Kombination aus Immuntherapie und Virotherapie soll Krebszellen erfolgreich abtöten
Bei der Behandlung von Krebserkrankungen setzen Mediziner große Hoffnung auf neue Ansätze der Immuntherapie. Hier ist beispielsweise die Kombination der Immuntherapie mit einer Virotherapie auf Basis modifizierter Masernviren eine vielversprechende Option, für dessen Erforschung Dr. Dr. Christine Engeland vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg aktuell mit dem Anita- und Friedrich-Reutner-Preis ausgezeichnet wurde.
Das Team um Dr. Dr. Christine Engeland arbeitet an einer Kombination der Immuntherapie mit der Virotherapie. „Die Virotherapie nutzt aus, dass bestimmte Viren Körperzellen infizieren, sich darin vermehren und zum Platzen bringen“, erläutern die Experten in einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg. In ihren Untersuchungen nutzten die Forschenden Masernviren, wie sie für Impfungen verwendet werden. „Im Labor konnten wir an Mäusen bereits zeigen, dass unsere veränderten Masernviren das Wachstum von Darmkrebs verzögern“, berichtet Dr. Dr. Engeland.
Körpereigene Abwehrkräfte gegen den Krebs aktivieren
Jährlich erkranken in Deutschland knapp eine halbe Million Menschen neu an Krebs. Effiziente Behandlungsmethoden sind weiterhin dringend gesucht. Die Immuntherapie bietet hier einen recht vielversprechenden Ansatz. Dabei werden körpereigene Abwehrmechanismen gegen die Krebszellen aktiviert. Beispielsweise „lassen sich mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren bestimmte Bremsen im Immunsystem lösen, die häufig verhindern, dass Immunzellen die Krebszellen bekämpfen können“, berichtet das Universitätsklinikum Heidelberg.
Viren können gezielt Krebszellen infizieren
Auch konnte bereits nachgewiesen werden, dass sogenannte onkolytische Viren wie Herpes-simplex-Viren, Vakziniaviren und andere Viren speziell Krebszellen infizieren, die bestimmte Stellen zum Andocken auf ihrer Oberfläche tragen oder in denen Signalwege im Zusammenhang mit Zellwachstum verändert sind, berichten die Forscher. Bei Freisetzung der Viren werden die Krebszellen zerstört und das Immunsystem wird aktiviert.
Kombination verschiedener Therapieansätze
Basierend auf diesen Erkenntnissen nutzten Dr. Dr. Engeland und Kollegen in ihren Untersuchungen veränderte Masernviren, um Bremsen im Immunsystem zu lösen und Krebszellen gezielt abzutöten. „Wir ergänzen Masernviren mit Antikörpern gegen verschiedene Bremsen im Immunsystem“, erläutert die Forscherin. Diese Viren konnten gezielt Krebszellen infizieren, eine Produktion der Antikörper in den Zellen initiieren und diese schließlich zum Platzen bringen. Die freigesetzten Antikörper aktivieren so direkt vor Ort das Immunsystem, so dass dies gegen die noch vorhandenen Krebszellen vorgeht.
Verringerte Nebenwirkungen
Ein wesentlicher Vorteil der Methode liegt darin, dass die Produktion der Antikörper direkt im Tumor erfolgt, wodurch die Nebenwirkungen verringert werden, welche bei einer Anwendung im ganzen Körper häufig auftreten, berichtet das Universitätsklinikum Heidelberg. Im Labor konnten Wissenschaftler bereits nachweisen, dass die veränderten Masernviren das Wachstum von Darmkrebs verzögern. Nun gehe es in aktuellen Forschungsarbeiten darum, Immunzellen und Krebszellen in direkten Kontakt zu bringen. Bisher bestehe das Problem, „dass Immunzellen die bösartigen Zellen oft nicht ausreichend finden und erkennen“, erläutert die Dr. Dr. Engeland. Um dies zu beheben, seien im Labor spezielle Strukturen (sogenannte MV-BiTEs; measles virus encoded bispecific T-cell engagers) in die Masernviren eingebaut worden, die sowohl an Krebszellen als auch an Immunzellen binden.
Erste Patientenstudie für nächstes Jahr geplant
Durch die Masernviren werden diese Verbindungsstücke direkt in den Tumor geschleust und dort freigesetzt, wo sie die Krebszellen und Immunzellen vor Ort „verlinken“, berichten Dr. Dr. Engeland und Kollegen. Auch hier haben sie die Wirksamkeit des Ansatzes bereits in Mausmodellen für Haut- und Darmkrebs nachgewiesen. Im kommenden Jahr soll nun am NCT die europaweit erste Patientenstudie zur Immuno-Virotherapie mit veränderten Masernviren starten. In begleitenden Forschungsarbeiten an Patientenzellen und Blutproben werde dabei verfolgt, welche Veränderungen die Therapie im Patienten bewirkt, so die Mitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg. (fp)
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