32 Jahre nach Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: Pilze noch immer radioaktiv belastet
Herbstzeit ist Pilzzeit: Wer sich derzeit auf Wiesen und in Wälder begibt, um dort schmackhafte Pilze zu sammeln, sollte Vorsicht walten lassen. Denn wie Messergebnisse zeigen, sind manche Pilzarten auch 32 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl noch immer stark radioaktiv belastet.
Vorsicht beim Pilze sammeln
Viele Bundesbürger lieben es, im Herbst durch Wiesen und Wälder zu streifen und leckere Pilze mit nach Hause zu bringen. Doch hier ist Vorsicht angesagt. Zum einen besteht eine Verwechslungsgefahr mit Giftpilzen und zum anderen sind einige Pilze in manchen Regionen noch immer stark radioaktiv belastet.
Auswirkungen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
Messergebnisse, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in zwei aktuellen Berichten veröffentlicht hat, belegen, dass die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auch noch nach 32 Jahren in Deutschland zu beobachten sind.
Demnach sind einzelne Wildpilzarten in bestimmten Regionen Bayerns nach wie vor stark radioaktiv belastet, berichtet das BfS in einer Mitteilung.
Bei landwirtschaftlichen Produkten insgesamt ist die Belastung infolge des Reaktorunfalls von Tschernobyl allerdings deutlich zurückgegangen und die aktuellen Messwerte sind gering.
Radioaktives Cäsium in Speisepilzen gemessen
Den Angaben zufolge werden bei einer Reihe wild wachsender Speisepilze immer noch deutlich erhöhte Werte des radioaktiven Cäsium (Cäsium-137) gemessen, welches nach dem Super-GAU in Tschernobyl ausgetreten ist.
Das geht aus dem aktuellen BfS-Bericht „Radioaktive Kontamination von Speisepilzen (Stand: 2017)“ hervor.
So können zum Beispiel Braunscheibige und Orangefalbe Schnecklinge oder Rot-braune Semmelstoppelpilze bis zu einige 1.000 Becquerel (Bq) Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse aufweisen.
„Bei einigen Wildpilzarten kann auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Tschernobyl-Unfall noch keine Entwarnung gegeben werden“, so BfS-Präsidentin Inge Paulini.
„Unsere Messergebnisse zeigen, dass die radioaktive Belastung dieser Pilzarten im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln nach wie vor sehr hoch ist.“
Wegen seiner Halbwertszeit von rund 30 Jahren ist das aus dem Tschernobyl-Unfall stammende Cäsium-137 bisher erst rund zur Hälfte zerfallen.
Keine gesundheitlichen Folgen zu befürchten
Wie das BfE erklärt, kann dem Körper mit einer Mahlzeit höher belasteter Wildpilze mehr Cäsium-137 zugeführt werden als mit Lebensmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion innerhalb eines ganzen Jahres.
Gesundheitliche Folgen seien laut den Experten dennoch nicht zu befürchten, wenn selbst gesammelte Wildpilze in üblichen Mengen verzehrt werden.
Für Pilze, die in den Handel gebracht werden, gilt, dass ein Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm nicht überschritten werden darf.
Unterschiedliche Beschaffenheit der Böden
Laut BfS sind die höchsten Gehalte an Cäsium-137 in Wildpilzen in höher kontaminierten kleineren Gebieten im Bayerischen Wald, im Donaumoos südwestlich von Ingolstadt und in der Region Mittenwald zu finden.
Diese Gebiete wurden durch den Reaktorunfall im Jahr 1986 zehnmal höher belastet als zum Beispiel der Norden Deutschlands. In anderen Regionen der Republik sind die Werte in Pilzen wegen der geringeren Ablagerung von Cäsium-137entsprechend niedriger.
Grund dafür, dass Wildpilze in den betroffenen Regionen deutlich stärker belastet sein können als landwirtschaftliche Erzeugnisse, ist die unterschiedliche Beschaffenheit von Waldböden und landwirtschaftlich genutzten Böden.
Die Werte des Cäsium-137 in landwirtschaftlichen Produkten liegen derzeit in Deutschland im Bereich von nur einigen Becquerel pro Kilogramm und darunter.
Hierzulande werden mit Nahrungsmitteln aus landwirtschaftlicher Erzeugung im Mittel weniger als 100 Becquerel Radiocäsium pro Person und Jahr aufgenommen.
Radioaktive Belastung von Lebensmitteln
Insgesamt ist die radioaktive Belastung von Lebensmitteln als Folge des Tschernobyl-Unglücks deutlich zurückgegangen.
Das geht aus einem aktuellen Bericht zur Umweltradioaktivität in Deutschland hervor, in dem das BfS und andere Leitstellen des Bundes Messergebnisse aus den Jahren 2014 bis 2016 veröffentlichen.
So sind beispielsweise die Werte des Cäsium-137 bei Fischen aus Binnengewässern in Süddeutschland seit 1986 um den Faktor 200 gesunken.
Bei Milch nimmt die Belastung stetig ab und liegt auf einem niedrigen Niveau.
Und bei Trink- und Grundwasser sind nahezu alle Messwerte für Radiocäsium sehr gering und liegen weit unterhalb der geforderten Nachweisgrenzen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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