schützen. Zudem stellten Wissenschaftler fest, dass es einen Schutz vor oxidativem Stress bietet. Doch Forscher berichten nun, dass die Gabe von Vitamin E nicht immer die gleichen Auswirkungen hat.
Vitamin E kann auch schaden
Schon seit fast 100 Jahren erforschen Wissenschaftler die Wirkungen von Vitamin E, fachsprachlich Alpha-Tocopherol, und haben die chemischen Grundlagen weitgehend geklärt.
„Vitamin E ist ein Antioxidans, es neutralisiert zellschädigende freie Radikale“, erläutert PD Dr. Andreas Koeberle von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in einer Mitteilung.
Doch obwohl dies in Zell- und Tiermodellen unter Laborbedingungen hinreichend belegt wurde, überzeugt Vitamin E in klinischen Studien bisher nicht:
„Hier finden wir sehr heterogene Ergebnisse“, so Koeberle. „Nicht nur, dass die positiven Effekte oft nicht in der erwarteten Stärke auftreten, manchmal zeigt die Gabe von Vitamin E sogar nachteilige Effekte“, erklärt der Biochemiker vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie.
Wirkung beruht nicht auf dem Vitamin selbst
Dr. Koeberle und seine Kollegen haben nun eine mögliche Ursache dafür gefunden.
In einer breit angelegten interdisziplinären Studie hat das Jenaer Forscherteam gemeinsam mit Partnern aus Frankreich, Österreich, Italien und Deutschland belegt, dass die Wirkung von Vitamin E, das als Tablette oder Kapsel eingenommen wird, gar nicht auf dem Vitamin selbst, sondern auf der eines Stoffwechselprodukts beruht.
Diese Substanz mit Namen Alpha-Carboxychromanol besitzt unter anderem eine vielversprechende entzündungshemmende Wirkung.
Die Studienergebnisse wurden vor kurzem in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Personalisierte Medizin bietet großen Nutzen
Alpha-Carboxychromanol wird in der Leber gebildet. „In welchem Maße das passiert, ist von Patient zu Patient aber sehr verschieden“, erklärt Prof. Dr. Oliver Werz, der die Studie gemeinsam mit Dr. Koeberle geleitet hat.
Wie die Forscher gezeigt haben, weist der Spiegel des Metaboliten im Blut von Versuchspersonen eine sehr große individuelle Spannweite auf.
„Wenn der Effekt von Vitamin E davon abhängt, in welchem Maße der bioaktive Metabolit gebildet wird, dann erklärt das sehr gut, wieso die gleiche Menge Vitamin E bei einer Person eine bestimmte Wirkung zeigt und bei einer anderen Person womöglich eine wesentlich geringere“, so Werz.
Laut dem Pharmazeuten belege dies den großen Nutzen, den eine personalisierte Medizin zu bieten hat. „Wenn wir zuvor den Stoffwechsel eines Patienten charakterisieren, lässt sich ein Therapieerfolg – nicht nur für Vitamin E – wesentlich präziser erzielen.“
Wirkstoff zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen
In der vorliegenden Studie haben die Wissenschaftler das entzündungshemmende Potenzial von Alpha-Carboxychromanol detailliert untersucht. Der bioaktive Metabolit hemmt ein Schlüsselenzym von Entzündungsprozessen (5-Lipoxygenase, kurz 5-LO).
Koeberle zufolge sei dies eine vielversprechende Erkenntnis, denn die 5-LO spiele eine zentrale Rolle bei Entzündungserkrankungen wie Asthma oder Arthritis.
„Bislang gibt es aber nur ein einziges zugelassenes Arzneimittel, das die 5-LO hemmt, das aber aufgrund starker Nebenwirkungen nur sehr eingeschränkt eingesetzt werden kann.“
Die Jenaer Forscher wollen ihre Erkenntnisse nutzen, um einen neuen Wirkstoffkandidaten für die Behandlung entzündlicher Erkrankungen zu entwickeln. Ein erster von Alpha-Carboxychromanol abgeleiteter Kandidat sei bereits patentiert, so Koeberle. (ad)
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