BSG stärkt „fiktive Genehmigung” für beantragte Leistungen
Die gesetzlichen Krankenkassen müssen weiterhin rasch über Leistungsanträge der Versicherten entscheiden. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat jetzt die sonst entstehende „fiktive Genehmigung” gestärkt und patientenfreundlich konkretisiert (Az.: B 1 KR 30/18 R und B 1 KR 13/17 R).
Nach einer Gesetzesänderung aus 2013 haben die Krankenkassen drei Wochen Zeit, einen Leistungsantrag zu bearbeiten. Holen sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) ein, sind es fünf Wochen. 2016 hatte das Bundessozialgericht in Kassel betont, dass bei einem Verstoß gegen diese Fristen der Antrag als „fiktiv genehmigt” gilt (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 3. August 2013, Az.: B 1 KR 25/15 R) und dies danach mehrfach bekräftigt (zuletzt Urteil und JurAgentur-Meldung vom 11. September 2018, Az.: B 1 KR 1/18 R). Anderes gilt danach nur, wenn die beantragte Leistung offenkundig und für den Patienten erkennbar außerhalb des Leistungskatalogs der Kassen liegt.
In der Verhandlung zu den neuen Fällen bezeichnete das BSG die gesetzlichen Fristen nun zwar als „sportlich”, dennoch seien sie für die Krankenkassen wie auch die Gerichte verbindlich.
Konkret urteilte das BSG, dass die Fristverlängerung bei Einschaltung des MDK nur gilt, wenn der Antragsteller noch innerhalb der ursprünglichen Drei-Wochen-Frist über das beabsichtigte Gutachten informiert wird. Dies hatte die Krankenkasse hier versäumt. Dem an Darmkrebs leidenden Antragsteller muss sie daher eine Behandlung mit Immunzellen (sogenannte dendritische Zellen) bezahlen.
In einem weiteren Fall hatte die Patientin – auch aus medizinischen Gründen und mit ärztlicher Unterstützung – 60 Kilogramm abgenommen. Die Ärzte der behandelnden Klinik befürworteten danach eine Hautstraffung an Brust, Bauch und Oberschenkeln, wobei eine Straffung der Oberschenkel nach Einschätzung der Ärzte nur möglich ist, wenn zuvor weiteres Fett abgesaugt wird.
Die Krankenkasse lehnte dies erst nach mehr als fünf Wochen ab. Sie meinte aber, zumindest die Fettabsaugung, die sogenannte Liposuktion, liege offenkundig außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung.
Dem widersprach das BSG. Danach greift dieses Argument in der Regel nicht mehr, wenn die Krankenkasse ein MDK-Gutachten eingeholt hat. Dies war hier der Fall. Das Gutachten zeige, dass auch die Kasse unsicher war und Klärungsbedarf sah, argumentierten die Kasseler Richter.
Zudem habe die Patientin auf die Einschätzung ihrer Ärzte vertrauen dürfen, so das BSG weiter. Es betonte aber, dass dies bei rein kosmetischen Operationen – etwa der Brust – nicht mehr gilt. Es sei allgemein bekannt, dass die Krankenkassen dies nicht bezahlen. Der konkrete Fall habe aber „im Grenzbereich zwischen physischen Beschwerden, psychischen Leiden und Kosmetik” gelegen. mwo/fle
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